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Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gescheitert

30. März 2023

Trotz massiver Warnstreiks in den vergangenen Wochen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht einigen können. Jetzt sollen Schlichter einen Kompromiss finden.

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Gewerkschaften zu Forderungen für die Tarifverhandlungen
Verdi-Chef Frank Werneke (l.) und der Bundesvorsitzende des dbb beamtenbund, Ulrich Silberbach (Archiv)Bild: Wolfgang Kumm/dpa/picture alliance

Auch in der dritten und letzten Verhandlungsrunde in Potsdam konnten sich beide Seiten nicht annähern. Die Arbeitgeber, also der Bund und die Kommunen, hatten angeboten, den knapp zweineinhalb Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes acht Prozent mehr Einkommen, einen Mindestbetrag von 300 Euro und eine Einmalzahlung von 3000 Euro zu zahlen.

Die Gewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund blieben jedoch bei ihrer Forderung von 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Dieser Mindestbetrag ist für sie zentral: Für die Bezieherinnen und Bezieher kleinerer Einkommen solle so ein Ausgleich für die hohe Inflation erreicht werden.

Kein Streiks über Ostern

Nun werden unabhängige Schlichter nach einer Lösung suchen. In der Zeit der Schlichtung herrscht Friedenspflicht - somit wird es über die Ostertage keine neuen Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst geben.

"Am Ende mussten wir feststellen, dass die Unterschiede nicht überbrückbar waren", sagte Verdi-Chef Frank Werneke am frühen Donnerstagmorgen in Potsdam. Ähnlich äußerte sich auch der Chef des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, für seine Gewerkschaft. Die Arbeitgeber hätten "wieder kein wirklich verbessertes Angebot vorgelegt", erklärte er und betonte: "Wir müssen Reallohnverluste verhindern und brauchen einen nachhaltigen Inflationsausgleich." Die Arbeitgeber seien dazu aber nicht bereit. Die beiden Tarifkommissionen von Verdi und Beamtenbund erklärten das Scheitern der Tarifrunde jeweils einstimmig und ohne Gegenstimmen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor Beginn der dritten Runde der TarifverhandlungenBild: Martin Müller/IMAGO

Kurz darauf teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit: "Wir werden jetzt die Schlichtung einberufen." Faeser und die Verhandlungsführerin der Kommunen, Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge, bedauerten, dass die Gewerkschaften ein Scheitern erklärt hatten. Durch das Ausrufen der Schlichtung wird eine Urabstimmung bei den Gewerkschaften umgangen, die möglicherweise zu massiven sogenannten Erzwingungsstreiks geführt hätte.

Erfahrene Politiker sollen schlichten

Bei der Schlichtung machen bereits vorher bestimmte, unabhängige Schlichter innerhalb festgelegter Fristen einen Lösungsvorschlag. Über diesen verhandeln die Tarifparteien dann erneut.

Die Gewerkschaften könnten den ehemaligen Bremer Finanzstaatsrat Henning Lühr als Schlichter benennen, während die Arbeitgeber möglicherweise den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt in die Verhandlungen um einen Kompromiss schicken.

Öffentliches Leben stand still

In den vergangenen vier Wochen hatten die Gewerkschaften immer wieder bundesweite Warnstreiks organisiert. So legten sie den öffentlichen Verkehr, den Flugverkehr, aber auch Kitas, Kliniken oder die Müllabfuhr teils lahm.

Deutschland | landesweite Warnstreiks im öffentlichen Verkehr | Dresden
Wie hier in Dresden streikten am 28.03.2023 bundesweit Mitarbeiter des Öffentlichen PersonennahverkehrsBild: Robert Michael/dpa/picture alliance/

Durch die hohe Beteiligung an den Streiks sieht sich Verdi gestärkt. Von der "größten Warnstreik-Beteiligung seit vielen Jahren und Jahrzehnten" sprach Verdi-Chef Werneke. Die Gewerkschaft verzeichnete über 70.000 Eintritte in den vergangenen drei Monaten.

Betroffen von den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind unter anderem Erzieherinnen, Busfahrer, Angestellte von Bädern, Feuerwehrleute, Krankenschwestern, Verwaltungsangestellte, Altenpflegerinnen, Klärwerksmitarbeiter, Förster und Ärzte.

Es geht um das Einkommen von über 2,4 Millionen Tarifbeschäftigten der kommunalen Arbeitgeber und 134.000 des Bundes. Auf die Beamtinnen und Beamten soll das Ergebnis nach dem Willen der Gewerkschaften übertragen werden.

mak/rb (dpa, afp, rtr)