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Armee vertreibt Taliban aus Kundus

1. Oktober 2015

Die Taliban hatten die Regierungstruppen bis zum Flughafen von Kundus zurückgedrängt. Nun ist den Sicherheitskräften die Rückeroberung gelungen. Berlin ist offenbar zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes bereit.

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Afghanische Sicherheitskräfte stoßen in Kundus vor (Foto: Reuters)
Afghanische Sicherheitskräfte stoßen in Kundus vorBild: Reuters

Drei Tage nach der Eroberung von Kundus durch die Taliban haben Regierungs- und NATO-Truppen die Aufständischen aus dem Zentrum der nordafghanischen Provinzhauptstadt vertrieben.

"Sporadische Schießereien"

"Wir haben die Stadt Kundus zurückerobert", sagte der amtierende Provinzgouverneur Hamdullah Daneschi der Deutschen Presse-Agentur. "In manchen Gegenden in der Stadt wird noch sporadisch geschossen, weil sich einige Taliban in Wohnhäusern versteckt haben", sagte er. Die Islamisten bestätigten den Rückzug und kündigten gleichzeitig einen neuen Angriff an.

Daneschi sagte, an der Offensive hätten 600 bis 700 Sicherheitskräfte teilgenommen. An dem Bodeneinsatz seien auch ausländische Truppen beteiligt gewesen, die außerdem die afghanischen Soldaten mit Luftangriffen unterstützt hätten. 136 Taliban-Kämpfer seien getötet und 60 verwundet worden, teilte Daneschi weiter mit.

Präsident Aschraf Ghani sagte in Kabul, auf Seiten der Sicherheitskräfte habe es keine Verluste gegeben. Ghani lobte Armee und Polizei für ihre "Tapferkeit" und erklärte: "Wir
sind hoffnungsvoll, dass die Zweifel an der Fähigkeit unserer Sicherheitskräfte heute beseitigt wurden."

Taliban: Taktischer Rückzug

Ein Sprecher der Rebellen erklärte, der Rückzug aus dem Stadtzentrum sei taktisch begründet. So könnten die afghanischen Truppen eingekesselt werden. Die Taliban kontrollierten immer noch größtenteils die restlichen Bezirke von Kundus. Hunderte Talibankämpfer hatten Kundus am Montag überrannt, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen.

Von den Taliban befreite Häftlinge in Kundus (Foto: AFP/Getty Images)
Von den Taliban befreite Häftlinge in KundusBild: Getty Images/AFP

Die Islamisten ließen hunderte Häftlinge frei, setzten Regierungs- und Mediengebäude in Brand und hissten ihre Fahnen. Wie in Videoaufnahmen zu sehen war, erbeuteten die Taliban Panzer und andere Fahrzeuge und kündigten die Einführung des islamischen Scharia-Rechts in Kundus an.

Debatte um NATO-Mandat

Die durch den Angriff auf Kundus deutlich gewordene zunehmende Stärke der Taliban hat eine Diskussion über eine mögliche Verlängerung der NATO-Mission in Afghanistan ausgelöst. Das Bündnis hatte Ende 2014 seinen Kampfeinsatz am Hindukusch beendet. Die vor allem zu Ausbildungs- und Beratungszwecken im Land verbliebenen gut 13.000 NATO-Soldaten sollen eigentlich bis Ende 2016 vollständig abziehen.

An der laufenden Mission "Resolute Support" ist die Bundeswehr mit derzeit rund 860 Soldaten beteiligt. Nach Informationen der Agentur AFP steht die Bundesregierung einer möglichen Verlängerung des NATO-Einsatzes und damit auch der Bundeswehrmission in Afghanistan offen gegenüber.

Berlin offenbar für Verlängerung

Laut "Spiegel" ist die Entscheidung der Bundesregierung für einen längeren Einsatz bereits gefallen: Die Bundeswehr werde länger in Afghanistan bleiben, wenn auch die USA sich dazu verpflichten, hieß es in einer Vorabmeldung des Magazins. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe bereits mit US-Präsident Barack Obama über das Thema gesprochen, meldete "Der Spiegel" ohne Quellenangabe weiter. Merkel befürchte, dass die afghanischen Sicherheitskräfte nicht in der Lage sein werden, die Taliban in wichtigen Teilen des Landes aufzuhalten.

wl/se (dpa, afp, rtr)