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Partnerschaft in der Not

Bernd Johann20. März 2014

Der politische Neustart in der Ukraine verdient Europas volle Unterstützung. Darum muss Europa jetzt Verantwortung übernehmen. Denn es geht dort auch um die Verteidigung europäischer Werte, meint Bernd Johann.

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Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Die EU steht zu ihrem Wort. Sie ist zu einer engen Partnerschaft mit der Ukraine bereit. Wenige Tage nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland besiegeln die EU und die Ukraine den politischen Teil des seit langem geplanten Assoziierungsabkommens. Beide Seiten unterstreichen damit, dass sie nicht gewillt sind, wirtschaftlichem, politischem oder gar militärischem Druck aus Russland nachzugeben.

Das brachiale russische Vorgehen auf der Halbinsel im Schwarzen Meer zeigt, die Ukraine ist in höchster Not. Wie nie zuvor braucht die Ukraine jetzt die Unterstützung und Solidarität aller EU-Staaten. Russlands Präsident Putin betrachtet die Ukraine nicht als souveränes Land. Er missachtet ihre Grenzen und erkennt die Regierung in Kiew nicht an. Der westliche Nachbar ist für den Kreml nur noch eine Einflusszone. Das können Europa und die Ukraine nicht hinnehmen. Denn Russland gefährdet damit nicht nur die politische Ordnung, sondern auch den Frieden in Europa.

Ukrainer hoffen auf Europa

Europa muss in dieser Lage Verantwortung übernehmen. Die Menschen in der Ukraine erwarten das. Hunderttausende gingen dort auf die Straßen, weil Ex-Präsident Janukowitsch die Westorientierung seines Landes stoppen wollte. Die Protestbewegung führte zum Sturz der korrupten Clique um Janukowitsch. Aber sie war immer auch eine Demonstration der Menschen für europäische Werte. Das darf die EU nicht vergessen.

Der politische Neustart in der Ukraine erfolgt unter denkbar schwierigen Bedingungen. Die bisherige Regierung hat das Land in einem desolaten wirtschaftlichen Zustand hinterlassen. Der monatelange Machtkampf und die anschließende Revolution haben die Ukraine in riesige Verunsicherung gestürzt. Russland nutzt das nun aus, indem es eine Spaltung des Landes vorantreibt.

Die neue Regierung in Kiew ist mit dieser Herausforderung schier überfordert und reagiert doch sehr besonnen. Sie nimmt es hin, dass Russland sich die Krim einverleibt. Sie will keinen Krieg mit Russland und tut alles, damit die Lage nicht eskaliert. Dafür verdient sie Respekt.

Politisches Notbündnis in Kiew

Die Regierung ist ein politisches Notbündnis höchst unterschiedlicher Gruppen. Sie hat eine breite demokratische Legitimation durch das Parlament. Rechtsradikale Politiker, die an dieser Regierung noch beteiligt sind, müssen zurückgedrängt werden. Das geht nur durch Wahlen. Gerade deswegen darf Europa die Ukraine nicht im Stich lassen, sondern muss dabei helfen, dass diese Wahlen fair und frei durchgeführt werden.

Die politische Assoziierung der Ukraine wird dazu beitragen, dass endlich europäische Grundwerte wie Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat in der Ukraine verankert werden. Es muss nicht nur das Unrechtsregime des gestürzten Präsidenten Janukowitsch aufgearbeitet werden. 70 Jahre Kommunismus und auch nationalistische Phasen der ukrainischen Geschichte sind noch nicht bewältigt. Die Erfahrungen anderer europäischer Länder können dabei sehr nützlich sein.

Umfassende Reformen sind notwendig

Den wichtigen wirtschaftlichen Teil des Assoziierungsabkommens - die geplante Freihandelszone - klammern Brüssel und Kiew vorerst aus. Denn es soll verhindert werden, dass sie negative Auswirkungen auf den Handel zwischen der Ukraine und Russland hat. Zugleich aber muss geklärt werden, wie die ukrainische Wirtschaft stabilisiert werden kann, falls es zu ökonomischen Sanktionen von russischer Seite kommt. Das ist nicht auszuschließen. Vor allem die Energieabhängigkeit der Ukraine von Russland muss deshalb langfristig beseitigt werden.

Kurzfristig braucht die Ukraine allerdings schon jetzt eine massive Unterstützung aus Europa. Ein Hilfsprogramm in Höhe von elf Milliarden Euro wurde deshalb in Brüssel aufgelegt. 1,6 Milliarden Euro sollen der Ukraine als Soforthilfe zur Verfügung gestellt werden, um den drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Auch die Zollschranken für ukrainische Waren will die EU senken.

Doch all diese Hilfen werden nur nützen, wenn die Ukraine die längst überfälligen politischen und wirtschaftlichen Reformen durchführt. Nach dem Neustart in Kiew ist jetzt der richtige Moment für einen umfassenden Umbau des Landes. Die Ukraine braucht dabei die EU als starken Partner an ihrer Seite.