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Pistorius: "Hybrider Angriff Russlands zur Desinformation"

Veröffentlicht 4. März 2024Zuletzt aktualisiert 4. März 2024

Nach dem Abhörskandal durch russische Geheimdienste im Zusammenhang mit möglichen Taurus-Lieferungen Deutschlands an die Ukraine warnt der Verteidigungsminister vor dem Kreml - und mahnt zur Besonnenheit.

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Deutschland | Münchener Sicherheitskonferenz | Verteidigungsminister Boris Pistorius
Bundesverteidigungsminister Boris PistoriusBild: Matthias Schrader/AP/picture alliance

Ein Gespräch von hochrangigen Bundeswehroffizieren über Taurus-Marschflugkörper und deren möglicher Einsatz in der Ukraine ist offenbar von russischen Geheimdiensten abgehört worden. Zu den vielen offenen Fragen zu dem Vorfall sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, er rechne in den nächsten Tagen mit Ergebnissen der Prüfung des Militärischen Abschirmdienstes.

Der SPD-Politiker bezeichnete die Abhöraffäre bei der Bundeswehr als Teil eines "Informationskrieges" Russlands. Präsident Wladimir Putin versuche, die deutsche Innenpolitik auseinanderzutreiben, sagte Pistorius am Sonntag in Berlin. "Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation - es geht um Spaltung, es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben", sagte der SPD-Politiker. "Wir dürfen Putin nicht auf den Leim gehen." Deshalb müsse man auf die von Russland veröffentlichte Aufnahme eines Telefonats ranghoher Bundeswehroffiziere besonnen reagieren, "aber nicht weniger entschlossen".

Mahnung zu Besonnenheit

Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann rief zu besonnener Aufklärung auf. "Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir jetzt nicht alle übereinander herfallen", mahnte sie im ZDF. "Denn genau das will Wladimir Putin, dass wir jetzt sozusagen uns an den Hals gehen."

Taurus-Raketen für die Ukraine?

Mit den Hintergründen der Abhöraffäre müsse man sich "in Ruhe" und mit "Souveränität" beschäftigen, forderte Strack-Zimmermann. Es sei keine Überraschung, dass Deutschland abgehört werde. Deshalb müssten jetzt "die Institutionen in der Bundesrepublik sehr genau hinschauen", inwieweit sie eigentlich "auf diese hybriden Angriffe technisch wirklich vorbereitet" seien, sagte die FDP-Politikerin weiter.

Deutscher Botschafter: "War keine Einbestellung" 

In Moskau war der deutsche Botschafter in Russland, Alexander Graf Lambsdorff, an diesem Montag im russischen Außenministerium in Moskau. Es habe sich jedoch nicht um eine Einbestellung wegen der aktuellen Vorwürfe gehandelt. Das stellte von Lambsdorff nach dem Termin gegenüber der Deutschen Presse-Agentur klar. Man habe Gespräche über bilaterale Themen geführt, zu konkreten Inhalten der Unterhaltung äußerte er sich nicht.

Auch das Auswärtige Amt in Berlin machte klar, dass es keine Einbestellung gewesen sei. Der Botschafter sei zu einem schon lange verabredeten Termin im Ministerium gewesen. Lambsdorff widersprach damit der Darstellung russischer Medien. So hatte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine anonyme Quelle gemeldet, es handele sich dabei um eine Einbestellung wegen der jüngst veröffentlichten Mitschnitte eines von Russland abgehörten Telefonats deutscher Luftwaffen-Offiziere zum möglichen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern in der Ukraine

Russland | Deutschlands Botschafter Alexander Lambsdorff
Alexander Graf Lambsdorff, deutscher Botschafter in MoskauBild: Vyacheslav Prokofyev/TASS/dpa/picture alliance

Das russische Staatsfernsehen hatte am Freitag im Internet den Mitschnitt einer vertraulichen Telefonkonferenz veröffentlicht. Darin ist zu hören, wie Luftwaffen-Chef Ingo Gerhartz mit drei Untergebenen unter anderem Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper Taurus erörtert, falls dieser doch noch an die Ukraine geliefert werden sollte. Damit solle eine Unterrichtung von Pistorius vorbereitet werden, heißt es in der Aufnahme. Parallel zu der Veröffentlichung erhob Russland schwere Vorwürfe gegen Deutschland.

Opposition sieht Pistorius in der Verantwortung

Die Union forderte wegen der Abhöraffäre bei der Bundeswehr eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sagte im Gespräch mit der DW, die vielen aufgeworfenen Fragen müssten in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses aufgearbeitet werden, an der auch der Bundeskanzler teilnehmen solle.

Zugleich mahnte Frei zu Vorsicht im weiteren Vorgehen. "Ich glaube, wir dürfen nicht so naiv sein zu glauben, dass Russland nicht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auch diesen Krieg führt, und deshalb sollten wir sehr, sehr viel vorsichtiger an dieser Stelle agieren." In der Frage zu möglichen Taurus-Lieferungen müsse der Bundeskanzler glaubhaft machen, warum er welche Entscheidung wie treffe, forderte Frei.

mak/se (dpa, rtr)