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Schenk: "Bach gute Wahl"

Andreas Sten-Ziemons11. September 2013

Die Anti-Korruptionsexpertin und Sportbeauftragte von Transparency International Sylvia Schenk spricht im DW-Interview über ihre Erwartungen an den neuen IOC-Präsidenten und ihre Sicht auf die Wahl in Buenos Aires.

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Die Sportbeauftragte von Transparency International, Sylvia Schenk (Foto: Hannibal/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Frau Schenk, Thomas Bach ist in Buenos Aires zum neuen IOC-Präsidenten gewählt worden. Welche Erwartungen haben Sie an ihn?

Sylvia Schenk: Ich habe schon die Erwartung, dass er jetzt dort ein bisschen in Bewegung bringt. Zuletzt war im IOC doch ziemlicher Stillstand zu spüren. Ich denke, er wird einiges in Gang setzen.

Thomas Bach selbst sprach davon, sein Augenmerk auf vier Punkte zu legen: Nachhaltigkeit der Olympischen Spiele, Kampf gegen Doping, Förderung der Jugend und auch mehr Transparenz. Hat er überhaupt die Möglichkeit, große Dinge zu verändern, was den letzten Punkt angeht?

Große Dinge, das hört sich so an, als ob er innerhalb eines Jahres den Weltsport umkrempelt - das wird sicher nicht der Fall sein. Aber er hat als IOC-Präsident schon Einfluss darauf, wie sich zum einen das IOC zu diesen Punkten aufstellt. Auf der anderen Seite aber auch darauf, wie sich die internationalen Verbände und auf nationaler Ebene die olympischen Komitees verhalten. Man darf keine Wunderdinge erwarten, aber ich kann mir schon vorstellen, dass er Stück für Stück einiges in Bewegung bringen kann. Wir haben es hier in Deutschland immerhin geschafft mit dem Deutschen Olympischen Sportbund als Transparency Deutschland über good governance im Gespräch zu sein.

Thomas Bach (Foto: EPA/LAURENT GILLIERON)
IOC-Präsident Thomas BachBild: picture-alliance/dpa

Wo sehen sie denn beim IOC konkrete Ansätze zu mehr Transparenz?

Es geht, wenn man das Thema good governance und Nachhaltigkeit nimmt, darum, wie man das IOC in den verschiedensten Bereichen insgesamt aufstellt. Das fängt an bei den Olympia-Bewerbungen. Ganz konkret: In Deutschland kümmern wir uns darum, dass eine Bewerbung von München für Winterspiele - wenn es sie denn geben sollte - transparent ist und dass dort viele Dinge offen gelegt werden, die sonst nicht unbedingt in der Öffentlichkeit sind. Das wäre auch etwas, was in die olympische Charta, in die Ausschreibungsbedingungen des IOC generell für Olympiabewerber mit aufgenommen werden kann. Dann geht es um die gesamte Frage der Beteiligung von Betroffenengruppen. Herr Bach hat nach seiner Wahl bereits gesagt, dass er die Athleten mehr einbeziehen will, als das bisher der Fall war aber auch andere Interessengruppen. Ich glaube auch das ist ein Thema, das sowohl bei der Organisation olympischer Spiele, aber auch bei vielen anderen Maßnahmen des IOC einen höheren Stellenwert braucht.

Wie bewerten Sie denn die Art und Weise der Wahl von Thomas Bach? Es gab im Vorfeld der Abstimmung ja teilweise recht heftige Diskussionen über das kuwaitische IOC-Mitglied Scheich Al-Sabah, der Thomas Bach viele Stimmen verschafft haben soll.

Ja, aber mit den Äußerungen, die es zum Schluss gab, hat Al-Sabah Thomas Bach eher geschadet. Man kann sich eben nicht schützen vor seinen Freunden. Es gab einige Scharmützel. Das ist beim Kampf um ein solches Amt wahrscheinlich nicht völlig zu vermeiden. Das wurde ja zum Teil auch von deutschen Journalisten noch einmal mit angeheizt. Ich würde das nicht überbewerten. Herr Bach hat gesagt, er wolle auf seine Kritiker im IOC zugehen, und jetzt werde nach vorne geschaut. Das ist das Beste, das er da machen kann.

IOC-Mitglied Scheich Ahmad al-Fahad al-Sabah bei einer Rede während der IOC-Session in Buenos Aires (Foto: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)
Der kuwaitische Scheich Al-SabahBild: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images

Al-Sabah war in die Kritik geraten, weil er schon früh öffentlich geäußert hatte, Thomas Bach zu unterstützen. Das wiederspricht den Ethikregeln des IOC. Gibt es denn darüber hinaus Hinweise darauf, dass bei der vermeintlichen Allianz zwischen Bach und Al-Sabah irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte?

Das hat nie irgendjemand irgendwo behauptet. Die Frage wäre für mich dann fast schon, ob die Regeln des IOC vielleicht gar nicht einzuhalten sind und man solche Regeln besser gar nicht erst aufstellt. Keiner darf Position für einen Kandidaten beziehen. Aber wenn 100 Leute einen Präsidenten zu wählen haben, ist es doch das normalste von der Welt, dass man darüber redet: Ich finde den besser. Wen findest Du besser? Da bin ich mir nicht sicher, ob man nicht auch diese IOC-Regel mal hinterfragen müsste.

Neben der Verbindung zu Scheich Al-Sabah hat Thomas Bach weitere gute Kontakte in die arabische Welt. Er ist bislang Präsident der deutsch-arabischen Handelskammer Ghorfa. Wie verträgt sich diese Position mit seiner neuen Position als IOC-Präsident?

Nach dem, was ich gehört habe, wird er dieses Amt abgeben, einige weitere Ämter ebenfalls und nur einige Aufsichtsratsmandate behalten. Das beantwortet im Grunde die Frage schon. Das, was damit impliziert wird, ist der Punkt, dass es sich bei Ghorfa um eine deustch-arabische Vereinigung handelt, die Israel gegenüber sehr kritisch eingestellt ist, was aber üblich ist, wenn man im arabischen Raum Geschäfte macht. Das gilt für weite Teile der deutschen Wirtschaft ebenfalls. Es gibt Banken, die entweder mit arabischen Unternehmen arbeiten oder mit israelischen. Wenn man also Kontakte in die arabische Welt unterhält, ist man leider immer vor dieses Problem gestellt. Aber zu sagen: Deshalb haben wir gar keine Kontakte, schafft weder die deutsche Wirtschaft, noch sollte das jemand im Sport machen.

Die Konzentration auf das Amt des IOC-Präsidenten finden Sie aber grundsätzlich gut?

Das ist auf jeden Fall richtig. Das verhindert sofort die Gefahr von Interessenkonflikten und dass zu Themen wie dieser Vereinigung dann Fragen gestellt werden.

Ist Thomas Bach als neuer IOC-Präsident aus Ihrer Sicht eine gute Wahl oder eine schlechte?

Eine gute!

Die Anti-Korruptionsexpertin und Juristin Sylvia Schenk ist eine ehemalige Leichtathletin. Von 2001 bis 2004 war sie Präsidentin des deutschen Radsportverbandes BDR und von 2007 bis 2010 Vorsitzende von Transparency International Deutschland. Seit 2010 gehört sie zum Vorstand der Organisation.

Das Gespräch führte Andreas Sten-Ziemons