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"Kein Platz für Hass, wir müssen vergeben"

20. Juni 2015

Das Blutbad in einer Kirche in Charleston löst in den USA nicht nur Entsetzen und Wut aus. Es gibt auch Signale der Vergebung, gerade von den Hinterbliebenen. Präsident Obama beklagt die zersetzende Kraft des Rassismus.

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Trauer nach Kirchenmassaker in Charleston/South Carolina (foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/J. Raedle

Zwei Tage nach dem Massaker in der afroamerikanischen Methodistenkirche in Charleston wurde der Tatverdächtige Dylann R. erstmals einem Haftrichter vorgeführt - aus Sicherheitsgründen per Video, so wie es im US-Staat South Carolina üblich ist. Der schmächtige 21-jährige Weiße verfolgte die kurze Prozedur mit regungsloser Miene und antwortete nur knapp auf die Fragen des Richters.

Roof muss sich wegen neunfachen Mordes sowie wegen Waffenbesitzes zur Durchführung eines Verbrechens verantworten. Ein erster Gerichtstermin wurde auf den 23. Oktober festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft erklärte, erst nach der Auswertung der Beweise und nach Gesprächen mit den Opferfamilien wolle man entscheiden, ob man die Todesstrafe beantrage.

Per Video zur Anhörung vor dem Haftrichter zugeschaltet: Der Tatverdächtige Dylann Roof (foto: reuters)
Per Video zur Anhörung vor dem Haftrichter zugeschaltet: Der Tatverdächtige Dylann R.Bild: Reuters/Pool TPX Images of the day

Die Angehörigen der Opfer durften sich bei der eigentlich routinemäßigen Anhörung überraschend vor dem Haftrichter äußern. Sie sei zwar böse und traurig, meinte eine Frau, deren Schwester erschossen wurde. Es dürfe aber "keinen Platz für Hass" geben, fügte sie hinzu. "Wir müssen vergeben".

Eine Überlebende, die bei dem Blutbad aber ihren Sohn verloren hat, sagte zum Todesschützen gerichtet: "Möge Gott Erbarmen mit dir haben". Auch Vertreter der schwarzen Gemeinde erklärten, die Kirche lehre Liebe und Versöhnung statt Hass, gerade darin sei man dem Täter überlegen.

US-Präsident Barack Obama verwies noch einmal auf den vermutlich rassistischen Hintergrund des Verbrechens. Der Rassismus verderbe die amerikanische Gesellschaft und bleibe Übel, das gemeinsam bekämpft werden müsse, sagte er bei einer Veranstaltung in San Francisco.

Zugleich kritisierte er die laxen Waffengesetze und forderte, wenigstens offen darüber zu diskutieren. "Das Mindeste ist, dass wir als Bürger über diese Thematik sprechen können, ohne alle Waffenbesitzer zu dämonisieren, die sich ganz überwiegend an die Gesetze halten". Er hoffe auf einen Wandel, man müsse sich der Dringlichkeit einer Reform bewusst werden, appellierte Obama.

Die Familie des mutmaßlichen Todesschützen äußerte Beileid für die Angehörigen der Toten. "Wir sind bestürzt und traurig", schrieben sie in einem in einer Lokalzeitung veröffentlichten Brief.

Hundert Menschen nahmen an einer Trauerwache für die Opfer teil. Zu der von der Stadtverwaltung organisierten Zeremonie in einem Stadion von Charleston kamen auch etwa 50 Hinterbliebene, die persönlich vorgestellt wurden und sich dabei von ihren Plätzen erhoben.

SC/uh (APE, rtre, afp, dpa, ARD)