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Mehr Patentanmeldungen in Europa

13. März 2019

Beim Europäischen Patentamt gingen 2018 so viele Anmeldungen ein wie nie zuvor. Von den Chinesen, die nicht länger die Werkbank der Welt sein wollen, kamen nur sehr wenige Anträge. Der erste Blick mag da aber täuschen.

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Symbolbild | Erfindung | Erfinder | Idee
Bild: imago/Westend61

Die Zahl der angemeldeten Patente beim Europäischen Patentamt (EPA) hat sich im vergangenen Jahr nicht nur erhöht, es waren sogar so viele wie niemals zuvor: mehr als 174.000. Das sind 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Knapp die Hälfte der Unternehmen, die ihre Erfindungen patentieren lassen wollen, kamen aus Europa - davon rund 15 Prozent aus Deutschland. Damit liegt die Bundesrepublik auf dem zweiten Platz hinter den USA (25 Prozent), gefolgt von Frankreich, Japan und China.

Die Zahlen zeigen: "Es wird mehr geforscht", sagt Oliver Koppel vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. "In Deutschland haben wir in den letzten zehn Jahren einen großen Anstieg der Forschungsintensität zu verzeichnen." Aber auch in der EU werde mehr in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert. Außerdem werde aber auch mehr patentiert, weil die Unternehmen zunehmend eine international unterwegs sind, erklärt Koppel gegenüber der DW.

Bedeutung des Europäischen Patentamtes

Wer eine Erfindung schützen lassen möchte, hat die Wahl zwischen vielen verschiedenen Patentämtern. Wohin sich ein Unternehmen wendet, hängt davon ab, auf welchen Märkten es aktiv sein will und wie hoch die Kosten für das Patent sind. In der Regel sei es günstiger, Erfindungen bei den nationalen Behörden schützen zu lassen, heißt es von einem Sprecher der EPA. Aber dann bleibt der Schutz auch nur auf den jeweiligen Markt beschränkt.

Die Qualitätsanforderungen beim Europäischen Patentamt sind deutlich höher als die in den USA oder China, Europäisches Patentamt
Die Qualitätsanforderungen beim Europäischen Patentamt sind deutlich höher als die in den USA oder ChinaBild: European Patent Office

Die meisten Erfindungen werden bei den nationalen Stellen in den USA und in China angemeldet - allein schon aufgrund der Größe der dortigen Märkte. Wer ein Patent in Europa anmelden möchte, muss dagegen strengere Kriterien erfüllen als bei einer Anmeldung in den USA oder China. Und das bedeutet in der Regel auch höhere Kosten. Somit zeigen die vielen Patentanmeldungen beim EPA, dass Erfinder und Unternehmen Europa als einen attraktiven und wichtigen Technologiemarkt ansehen, hieß es von EPA-Präsidenten António Campinos.

Hinzukommt, dass sich international tätige Unternehmen, die in vielen Märkten aktiv sind, auch in vielen Märkten schützen müssen. Wenn ein Unternehmen bereits in Europa ein Patent erwirkt hat und es dann auf die USA oder China übertragen möchte, dann funktioniere das aufgrund der hohen Qualitätsanforderungen in Europa in der Regel gut, sagt Innovationsforscher Koppel. In der umgekehrten Richtung sei das jedoch alles andere als einfach.

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Um beim Wettbewerb die Nase vorn zu behalten, sind Innovationen nötig. Wer nicht möchte, das andere die Sahne abschöpfen, muss sich mit Patenten schützenBild: imago/Ikon Images/C. Elgie

Noch unbedeutend - aber China holt auf

Insgesamt sind Europa und die USA für fast drei Viertel aller in Europa eingereichten Patente verantwortlich. China dagegen spielt mit nur fünf Prozent bei den europäischen Patentanmeldungen keine große Rolle.

"Auf einigen Gebieten ist China sicherlich bereits an der weltweiten Technologiegrenze und treibt diese durch eigene Entwicklungen weiter voran", heißt es dazu von Wirtschaftsforscher Oliver Falk vom Ifo-Institut in München. "Im Wesentlichen wächst China aber noch durch Aufholen und Imitation."

Auch IW-Foscher Koppel sieht die Zahlen aus China als "Zeichen für die deutlich geringeren Forschungsergebnisse". Zwar gingen beim chinesischen Patentamt jedes Jahr Millionen Neuanmeldungen von einheimischen Unternehmen ein, das sei bei den niedrigeren Qualitätsanforderungen aber auch leichter als in Europa.

Künftig wird von den Chinesen wohl mehr zu erwarten sein. Bereits im letzten Jahr war die Zahl der aus China eingereichten Patente beim EPA gegenüber dem Vorjahr um knapp neun Prozent gestiegen. Vor allem in der Computertechnik, bei elektrischen Maschinen, sowie bei audiovisueller Technologie meldet China laut EPA zahlreiche Patente an.

Nicht gleich auf den ersten Blick zu erkennen ist außerdem: Allein in Deutschland seien rund 100 teils namhafte Patentanmelder in chinesischer Hand, so Koppel, beispielsweise der Augsburger Roboterhersteller Kuka. Dessen Patente würden beim EPA als deutsche Anmeldung registriert, nicht als chinesische. "Und ich glaube die Strategie der Chinesen, deutsche Technologie aufzukaufen, um dann auch deren Patente zu bekommen, wird in Zukunft sogar noch eher zunehmen", meint Koppel. Inzwischen ist jedoch auch die Bundesregierung sensibel geworden und will es den Chinesen nicht mehr so einfach machen, deutsche Hochtechnologiefirmen zu kaufen.

Ein Roboter der Firma Kuka, die 2016 vom chinesischen Konzern Midea übernommen wurde, Deutschland
Der chinesische Konzern Midea schluckte 2016 Kuka, einen der technologischführenden Hersteller von Robotern für die IndustrieBild: picture alliance/dpa/VCG/W. Jun

Siemens verdrängt Huawei von Platz eins

Die Konkurrenz aus China abhängen konnte im letzten Jahr der deutsche Technologiekonzern Siemens. Denn wenn  es darum geht, welches Unternehmen die meisten Patente in Europa angemeldet hat, dann liegt Siemens wieder ganz vorn - das erste Mal seit 2011. Mit ihren 2493 gemeldeten Erfindungen landeten die Münchner knapp vor dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei und dem südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung. Das nächste deutsche Unternehmen, der Autozulieferer Bosch, findet sich erst auf Platz zehn.

Die forschungsstärkste Region war Bayern, die Heimatregion von Siemens. Von hier kommen mehr Innovationen als aus der französischen Region um Paris, der Île-de-France. Zu den Top Ten der Regionen gehören insgesamt sechs deutsche Bundesländer, darunter die Heimat von Bosch, Baden-Württemberg.

Den Autos sei Dank

Deutschland ist das Land der Autos und Maschinen. Entsprechend wurden besonders viele Patente in diesem Bereich angemeldet. Mit mehr als 9000 Patentanmeldungen landete der Transportbereich auf Platz fünf der anmeldestärksten Bereiche. Erfindungen im Zusammenhang mit Elektroautos machten einen Sprung um 71 Prozent im Vorjahresvergleich. Daneben gab es auch mehr deutsche Anmeldungen in der Computertechnik (besonders im Bereich "Digitale Datenübertragung") und der Biotechnologie.

Insgesamt wurden die meisten Patente aber im Bereich Medizintechnik und digitale Kommunikation sowie Computertechnik angemeldet.

Besonders viele Erfindungen wurden im Bereich Medizintechnik beim Europäischen Patentamt angemeldet.
Besonders viele Erfindungen wurden im Bereich Medizintechnik beim Europäischen Patentamt angemeldet.Bild: picture-alliance/dpa/H. Wiedl

So schön das klingt, 174.000 Patentanmeldungen - nicht jede Anmeldung führt am Ende zu einem Patent. Erst prüfen die rund 7000 Mitarbeiter der Behörde, ob die Erfindung tatsächlich neu ist. Am Ende gab es 2018 rund 128.000 Patente.

Hinter dem Europäischen Patentamt mit Sitz in München steht eine eigene, von der Europäischen Union unabhängige Organisation. Dieser haben sich nahezu alle Staaten des Kontinents angeschlossen. Nur Russland, Weißrussland und die Ukraine haben ihren Patentschutz davon unabhängig geregelt.

Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion