1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Putin besiegelt völkerrechtswidrige Annexion

30. September 2022

Kremlchef Putin rief die russischen Eliten in den prunkvollen Kremlpalast und beschwor den heroischen Abwehrkampf seines Landes gegen den Westen. Dann besiegelte er die Eingliederung der vier ukrainischen Ostregionen.

https://p.dw.com/p/4HabT
Wladimir Putin steht am Rednerpult
Kremlchef Putin forderte die Ukraine zur umgehenden Einstellung aller Kampfhandlungen aufBild: Gavriil Grigorov/Kremlin/Sputnik/REUTERS

Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei einem von Fernsehen übertragenen Festakt im Kreml die entsprechenden Dokumente zur Annexion unterzeichnet. Auch die Besatzungschefs der vier Gebiete, Denis Puschilin (Donezk), Leonid Passetschnik (Luhansk), Wladimir Saldo (Cherson) und Jewgeni Balizki (Saporischschja), unterzeichneten die Abkommen. International wird die Annexion nicht anerkannt. 

Kremlchef Putin und die Besatzungschefs der ukrainischen Ostregionen jubeln
Kremlchef Putin und die Besatzungschefs der ukrainischen Ostregionen bejubeln die AnnexionBild: Mikhail Metzel/AP Photo/picture alliance

In seiner Rede erklärte Putin die Annexion damit, dass dies "der Wille von Millionen Menschen" sei. "Es gibt nichts Wichtigeres als der Wille von Millionen, in ihre historische Heimat zurückzukehren", sagte er. Den Zerfall der Sowjetunion vor gut 30 Jahren bezeichnete er in diesem Zusammenhang als Tragödie.

Putin: Kiewer Führung besteht aus Neonazis

Einmal mehr beschuldigte er die ukrainische Führung, aus Neonazis zu bestehen. Den russischen Angriffskrieg in der Ukraine rechtfertigte er in seiner Rede als Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit und als Befreiung Russlands von westlicher Unterdrückung. Er forderte von Kiew und dem Westen, sofort die Kampfhandlungen einzustellen und Verhandlungen aufzunehmen.

Die Menschen in Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja seien ab sofort russische Staatsbürger - "und das für immer". Erst in der Nacht hatte der Kremlchef in einem weiteren völkerrechtswidrigen Akt die besetzten ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja als unabhängige Staaten anerkannt. Aus Moskaus Sicht gilt dies als Voraussetzung dafür, dass die Regionen ihre Aufnahme in die Russische Föderation beantragen konnten. Donezk und Luhansk hatte Putin schon vor Kriegsbeginn vor sieben Monaten zu unabhängigen "Volksrepubliken" erklärt.

Referenden: Keine demokratische Mindeststandards 

Bis Anfang der Woche waren in allen vier Regionen unter Kontrolle der russischen Militärverwaltung Scheinabstimmungen über einen Beitritt zu Russland abgehalten worden. Danach sprachen die russischen Besatzer von einer angeblich überwältigenden Zustimmungen der Bevölkerung.

St.-Georgs-Halle des Kremls
Die Annexionszeremonie fand in der opulenten weiß-goldenen St.-Georgs-Halle des Kremls stattBild: Dmitry Astakhov/Sputnik/AFP/Getty Images

Die Pseudoreferenden über einen Beitritt besetzter Regionen in der Süd- und Ostukraine zu Russland werden weltweit nicht anerkannt. Grund dafür ist, dass sie unter Verletzung ukrainischer und internationaler Gesetze sowie ohne demokratische Mindeststandards abgehalten wurden. Die Stimmabgaben waren auch nicht von unabhängigen Beobachtern überprüfbar. Es gab zudem zahlreiche Berichte, dass sich Bewohner der Regionen unter Druck gesetzt fühlten.

Kremlsprecher spricht über Atomschlag

Die vier Gebiete werden bislang von Russland nicht vollständig kontrolliert. Zudem hat die ukrainische Armee eine Gegenoffensive gestartet, im Zuge derer sie derzeit Geländegewinne im Gebiet Donezk erzielt. Die russische Führung hatte zuletzt mehrfach erklärt, auf solche Angriffe, die nun als Attacken gegen das eigene Staatsgebiet gewertet werden, "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" zu reagieren. Diese Drohung wiederholte Putin auch während seiner Rede.

Kremlsprecher Dmitri Peskow
Kremlsprecher Dmitri Peskow kennt die Grenzen der annektierten Gebiete in der Ukraine noch nicht (Archivbild)Bild: Alexei Nikolsky/dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP/picture alliance

Dies hatte Spekulationen um einen möglichen Atomschlag Russlands ausgelöst. Kremlsprecher Dmitri Peskow hat allerdings solche Erwartungen gedämpft. Verweise auf die russische Militärdoktrin, wonach ein Angriff gegen russische Staatsgrenzen mit einem Atomschlag beantwortet werden könnten, nannte er ungenau. In der Militärdoktrin heißt es, Russland könne auf Angriffe mit einem Atomschlag reagieren, wenn die Existenz des Staats selbst gefährdet sei.

Keine "genauen Grenzen"

Die "genauen Grenzen" von zwei der vier ukrainischen Regionen muss Russland  noch "klären", sagte Peskow. Die "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk würden von Russland "in den Grenzen von 2014" anerkannt, sagte der Kremlsprecher. Zu den Regionen Cherson und Saporischschja "muss ich das noch klären, ich kann diese Frage derzeit nicht beantworten", ergänzte Peskow zwei Stunden vor der offiziellen Zeremonie.

Kippt die Stimmung gegen Putin?

nob/rb (dpa, afp, ap)