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Politik

Presse: Clinton siegt, aber…!

Rahel Klein
27. September 2016

Auf den ersten Blick sehen die meisten Leitmedien Hillary Clinton als Gewinnerin des TV-Duells. Auf den zweiten Blick räumen sie Donald Trump durchaus noch Chancen ein.

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Trump und Clinton
Bild: Reuters/L. Jackson

62 Prozent sahen Hillary Clinton laut einer Blitzumfrage des Fernsehsenders CNN als Siegerin des Duells. Lediglich 27 Prozent sahen ihren Konkurrenten Donald Trump vorne. Während Trump lieber nicht repräsentative Online-Umfragen zitiert, die ihn als Gewinner ausmachen, herrscht bei den meisten Medien mehr oder weniger Einigkeit.

Für das Nachrichtenmagazin "Spiegel Online" ist Hillary Clinton die klare Siegerin. Sie habe mit detaillierter Sachkenntnis gepunktet, sei ruhig und konstant geblieben, dabei humorvoll und "bemerkenswert menschlich". Während sich Trump zu Beginn noch ungewohnt "präsidial" und kontrolliert gegeben habe, sei er auf halber Strecke unruhig geworden, schreibt das Magazin. Immer unwirscher habe er Clinton unterbrochen, genervt gestöhnt, unverständliche Antworten gegeben und sich in Eigenwerbung für seine Immobilien verhaspelt. "Dabei kommt sein Unwissen immer klarer ans Licht", heißt es. Am Ende habe die Abgeklärtheit über das Gebell gesiegt.

Für Matthias Kolb von der "Süddeutschen Zeitung" hat Trump zwar verloren, "aber Clinton nicht gewonnen". Trump habe nach einem soliden Start fast alle Vorurteile bestätigt, bei den meisten Fragen gepatzt, kaum Details genannt und den Eindruck erweckt, er nehme das Präsidentenamt nicht allzu ernst. Unwahrscheinlich also, dass er mit seinem Auftritt viele unentschlossene Wähler von sich überzeugen konnte, schreibt Kolb.

Clintons Glaubwürdigkeitsproblem bleibt

Clinton dagegen habe sich mit ihrem gut vorbereiteten Auftritt "befreit", nachdem sie zuletzt in den Umfragen verloren hatte. Sie habe es "ziemlich meisterhaft eingefädelt, dass sich ihr Gegner selbst zerlegt." Was trotz eines guten Auftritts aber bleibe: ihr Glaubwürdigkeitsproblem. "Was Clinton eigentlich antreibt, für das Weiße Haus zu kandidieren, warum die US-Wähler ihr vertrauen sollten: auch nach 90 Minuten weiß man nicht mehr", so Kolbs Analyse.

Experte: Clinton hat das Duell gewonnen

Auf "Zeit Online" schreibt Paul Middelhoff: "Trump demonstriert, dass sein Wahlsieg eine Gefahr für die USA wäre." Diese Einsicht sei zwar nicht neu, doch der fahrige Auftritt des 70-Jährigen habe bestärkt, dass er dem Druck des Amtes nicht standhalten würde. Clinton habe Trump in dem Duell K.o. gesetzt.

Ob das Rennen ums Weiße Haus damit gelaufen ist, lässt der Kommentar offen. Trump habe die Logik des politischen Geschäfts immer wieder widerlegt. Auch seine Patzer hätten ihm bislang kaum geschadet.

Kann Clinton unentschiedene Wähler gewinnen?

"Der Tagesspiegel" schlägt sich auch auf Clintons Seite: Die besser vorbereitete und kenntnisreichere Clinton habe auf den ersten Blick gesiegt. Alles in allem habe die Debatte aber nur die schon bestehenden Bilder der beiden Kandidaten bestätigt und verstärkt. Autor Christoph von Marschall bezweifelt deshalb, dass Clinton auch auf den zweiten Blick als klare Siegerin hervorgeht: "Damit hat sie lediglich die Erwartungen erfüllt und nicht unbedingt Wähler hinzugewonnen", fasst er zusammen.

Donald Trump
Bild: Getty Images/AFP/W. McNamee

"Telegraph" sieht Trump vorn

In der US-Medienlandschaft ist Clinton ebenfalls die eindeutige Gewinnerin dieser ersten TV-Debatte. Die "New York Times", die vor kurzem angekündigt hatte, Hillary Clinton im Wahlkampf zu unterstützen, schrieb: "Das Wort 'Debatte' verliert seine Bedeutung, wenn es eine ernstzunehmende Kandidatin gibt und einen nichtssagenden Rüpel."

Mit Blick auf die internationalen Pressereaktionen sticht eine derweil heraus. Die konservative Londoner Zeitung "The Telegraph" kürte Trump zum politischen Sieger des Jahres 2016 und zum Sieger des TV-Duells. Clinton sei vielleicht mehr wie eine Präsidentin aufgetreten, schreibt die Zeitung. Gleichzeitig habe sie aber "alle Macken ihres Liberalismus zur Schau gestellt, die sie in den letzten Jahrzehnten sehr viel Unterstützung durch die Arbeiterschaft gekostet hat." Sie habe nicht die Amerikaner als Volk angesprochen, "sondern einzelne Gruppen - Frauen, Menschen südamerikanischer Herkunft, Afro-Amerikaner".

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