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Pressestimmen von Montag, 2. September 2002

Reinhard Kleber2. September 2002

Debatte über Kriegsdrohung gegen Irak / Ergebnisse des UN-Gipfels in Johannesburg / Entwicklung im Bundestagswahlkampf

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen rücken die aktuelle Diskussion über eine mögliche Militäraktion gegen den Irak in den Mittelpunkt. Weitere Themen sind die Ergebnisse des UN-Gipfels in Johannesburg und die jüngste Entwicklung im Bundestagswahlkampf.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt zur europäischen Irak-Politik:

"Europa muss schnell eine Position finden. Berlin hat, auch jetzt beim Außenministertreffen in Helsingør, seine Linie in der Sache überzeugend begründet: kein Krieg gegen Irak und keine Einschränkung des Internationalen Gerichtshofs. Sie wird von der Mehrheit der europäischen Regierungen mitgetragen, von Nuancen abgesehen. Und von den Völkern sowieso. Es gibt genügend Argumente, den Wünschen der USA zu widerstehen. Es ist keine Zeit mehr für Finessen und für die in der EU so beliebten faulen Kompromisse. Ein gemeinsames Jein wäre keine Gemeinsamkeit, sondern das mühsam verbrämte Abdanken des berechtigten und notwendigen europäischen Anspruchs, die Weltpolitik maßgeblich mit zu gestalten."

Erwartungsgemäß vertritt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG eine andere Sichtweise:

"Es ist wichtig, über Risiken zu debattieren und nach Abwägung aller Gesichtspunkte zu entscheiden. Das geschieht zur Zeit in den Vereinigten Staaten. Nun hat sich auch Außenminister Powell zu Wort gemeldet, dessen Kriegsbegeisterung sich sehr in Grenzen hält. Es lohnt also, mit Washington zu reden. (...) In Deutschland und anderen europäischen Ländern darf man sich derweil darauf freuen, demnächst einen Abgesandten aus dem Irak empfangen zu dürfen. Die Regierung in Bagdad hat eine 'diplomatische Offensive' angekündigt. Von welcher Art die sein wird, hat Vizepräsident Ramadan schon klargemacht. Er begrüße die Haltung Europas zu amerikanischen Angriffsplänen. Von Konzessionen war nicht die Rede."

Sehr kritisch äußert sich die Zeitung DIE WELT zum Weltgipfel in Südafrika:

"Der Mammut-Gipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg hat bislang noch nicht einmal die geringen Erwartungen erfüllt. Kurz vor dem Eintreffen der Staats- und Regierungschefs gibt es nur vage Beschlüsse. Die Fischbestände sollen sich 'wenn immer möglich' wieder erholen, die Geschwindigkeit des Artensterbens soll 'bedeutend reduziert' werden. Ein 'dringender' Appell, das Kyoto-Klimaprotokoll endlich zu ratifizieren, wird da verzweifelt als Erfolg gefeiert. Die Delegierten haben sich hinter den bekannten Bastionen verschatzt und führen die alten Grabenkämpfe (...) Da kann es kaum einen Millimeter Bewegung geben. Und mit jeder Stunde sinkt die Hoffnung auf konstruktive Kompromisse."

Das FREIE WORT aus Suhl mahnt demgegenüber zu mehr Selbstkritik:

"Eine 'nachhaltige Entwicklung' auf diesem Globus - das Ziel von Johannesburg - ist erst möglich, wenn sie im klassischen und globalisierten Sinne wirtschaftlich geworden ist, wenn sie sich schlicht 'lohnt'. Wenn der Einwanderungsdruck der Elendsflüchtlinge auf die reichen Länder und die Grausamkeit der Kriege um Wasser und Nahrung unerträglich geworden sind, wenn die Beseitigung der durch Naturkatastrophen und Klimawandel verursachten Schäden teurer ist als die Vorbeugung. Das ist längst so? Stimmt. Wir, die reichen Egoisten in Europa, Nordamerika und Teilen Asiens müssen es nur noch erkennen - und nach der Erkenntnis handeln."

Themenwechsel: Angesichts der jüngsten Umfrageergebnisse zu den Wahlaussichten meint die NEUE RUHR ZEITUNG aus Essen:

"Dieser Wahlkampf ist eine Achterbahn. Schröder hat plötzlich wieder Zugkraft. Genauso unvermittelt spürt Stoiber die Schwerkraft. Und kein Demoskop kann sagen, wann der unwiderruflich letzte Looping gemeistert ist: Wen es aus der Kurve jagt und wer auf der Zielgeraden gut Lachen hat. Grund zur Unruhe hat Stoiber. Ein sicher geglaubtes Rennen ist wieder offen. Wer letzthin vom so genannten last-minute-swing profitiert, hängt von der Frage nach dem Partner ab: Wo die Grünen stehen, weiß man, nämlich an der Seite der SPD. Aber was ist mir der FDP?"

In der WESTDEUTSCHEN ZEITUNG aus Düsseldorf lesen wir:

"Mit einem geschickten Schachzug setzt CDU-Wirtschaftsexperte Lothar Späth die Bundesregierung unter Druck. Der Staat müsse eine Bürgschaft für die von der Flutkatastrophe geschädigten Ost-Unternehmen geben, um eine Pleitewelle zu verhindern. Die Idee ist richtig, denn den in der Regel hoch verschuldeten Betrieben, meist in der Rechtsform der GmbH geführt, sind die kreditsichernden Vermögenswerte quasi weggeschwemmt worden."