Presse kritisiert Schröder
30. April 2014Während die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland auf Eis liegen, feierte Deutschlands ehemaliger Bundeskanzler in Sankt Petersburg mit Russlands Präsidenten seinen Geburtstag nach. Ex-Kanzler Gerhard Schröder wurde am Montag (28.04.2014) von Putin mit einer innigen Umarmung empfangen und verbrachte einen ganzen Abend mit seinem langjährigen Freund und Geschäftspartner.
Nicht nur viele Politiker empörten sich, auch die Pressekommentare am Tag nach Bekanntwerden dieser Nachricht waren von großem Missfallen und Unverständnis geprägt. Egal ob Lokalzeitung oder großes Nachrichtenmagazin, die Schröder-Sause bestimmt die Kommentarspalten, wie selten ein anderes Thema. So schrieb Spiegel Online: "Umarmungen und eine lustige Fete in St. Petersburg sind zu solchen Zeiten schlicht geschmackslos". Das "Mindener Tageblatt" sieht es gar noch drastischer. Altkanzler Schröder verhöhne Bundeskanzlerin Merkel und ihre Politik, so der Kommentator und die Zeitung "Die Welt" wirft Schröder "Schamlosigkeit" vor, die "Allgemeine Zeitung Mainz" spricht von "klebrigen Kontakten".
Schröders Verhalten keine Überraschung
Trotz aller Empörung: Wirklich überrascht sind die wenigsten von der innigen Umarmung und dem Verhalten Gerhard Schröders. "Es passt [...] zu Schröders langjährigem Kumpelverhältnis zu Putin. Schon in seiner Amtszeit hatte er den Kreml-Chef stets wider die Realität als 'lupenreinen Demokraten' bezeichnet und sich mit ihm auch häufig persönlich-freundschaftlich getroffen", schreibt Ludwig Greven in der Wochenzeitung "Die Zeit". Und die "Berliner Zeitung" fragt: "Ist jemand wirklich erstaunt über die nachträgliche Geburtstagssause Gerhard Schröders?" Beide spielen auf die langjährige persönliche Freundschaft der beiden Spitzenpolitiker an. Schon zu Schröders 60. Geburtstag reiste Putin inklusive Kosakenchor nach Hannover in die Heimatstadt des Ex-Bundeskanzlers.
Viele Leser zeigen für das Verhalten Schröders hingegen Verständnis. Sie kritisieren nicht den ehemaligen Bundeskanzler, sondern die Kritik der Kommentatoren. "Doppelmoral" werfen im Internet zahlreiche Leser den Journalisten vor: "Wer Putin für seine Politik meiden will, sollte aber vor Obama davon rennen!" Ein anderer Leser fragt: "Warum sollte man Putin verteufeln?"
Diese Reaktionen nahm "Die Welt" zum Anlass, eine Umfrage unter den eigenen Lesern zu starten. Die hatte allerdings aus Sicht der Redaktion ein "erschreckendes" Ergebnis: "Mit Putin zu feiern ist erlaubt", fanden zahlreiche Umfrageteilnehmer.
"Schröder sollte öfter mit Putin feiern"
Diese Meinung vieler "Welt"-Leser vertreten allerdings auch einige Kommentatoren anderer Blätter - wenn auch nur wenige. Der "Weser Kurier" zeigt Verständnis für Schröder, lobt sogar, dass Schröder selbst in schwierigen Zeiten zu seinem Freund Putin steht. Und Zacharias Zacharakis von "Die Zeit" fordert gar: "Schröder sollte öfter mit Putin feiern". Vielleicht sei Gerhard Schröder ja genau der richtige, um einen inoffiziellen Gesprächskanal mit Putin zu erhalten, schreibt Zacharakis. Auch die "Westdeutsche Zeitung" aus Düsseldorf glaubt Schröder könnte "strategisch den Zugang zu Putin erleichtern, den andere längst verloren haben oder nie hatten."
Was Schröder und Putin auf seiner Geburtstagsfeier besprochen haben, weiß keiner. Ob sie sich, wie die "Nürnberger Nachrichten" glauben "ins Fäustchen" lachten oder Schröder positiv auf Putin einwirken wollte. Fest steht jedoch, dass Schröder mit seinem Verhalten für viel Aufruhr in Deutschland gesorgt hat.
Während sich Politiker wie Medien über Gerhard Schröder aufregen, wurde bekannt, dass amtierende Politiker wie der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering von der SPD ebenfalls Gäste auf Schröders Party waren.