1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kommt die Gehaltsobergrenze für Fußballprofis?

4. August 2020

Den Mitgliedern der Deutschen Fußball Liga sind zwei Bundestags-Gutachten präsentiert worden, die der Frage nachgehen, ob sogenannte "Salary Caps" im Profifußball möglich sind. Ein komplexes Thema, sagen Experten.

https://p.dw.com/p/3gM67
Symbolbild Medienhype Bundesliga | Fußball und Geld
Bild: picture-alliance/augenklick/firo Sportphoto/J. Fromme

"Das wird nicht funktionieren”, sagte Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", als er nach Gehaltobergrenzen im Profifußball gefragt wurde. Zu früheren Zeiten, als Hoeneß' Wort noch mehr Gewicht hatte und das Entwicklungspotenzial des Fußballs unbegrenzt schien, hätte er mit seiner Einschätzung möglichweise überwiegend Zustimmung gefunden. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Corona-Krise hat aufgezeigt, wie fragil das System Profifußball trotz Milliardenerlösen aus TV-Verträgen ist. Eine ganze Reihe von Klubs aus Bundesliga und 2. Liga gerieten nach Ausbruch der Pandemie in Schieflage. Insolvenzen konnten gerade noch so abgewendet werden. Der Profifußball musste sich wohl oder übel selbst hinterfragen. Eine neue Philosophie des Wirtschaftens wolle man sich verordnen, hieß es bei DFB, DFL und den Vereinen. Künftig wolle man mit Demut und Augenmaß handeln. Der FC Schalke 04 hat als erster Bundesliga-Klub eine Gehaltsobergrenze für Neuverträge eingeführt. Doch dürfte der Schritt eher der Tatsache geschuldet sein, dass der Traditionsklub aus dem Ruhrgebietfinanziell mit dem Rücken zur Wand steht und eine Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in zweistelliger Millionenhöhe benötigte, um der Insolvenz zu entgehen.

Oppermanns Vorstoß

Deutschland Thomas Oppermann
SPD-Politiker Thomas OppermannBild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

Aus dem Deutschen Bundestag kommt jetzt ein Vorstoß zur generellen Einführung einer Gehaltsobergrenze im deutschen Profifußball, genauer gesagt von Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann. Der SPD-Politiker ist auch Vorsitzender der DFB-Ethikkommission. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hat Oppermann beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die die Möglichkeit einer Gehaltsobergrenze im europäischen Fußball untersuchen sollten. Ergebnis: Ein sogenannter "Salary Cap" ist grundsätzlich möglich - und verstößt nicht gegen EU-Recht. Genau das war bisher das Hauptargument aus der Fußballbranche gegen eine Deckelung der Profigehälter. 

Für den Sportrechtler Jan F. Orth von der Universität Köln lassen die Gutachten, die am Dienstag bei der DFL-Mitgliederversammlung präsentiert wurden, viele Fragen offen. "Es ist nicht einmal klar, welche Formen von Salary Caps angesprochen sind. Das Thema ist juristisch ausgesprochen komplex", sagt Orth der DW. "Es werden sehr schwierige Fragen des Europarechts, insbesondere des europäischen Kartellrechts und des deutschen Arbeitsrechts angesprochen." Eine europäische, nicht eine deutsche Lösung müsse her, sagt der Wissenschaftler: "Auf der Hand scheint mir in Übereinstimmung mit den Gutachten zu liegen, dass eine Lösung nur gesamteuropäisch unter Einbeziehung der UEFA erfolgen kann - falls Salary Caps sportpolitisch überhaupt gewollt sind."

Bundesligisten als Vorreiter? 

Damit spricht Orth ein weiteres Problem an. Denn der Vorstoß Oppermanns dürfte in der Branche trotz der propagierten neuen Demut auf wenig Gegenliebe stoßen, wie die Worte von Uli Hoeneß vermuten lassen. Dabei müssten gerade die Bundesliga-Klubs eine Vorreiterrolle für eine europäische Lösung einnehmen, findet Thomas Hoeren, Sportrechtler der Universität Münster. "Die kleinen Klubs können nur überleben, wenn die großen Klubs ethisch besser auftreten", sagte Hoeren der "ARD-Sportschau": "Es gibt die Sündenbolde aus England und Spanien. Von dort wird es auch Widerstände gegen die Obergrenzen geben. Aber gerade die deutsche Stimme hat bei der UEFA Gewicht."

Die Spielergewerkschaft VDV hält eine Gehaltsobergrenze für Fußballer für wenig sinnvoll. "In unserer sozialen Marktwirtschaft regelt der Markt den Preis", sagte VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Wenn es darum geht, den Fußball zukünftig krisenfester aufzustellen, sollten wir in erster Linie dafür sorgen, dass die Clubs mehr Eigenkapital bilden müssen und bessere Sicherungsinstrumente eingeführt werden." Die Personalkosten, so Baranowsky, machten bei deutschen Profiklubs derzeit rund rund 37 Prozent der Haushalts aus.

Im US-Sport haben sich Salary Caps seit langem bewährt, etwa in der Basketballliga NBA. Dort wird zu Saisonbeginn ein Gesamtbudget vereinbart, das jedes Team für Gehälter ausgeben darf. Festgelegt ist lediglich ein Mindestgehalt. Da die Gesamtsumme gedeckelt ist, wird verhindert, dass finanziell starke Teams sämtliche Topspieler unter Vertrag nehmen.

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion