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Musik

Salzburger Pfingstfestspiele: "Wir spielen"

19. Mai 2021

Die Festspiele in Salzburg machen es vor und öffnen an Pfingsten ihre Tore: mit echten Künstlern auf der Bühne und echtem Publikum im Saal.

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Cecilia Bartoli mit Hut vor der Kulisse des Peterplatzes in Rom
Opernsängerin und Festspielleiterin Cecilia Bartoli kann es kaum erwarten, wieder auf der Bühne zu stehen Bild: Ferdinando Scianna/Decca

"Wir spielen!" steht auf der Homepage der Salzburger Festspiele  und man spürt nahezu die Erleichterung, die in diesen zwei Worten mitschwingt. Trotz Corona wird das berühmte Festival, 1973 von Herbert von Karajan ins Leben gerufen, weder ausfallen noch ins Digitale flüchten.

Vom 21. bis zum 24. Mai werden immerhin vier Opernabende und vier Konzerte zu erleben sein, dazu ein Filmprogramm. Alle Veranstaltungen finden in den maximal zur Hälfte gefüllten Sälen statt, platziert werden die Besucher im Schachbrett-Muster. In allen Spielstätten besteht FFP2-Maskenpflicht, auch während der Vorstellung am Sitzplatz. Neben der personalisierten Eintrittskarte ist beim Besuch der Festspiele ein gültiges negatives COVID-19-Testzertifikat oder ein Impfausweis vorzulegen.

Hauptsache: Spielen!

Keins der notwendigen, wenn auch lästigen Corona-Rituale kann die Freude trüben: "Wir spielen endlich wieder vor Publikum!", jubelt Festspielleiterin Cecilia Bartoli. "Das ist ein historischer Moment, dass wir wieder auf der Bühne stehen und auftreten können."

Cecilia Bartoli steht neben dem Orchester
Schon 2020 durfte Cecilia Bartoli bei den Salzburger Festspielen vor Publikum auftretenBild: Marco Borrelli/SF

Bartoli ist in "Il trionfo del Tempo e del Disinganno" (etwa: "Der Triumph über die Zeit und die Entzauberung") auch als Sängerin zu erleben. Mit der Premiere des Meisterwerks von Georg Friedrich Händel werden die Festspiele am 21. Mai eröffnet. Robert Carsen führt Regie, Gianluca Capuano dirigiert.

"Besser hätten wir den Zeitgeist nicht treffen können als mit diesem Stück", meint Carson. Gehe es doch in Händels Werk um Schönheit, um Zeit, um Vergnügen, aber auch um das Überdenken des eigenen Lebens, zu dem uns die Pandemie alle gezwungen habe.

Auch Giacomo Puccinis "Tosca" und Wolfgang Amadeus Mozarts "La clemenza di Tito" stehen auf dem Programm. Stars wie Jonas Kaufmann oder Zubin Mehta, der neulich seinen 85. Geburtstag gefeiert hat, kommen nach Salzburg.

Also alles fast wie früher. Da stellt sich für viele die Frage: Warum ist in Salzburg möglich, was in Deutschland momentan noch undenkbar scheint?

Erfolgsmodell Salzburg?

Dafür sieht Jan Brachmann, renommierter deutscher Musikkritiker und Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, drei wesentliche Gründe. Zum einen ist die epidemiologische Situation in Österreich etwas besser als in Deutschland: Zur Zeit ist die Inzidenz dort unter 70 gefallen, während sie in Deutschland erst knapp unter 90 liegt. Der zweite Grund ist ein politischer und ganz wesentlich mit der Person der Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler verbunden.

 Salzburger Festspiele Direktorium  Lukas Crepaz, Helga Rabl-Stadler, Markus Hinterhäuser, Cecilia Bartoli (v. links nach rechts)
Ein starkes Team: das Salzburger Festspiele-Direktorium Lukas Crepaz, Helga Rabl-Stadler, Markus Hinterhäuser und Cecilia Bartoli (v. l. n. r.)Bild: Franz Neumayr/SF

"Frau Rabl-Stadler war ja jahrelang als Politikerin für die ÖVP (Österreichische Volkspartei, Anm. d. Red.) aktiv", so Brachmann. "Ich glaube, dass ihre politischen Verbindungen sehr dienlich gewesen sind, um zu erwirken, dass die Festspiele stattfinden können." Ein dritter Grund ist im wirtschaftlichen Bereich zu suchen: "Der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt in Österreich ist fast doppelt so hoch ist wie in Deutschland", analysiert Jan Brachmann im DW-Gespräch. "Der liegt in Deutschland bei 3,9 Prozent im Jahr 2019, also im letzten vorm Corona-Jahr, und in Österreich bei 7,3 Prozent. Die Festspiele kurbeln den Tourismus besonders im Bundesland Salzburg gewaltig an."

"Toi-toi-toi" für die Saison 2021

Bereits im Corona-Sommer 2020 waren die Salzburger Festspiele die große Ausnahme in der pandemiegebeutelten Festival-Landschaft: Als einziges großes Event fand Salzburg vor Publikum statt. Gespielt wurde in modifizierter Form und mit einem strengen, von Medizinern betreuten Hygienekonzept. Alle Mitarbeiter und Künstler wurden täglich getestet, das Programm und die Ensembles reduziert, man arbeitete konsequent nur mit dem "Hausorchester" - den Wiener Philharmonikern. Dennoch: "Wir bewegen uns auf dünnem Eis", gab damals der Salzburg-Intendant Markus Hinterhäuser im Gespräch mit der DW zu. Das Eis hielt: Es gab unter den 76.500 Besuchern des Festivals keinen einzigen Corona-Fall.
Nun geht "das Wunder von Salzburg" also in die nächste Runde. Der Ouvertüre zu Pfingsten folgen Mitte Juli bis Ende August die eigentlichen Festspiele. An 46 Tagen sind 168 Aufführungen geplant, darunter die auf 2021 verschobene und heiß erwartete Premiere von Mozarts "Don Giovanni" in einer Inszenierung von Romeo Castellucci mit Teodor Currentzis am Pult. Außerdem Puccinis "Tosca" mit Anna Netrebko in der Titelrolle.

Zwei Frauen mit Mundschutz reinigen die Sitze im Mozartkino
Startklar: Das "Mozartkino" in Salzburg wird geputztBild: Barbara Gindl/APA/AFP/Getty Images

In Deutschland arbeitet man weiterhin an unterschiedlichen Festival-Modellen: So wird etwa das Bachfest in Leipzig im Juni rein digital durchgeführt, während die meisten großen Sommerfeste, wie die Richard-Wagner Festspiele in Bayreuth oder das Beethovenfest in Bonn, sich hybride Formen überlegen. Die Pläne werden der aktuellen Situation angepasst. Aber auch hier hofft man darauf, bald ankündigen zu können: "Wir spielen!"