1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Torunarigha reagiert auf Rassismus-Fall

Stefan Nestler mit sid, dpa
7. Februar 2020

Im Pokalspiel auf Schalke wurde Jordan Torunarigha von den Tribünen aus mit Affenlauten beleidigt. Später sah er die Rote Karte. Nun meldet sich der Hertha-Profi auf Instagram mit einem emotionalen Statement zu Wort.

https://p.dw.com/p/3XHyH
Fußball DFB Pokal | Schalke 04 vs Hertha BSC
Schiedsrichter Harm Osmers stellte Jordan Torunarigha in der Verlängerung vom PlatzBild: Imago/M. Müller

Nach dem Achtelfinal-Krimi am Dienstag zwischen Schalke 04 und Hertha BSC redete kaum noch jemand über Fußball. Berlins Trainer Jürgen Klinsmann und seine Spieler beklagten sich über rassistische Anfeindungen von den Rängen gegen Verteidiger Jordan Torunarigha. "Der Junge ist beleidigt worden", sagte Klinsmann nach dem 2:3 nach Verlängerung: "Wir haben den Schiedsrichtern gesagt, dass sie ihn schützen müssen." Der DFB erklärte, Herthas Sportdirektor Michael Preetz sei nach der regulären Spielzeit auf Osmers zugekommen und habe ihn auf die Beleidigungen der Fans gegen den Berliner Profi hingewiesen. Weil es aber bereits im Laufe der zweiten Halbzeit zu dem Vorfall gekommen sei, wäre bei einer Stadiondurchsage "der Kontext nicht mehr herzustellen gewesen", so der DFB.

Herthas Nationalspieler Niklas Stark sprach von "Affenlauten" gegen Torunarigha, der in der Verlängerung vom Platz gestellt worden war: "Jordan ist ein emotionaler Spieler. Wenn so etwas passiert, wäre ich wahrscheinlich auch ausgerastet. Sowas geht nicht. Das ist menschlich ganz abstoßend." Torunarigha habe "auf dem Platz geweint und wollte aufhören", bestätigte Schalkes Siegtorschütze Benito Raman: "Ich habe ihm Mut zugesprochen und gesagt, dass er weitermachen soll."

Torunarigha: "Deshalb wühlt mich das auf"

Knapp zwei Tage nach dem Rassismus-Eklat meldete sich Torunarigha selbst mit deutlichen Worten gegen Diskriminierung zu Wort. Er könne Äußerungen "von einigen Idioten" nicht verstehen, schrieb der frühere Junioren-Nationalspieler in einem emotionalen Statement auf Instagram. "Man kann sich seine Hautfarbe bei der Geburt nicht aussuchen, und sie sollte auch völlig egal sein. Genauso selbstverständlich wie unterschiedliche Hautfarbe, Religion oder Herkunft unter uns Sportlern in der Kabine ist, sollte es auch in unserer Gesellschaft sein!"

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass Torunarigha Erfahrungen mit Rassismus macht. "Ich bin in Chemnitz geboren, habe das alles schon in der Jugendzeit durchlebt", schrieb er weiter. "Meine Eltern wurden beleidigt. Deshalb wühlt mich so eine Situation wie auf Schalke so auf, und deshalb habe ich so emotional reagiert."

Einen Tag nach seiner Äußerung stellte Torunarigha mit Unterstützung seines Vereins Strafanzeige gegen Unbekannt.

Hertha-Kapitän fordert Solidarität der Bundesliga

Schiedsrichter Harm Osmers hatte Torunarigha in der 100. Minute mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Der Hertha-Profi war mit Schalkes Trainer David Wagner zusammengestoßen und hatte einen Getränkekasten zu Boden geworfen. Auch Wagner hatte wegen des Vorfalls die Rote Karte gesehen und war auf die Tribüne verbannt worden. "Es war ja kaum zu übersehen, nach dem Spiel und vor der Verlängerung, wie er da aussah und dass es ihn mitgenommen hat", sagte Niklas Stark über seinen Teamkollegen Torunarigha. Auf der Internetseite des Vereins forderte der Kapitän eine solidarische Haltung der gesamten Bundesliga: "Sowas geht gar nicht, das würde zumindest auch teilweise erklären, was da noch passiert ist. Da müssen wir als Mannschaft, als Verein, eigentlich die ganze Bundesliga hinter ihm stehen! Man muss sich ganz klar davon distanzieren,das ist kein Verhalten."

Schalke entschuldigt sich bei Torunarigha

Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider entschuldigte sich bei Torunarigha. "Da gibt es null Toleranz. Mir fehlt jegliches Verständnis für Vollidioten dieser Art", sagte Schneider. "Wir werden alles dafür tun, dass wir diejenigen, die dafür verantwortlich sind, ausfindig machen und mit Konsequenzen belegen." Schalke-Trainer Wagner sagte, er habe die Rufe gegen Torunarigha nicht gehört, "aber ich möchte mich im Namen von Schalke 04 entschuldigen. So was gehört sich nicht." Er forderte ein konsequentes Vorgehen gegen die Zuschauer, die den Hertha-Profi beleidigt hätten. "In England wird derjenige sofort gepackt und dann raus", sagte Wagner, der von 2015 bis 2019 den Verein Huddersfield Town trainiert hatte.

Jordan Torunarigha wurde 1997 in Chemnitz geboren. Der 22-Jährige ist der Sohn von Ojokojo Torunarigha. Der Nigerianer hatte in den 1990er Jahren für den Chemnitzer FC in der 2. Liga gespielt. Er war der erste schwarze Afrikaner, der nach dem Mauerfall im ostdeutschen Profifußball anheuerte. Ojokojo Torunarigha berichtete immer wieder über rassistische Beleidigungen von Zuschauern gegen ihn.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter