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Kundus wieder in Regierungshand

2. Oktober 2015

Soldaten der Bundeswehr sind erneut in die umkämpfte nordafghanische Stadt Kundus geflogen. Sie stimmten sich mit den einheimischen Sicherheitskräften und den NATO-Partnern im Kampf gegen die Taliban ab.

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Afghanistan Gegenoffensive nach Einnahme Kundus durch Taliban
Bild: Reuters

Nach Angaben eines Sprechers des Einsatzführungskommandos in Potsdam flogen insgesamt 34 Soldaten mit Hubschraubern vom Stützpunkt Masar-i-Scharif nach Kundus.

Schon am Dienstag - und damit einen Tag nach der Taliban-Offensive - waren Bundeswehrsoldaten zum Flughafen in Kundus geflogen, um sich ein Bild der Lage zu machen und sich auch mit den anderen NATO-Staaten bei der Unterstützung der afghanischen Armee abzustimmen. Der Flughafen war auch während der Taliban-Offensive in den Händen der afghanischen Sicherheitskräfte.

Am Montag hatten hunderte Talibankämpfer die Provinzhauptstadt geradezu überrannt, ohne auf nennenswerte Gegenwehr der einheimischen Truppen zu stoßen. Am folgenden Tag startete die afghanische Armee eine Gegenoffensive, teilweise unterstützt durch die NATO. Spezialkräfte trafen nach Angaben des westlichen Militärbündnisses in Kundus ein, um die Regierungstruppen zu beraten. Sondereinheiten der afghanischen Armee stießen dann am Donnerstag bis ins Zentrum von Kundus vor und begannen nach Angaben der afghanischen Regierung mit der Offensive gegen die Taliban.

Ghani lobt Armee und Polizei

Präsident Aschraf Ghani sagte, die afghanischen Sicherheitskräfte hätten keine Verluste zu verzeichnen gehabt. Gleichzeitig lobte Ghani Armee und Polizei für ihre "Tapferkeit". Er sagte: "Wir sind hoffnungsvoll, dass die Zweifel an der Fähigkeit unserer Sicherheitskräfte heute beseitigt wurden." Der afghanische Präsident reagierte damit auf massive Kritik, die an den Regierungstruppen geübt worden waren. Obwohl sie klar in der Überzahl waren, konnten die Taliban das nordafghanische Kundus binnen weniger Stunden einnehmen.

Nach dem Ende des Kampfeinsatzes in Afghanistan Ende 2014 sind noch rund 13.000 Soldaten für die Folgemission "Resolute Support" weiterhin am Hindukusch, um die einheimischen Streitkräfte auszubilden und zu beraten. Bis zu 850 deutsche Soldaten sind daran beteiligt. Die Bundeswehr ist von Masar-i-Scharif aus weiter für den Norden verantwortlich. In Kundus unterhielt sie jahrelang ein großes Feldlager.

Der amtierende Gouverneur der Provinz kritisierte den Abzug der Bundeswehr aus der
Region vor zwei Jahren als verfrüht. "Wir haben den Deutschen mehrfach gesagt, dass wir sehr besorgt über ihren Abzug sind", sagte Gouverneur Hamdullah Daneschi. "Wir brauchten sie hier, aber sie sind gegangen." Der Gouverneur fügte hinzu: "Wir würden uns sehr wünschen, dass die Deutschen zurückkommen."

Viele Taliban sind noch in der Stadt

Ungeachtet der jüngsten Erfolge der afghanischen Truppen scheint die Gefahr in Kundus für die Zivilbevölkerung noch nicht gebannt. Die radikal-islamischen Taliban bestätigten zwar ihren Rückzug, kündigten aber einen neuen Angriff an. Viele der Islamisten sollen sich in Wohnhäusern verschanzt haben. Zuvor hatten sie mehrere hundert Häftlinge aus Gefängnissen herausgeholt und Panzer der Armee erbeutet.

Bei ihrem Eroberungszug in Kundus sollen die radikalislamischen Taliban nach Angaben von Amnesty International schwerste Verbrechen begangen haben. Mit Morden an Zivilisten, Gruppenvergewaltigungen, Entführungen und dem Einsatz von Todesschwadronen hätten die Taliban eine "Schreckensherrschaft" in der Stadt errichtet, heißt es in einer Erklärung der Menschenrechtsorganisation, die sich auf Berichte von Augenzeugen und Bürgerrechtlern beruft.

Aus dem Osten Afghanistans wird unterdessen der Absturz eines Militär-Transportflugzeugs gemeldet. Sechs US-Soldaten und fünf Zivilisten kamen ums Leben. Ein Taliban-Sprecher erklärte, "Mudschaheddin" aus den eigenen Reihen hätten die Maschine vom Typ C-130 abgeschossen.

haz/pab (afp, dpa, rtr)