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Keine Eskalation im Südlibanon

Mona Naggar19. Dezember 2013

Ein israelischer Soldat ist an der libanesisch-israelischen Grenze von einem libanesischen Soldaten erschossen worden. Es ist ein ernster Zwischenfall in einem Gebiet, das immer wieder Schauplatz von Kriegen war.

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Israelische Soldaten an der Grenze zum Libanon (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Alles deutet auf Entspannung hin. Die Lage an der israelisch-libanesischen Grenze hat sich nach der Erschießung eines israelischen Soldaten durch einen Angehörigen der libanesischen Armee wieder beruhigt. Der libanesische Soldat hatte am Sonntagabend von libanesischem Territorium aus mehrfach auf einen israelischen Soldaten gefeuert, der auf der israelischen Seite der Grenze in einem Fahrzeug unterwegs war. Paolo Serra, Leiter der im Südlibanon stationierten UN-Truppen, erklärte bei einem Treffen mit Vertretern des israelischen und libanesischen Militärs am Montag (16.12.2013), dass erste Untersuchungen auf die Aktion eines Einzelnen hindeuten würden. Noch seien aber nicht alle Hintergründe der Tat aufgeklärt, ergänzte der italienische Generalmajor.

Die libanesische Armee schloss sich in einer offiziellen Erklärung dieser Version an. Ein Komitee der Armee untersuche den Vorfall. Der Soldat, der die Schüsse abgegeben habe, werde im Verteidigunsministerium in Beirut befragt.

Spanischer UNIFIL-Soldat patroulliert im libanesischen Grenzgebiet zu Israel
Spanischer UNIFIL-Soldat patroulliert im libanesischen Grenzgebiet zu Israel (Foto: dpaBild: picture-alliance/dpa

Unruhige Lage in den Nachbarländern

Die israelische Seite hat bei der Unifil (Interimstruppe der Vereinten Nationen für den Libanon) scharf gegen die Tötung ihres Soldaten protestiert und ihre Truppen an der nördlichen Grenze in Alarmbereitschaft versetzt. Ein Sprecher der israelischen Armee sagte, Israel werde sich das "Recht auf Selbstverteidigung vorbehalten". Offenbar akzeptiert aber auch Israel die Version von einem Einzeltäter, wie die israelische Tageszeitung Haaretz berichtet. Helmi Moussa, zuständig für die israelisch-libanesischen Beziehungen bei der libanesischen Tageszeitung As-Safir, überrascht diese Reaktion nicht.

Israel habe im Moment kein Interesse an einer militärischen Konfrontation an seiner nördlichen Grenze. Die Entwicklung in den Nachbarländern würde dem Land genug Sorgen bereiten. Moussa nennt das Beispiel Ägypten, das unruhige Zeiten durchmache, und den Krieg in Syrien: "Trotzdem ist zu erwarten, dass Israel über die UN Druck auf die libanesische Regierung ausüben und fordern wird, dass die libanesische Armee ihre Soldaten im Südlibanon besser kontrollieren soll."

Hisbollah Kämpfer (Foto: AP)
Hisbollah-Kämpfer begehen den "Märtyrertag" in BeirutBild: picture-alliance/AP Photo

Unklare Rolle der Hisbollah

Vor sieben Jahren war der Südlibanon Schauplatz eines erbitterten Krieges zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel. Auslöser war die Entführung von zwei israelischen Soldaten durch die schiitische Miliz am 12. Juli 2006. Die Hisbollah ist die stärkste politische und militärische Kraft im Libanon, die sich dem Kampf gegen Israel verschrieben hat. 1187 libanesische Zivilisten wurden damals durch israelische Angriffe getötet. 43 israelische Zivilisten wurden Opfer von Hisbollah-Raketen.

Die am 11. August 2006 verabschiedete UN-Resolution 1701, die das Ende des Krieges einleitete, schreibt vor, dass sich im Südlibanon keine bewaffneten Milizen aufhalten dürfen. Die Unifil und die libanesische Armee sollen diese Vorgabe überwachen. Trotzdem kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. Der schwerste ereignete sich im August 2010. Ein israelischer und zwei libanesische Soldaten, sowie ein libanesischer Journalist wurden bei einem Feuergefecht an der Grenze getötet. Auch damals hatten die Konfliktparteien kein Interesse einen neuen Krieg zu riskieren. Der verlustreiche Konflikt von 2006 war noch in frischer Erinnerung.

Unklar bei dem jüngsten Vorfall an der israelisch-libanesischen Grenze ist die Rolle der Hisbollah. Eine offizielle Stellungnahme der "Partei Gottes" gibt es nicht und selbst Israel hält sich mit einer Schuldzuweisung zurück. Helmi Moussa von der Zeitung As-Safir hält es für unwahrscheinlich, dass die Aktion des libanesischen Soldaten mit der schiitischen Miliz abgesprochen sein könnte.

Israel Libanon Hisbollah Raketen werden auf Israel abgefeuert (Foto: AP)
Hisbollah-Raketen werden im August 2006 auf Israel abgefeuertBild: AP

Die Hisbollah sei viel zu sehr mit dem Krieg in Syrien beschäftigt. Dort setze sie ihre Kämpfer ein. "Sie ist nicht daran interessiert eine Front gegen Israel zu eröffnen."

Gefährliche innenpolitische Lage

Für die Libanesen ist die Lage im libanesisch-israelischen Grenzgebiet im Moment Nebensache. Weitaus gefährlicher sind die Auswirkungen der Syrienkrise auf die innenpolitische Lage. Die libanesischen Parteien und Teile der Bevölkerung sind polarisiert: Die Allianz des 14. März, die aus der sunnitischen Future Bewegung und christlichen Parteien besteht, sympathisiert mit den Aufständischen gegen Präsident Assad. Die Allianz des 8. März dagegen, die aus den schiitischen Gruppierungen Hisbollah und Amal sowie der christlichen Freien Patriotischen Bewegung zusammen gesetzt ist, unterstüzt das Regime in Damaskus.

Längst hat sich der Libanon zu einem Nebenschauplatz des Krieges im Nachbarland entwickelt. Ein Beispiel ist der Anschlag auf die iranische Botschaft Ende November in Beirut. Der Iran ist ein enger Verbündeter des Assad-Regimes und der Hisbollah. Zwei sunnitische Extremisten verübten einen Selbstmordanschlag und töteten vor dem Botschaftsgebäude 23 Menschen. Im August traf es zwei sunnitische Moscheen in der nord-libanesischen Stadt Tripoli, die als Hochburg der Assad-Gegner gilt. 45 Menschen starben.

Anschlag auf die iranische Botschaft in Beirut am 19.11.2013 (Foto: Reuters)
Anschlag auf die iranische Botschaft in Beirut im vergangenen NovemberBild: Reuters