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Politik

Pressefreiheit - Grundpfeiler jeder Demokratie

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Ines Pohl
27. Dezember 2018

Eingeschränkte Pressefreiheit ist nicht nur ein Problem in autokratisch geführten Ländern. Auch in immer mehr Demokratien ist die Freiheit bedroht - und damit diese Staatsform selbst, meint DW-Chefredakteurin Ines Pohl.

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Artikel 19
Bild: DW

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist kein Luxusprodukt. Die uneingeschränkte Pressefreiheit ist nichts, auf das eine Demokratie verzichten kann, sondern etwas, das sie mit aller Kraft verteidigen muss. Weil sie der Grundpfeiler dieser Staatsform ist, jener also, die dem Individuum die größtmögliche Freiheit und allen Minderheiten den besten Schutz bietet. Nur wenn es die Möglichkeit gibt, sich frei zu äußern, das Tun und Lassen von Politik und Wirtschaft kritisch zu hinterfragen, ungehindert zu recherchieren und eben jene Erkenntnisse zu publizieren, besteht die Möglichkeit, Korruption und Missstände aufzudecken und im besten Falle zu verhindern.

Hitlers klares Kalkül

Diese Erkenntnis ist beileibe nicht neu. Gerade wir Deutschen haben nicht zuletzt von Adolf Hitler gelernt, wie wichtig eine unabhängige Berichterstattung ist. Es war genaues Kalkül, dass am Anfang seiner Schreckensherrschaft das Ende der unabhängigen Presse stand.

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DW-Chefredakteurin Ines PohlBild: DW/P. Böll

Aber was bedeutet dieses Wissen heute? Zuallererst, dass wir nicht aufhören dürfen, über die Unterdrückung von Journalisten zu berichten, nicht locker lassen dürfen, die Freilassung von inhaftierten Kollegen zu fordern, und jene Machthaber in die Pflicht zu nehmen, die versuchen, die freie Meinungsäußerung zu unterbinden. Es bedeutet, dass wir unsere eigenen Regierungen und die Oppositionsparteien auffordern müssen, sich genau hierfür einzusetzen. Auf diplomatischem Weg - aber wenn es sein muss auch durch konkretes Handeln. Gerade die EU muss sich fragen, wie sie mit Mitgliedsländern umgehen will, welche die Pressefreiheit immer weiter einschränken, in denen Gesetze entsprechend geändert werden, kritische Juristen entlassen und Regimegegner kaltgestellt werden. Bei künftigen Beitrittsverhandlungen muss unverhandelbar sein, dass ohne eine freie Presse nicht an eine EU-Mitgliedschaft zu denken ist. Der diesbezüglich laxe Umgang mit den Neumitgliedern der vergangenen Jahre rächt sich inzwischen bitterlich.

Die Entwicklungen, die wir innerhalb Europas sehen, sind dabei alles andere als banal. In Ländern wie Polen, Ungarn oder auch Rumänien spitzt sich die Situation rasant zu. Die Situation von Bloggern und Bürgerjournalisten, die oft eine der wenigen Quellen unabhängiger Informationen sind, wird immer schlimmer und geradezu lebensgefährlich. Schon 13 von ihnen wurden dieses Jahr weltweit ermordet, das sind fast doppelt soviele wie 2017.

Trump greift freie Presse an

Dabei ist unmittelbare Gewalt gegen Journalisten nicht die einzige Bedrohung. Politiker wie Donald Trump oder auch Wladimir Putin haben erkannt, wo der Journalismus am leichtesten anzugreifen ist: bei seinem höchsten Gut, der Glaubwürdigkeit. Wenn der amerikanische Präsident die Medien als Lügenpresse bezeichnet, ist das mehr, als nur von seinen eigenen Lügen abzulenken. Es ist eine langfristige Strategie, die Glaubwürdigkeit seiner gefährlichsten Kritiker zu unterminieren. Und so jene zu schwächen, die dabei sind, seine Machenschaften und ihre Hintergründe aufzudecken.

Dabei sind besonders auch die Journalisten und Medienhäuser selbst gefordert, noch sorgfältiger zu recherchieren, noch kritischer auch die eigenen Kollegen zu hinterfragen und Fehler uneingeschränkt offenzulegen. Denn jedes bewusste Fehlverhalten, jede unbelegte Zuspitzung, jede einseitige Darstellung spielt jenen in die Hände, die verhindern wollen, dass Bürgerinnen und Bürger so gut informiert sind, um sich ihre eigene, unabhängige Meinung zu bilden. Das jedoch ist die Voraussetzung, dass Wahlen am Ende wirklich demokratisch sind.

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Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl