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Politik

Startschuss für neue EU-Kommission

1. Dezember 2019

Ursula von der Leyen hat ihr Amt als Chefin der EU-Kommission angetreten. Die frühere Bundesministerin will aufs Tempo drücken - sie hat ambitionierte Pläne in der Schublade.

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DW-Interview Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin
Bild: DW/B. Riegert

Eigentlich sollte es schon am 1. November losgehen, also einen Monat früher als jetzt. Ursula von der Leyen (Artikelbild) wäre startklar gewesen - nicht aber ihre Kommission. Das Nominierungsverfahren verzögerte sich, weil drei Anwärter vom Europaparlament abgelehnt wurden. Jetzt aber ist die komplette Kommission startklar; zur Amtseinführung gab es eine feierliche Zeremonie in Brüssel. Lange dürfte die festliche Stimmung aber nicht anhalten - es gibt viele Erwartungen an die neue Kommission, die mit ebenso vielen und ambitionierten Plänen in ihre fünfjährige Amtszeit startet. Hier die wichtigsten Pläne im Überblick:

Klimaschutz

Europa soll 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Von der Leyen will bereits in ihren "ersten 100 Tagen" ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Das Zwischenziel der EU bei der Verminderung von Treibhausgasen will sie deutlich erhöhen: 2030 sollen bis zu 55 Prozent der Treibhausgase eingespart werden; bisher war das Ziel eine Einsparung von 40 Prozent. Eine CO2-Steuer will von der Leyen aber nicht einführen, sie setzt statt dessen auf die Ausweitung des Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude. Damit Firmen aus Drittstaaten mit geringeren Klimaauflagen kein Umwelt-Dumping betreiben, soll außerdem eine CO2-"Grenzsteuer" eingeführt werden.

Migration

Die Zahl der Beamten, die an der EU-Außengrenze eingesetzt werden, soll schneller steigen als bisher geplant. Die EU-Behörde Frontex, die sich um die Außengrenze kümmert, soll jetzt schon bis 2024 auf 10.000 Beamte aufgestockt werden; bisherige Pläne sahen das für das Jahr 2027 vor. Zudem plant von der Leyen einen neuen Anlauf bei der festgefahrenen EU-Asylreform. Dabei soll die "Belastung" der Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Migranten "neu verteilt werden". Bei der umstrittenen Seenotrettung im Mittelmeer will die künftige Kommissionschefin "eine dauerhaftere Antwort" finden und nicht wie bisher "Einzelfalllösungen".

EU Ratspräsidentschaft Übergabe in Brüssel
Auch der neue EU-Ratspräsident Charles Michel (links) tritt heute sein Amt an, er löst Donald Tusk ab.Bild: Reuters/Y. Herman

Soziales Europa

Von der Leyen will den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorantreiben. Zudem will sie "faire Mindestlöhne" und eine europäische Arbeitslosenrückversicherung. Diese soll Mitgliedstaaten in Krisenzeiten finanziell entlasten.

Außenhandel

Von der Leyen will in jedes Freihandelsabkommen Verpflichtungen auf "höchste Standards" beim Klima- und Arbeitnehmerschutz sowie im Kampf gegen Kinderarbeit aufnehmen. Sie will den Posten eines hochrangigen Beamten schaffen, der die Durchsetzung in den Partnerländern überwacht.

Brexit

Das mit London ausgehandelte Austrittsabkommen ist für von der Leyen "der einzige und bestmögliche Deal". Der bereits dreimal verschobene EU-Austritt bleibt für sie ein großer Unsicherheitsfaktor - auch weil die Briten trotz Mitgliedschaft bis mindestens Ende Januar keinen EU-Kommissar stellen wollen. Damit könnten Rechtsakte der neuen Kommission juristisch angefochten werden.

Außen- und Verteidigungspolitik

Die frühere Bundesverteidigungsministerin fordert in der Außen- und Sicherheitspolitik Mehrheitsentscheidungen im Rat der Mitgliedstaaten. Die EU muss aus ihrer Sicht auch "die Sprache der Macht" lernen und braucht deshalb im Verteidigungsbereich "eigene Muskeln". Sie will aber keine "europäische Armee", sondern eine "Armee der Europäer" und verweist darauf, dass Entscheidungen über "gefährliche Einsätze" weiter auf nationaler Ebene fallen müssten.

Bürgerbeteiligung bei EU-Reform

Von der Leyen will ab 2020 einen groß angelegten Bürgerdialog zur EU-Reform. Diese "Konferenzen für Europa" sollen über zwei Jahre gehen. Wichtige Vorschläge sollen aufgegriffen werden.

Spitzenkandidaten bei Europawahl

Im EU-Parlament stößt weiter auf Verärgerung, dass mit von der Leyen keiner der Spitzenkandidaten der Parteien bei der EU-Wahl Kommissionschef wird. Sie will das Spitzenkandidaten-System nun bis zur Europawahl 2024 "sichtbarer" machen und über länderübergreifende Kandidatenlisten sprechen.

"Initiativrecht" für das EU-Parlament

Nur die Kommission hat bisher im EU-System das Recht, Gesetzesinitiativen vorzulegen. Von der Leyen will aber auf jeden Vorschlag, der vom EU-Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder verabschiedet wird, "mit einem Gesetzgebungsakt antworten" - das wäre eine Art indirektes Initiativrecht der EU-Volksvertretung.

bru/haz (afp, dpa)