Kein "Maulkorb" für Abweichler im Bundestag
18. April 2012"In dieser Legislaturperiode wird es keine Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Rederecht der Abgeordneten geben", erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, in Berlin. Weitere Gespräche zu diesem Thema lehnten die Freien Demokraten ab. Beim Koalitionspartner CDU/CSU hieß es, damit bleibe es bei der bisherigen Praxis. Demnach kann Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in Ausnahmefällen nach seinem Ermessen Abgeordneten Rederechte zuteilen.
Genau ein solches Ermessen von Lammert hatte bei der Koalition und den oppositionellen Sozialdemokraten Überlegungen ausgelöst, das Rederecht im Bundestag zu ändern. Mit den Stimmen von Union, FDP und SPD hatte der Geschäftsordnungsausschuss empfohlen, dass künftig nur Parlamentarier im Plenum das Wort erhalten sollen, die von den Fraktionen dazu bestimmt wurden. Andere Abgeordnete solle der Bundestagspräsident dann nur noch ausnahmsweise und maximal drei Minuten lang reden lassen - und auch dies nur nach Rücksprache mit den Fraktionen. In den Debatten zur Euro-Rettung hatte Lammert sogenannten Abweichlern und Euro-Rebellen in der Koalition wie Klaus-Peter Willsch, CDU, und Frank Schäffler, FDP, das Wort erteilt, obwohl sie nicht von ihren Fraktionen als Redner benannt worden waren.
Kritik an "Maulkorb" für Abgeordnete
Nach Bekanntwerden dieser Pläne erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Von einem "Maulkorb" für frei gewählte, nur ihrem Gewissen verpflichtete Abgeordnete war die Rede. Einzelne Parlamentarier drohten mit dem Gang zum Verfassungsgericht. Die drei Fraktionen kündigten daraufhin am Montag weitere Beratungen an und verschoben die für nächste Woche geplante Abstimmung. Zwei Tage später kommt das endgültige Aus.
wl/kle (dpa,dadp,afp)