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Hertas Widerstand

10. Dezember 2009

Die deutsch-rumänische Schriftstellerin Herta Müller hat den Literaturnobelpreis 2009 bekommen. Dafür, dass sie in ihren Texten die kommunistische Diktatur in Rumänien verarbeitet hat. Sie sieht den Preis pragmatisch.

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Die Schriftstellerin Herta Müller (Foto: AP)
Bild: AP

Herta Müller wird sich keine Jacht kaufen. Das hat sie ausdrücklich betont. Geld genug hätte sie ja jetzt, denn wer mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wird, bekommt nicht nur Aufmerksamkeit, Ehre und Lobreden, sondern auch 950.000 Euro. Für eine kleine Jacht würde das reichen. Aber das passt nicht zu Herta Müller und ihrer leisen Art. Ihr ist es wichtig, dass ihr literarisches Thema einen Preis bekommen hat, das Thema Diktatur und was dort mit dem Einzelnen passiert.

Schule der Angst

Urkunde und Medaille (Foto: AP)
Urkunde und MedailleBild: AP

Herta Müller hat ihre Kindheit in Rumänien als Schule der Angst durchlebt und davon in ihren Werken bedrückend Zeugnis ablegt. Seit Anfang der 90er Jahre und der Übersetzung ihrer Werke in mehr als 20 Sprachen gehört Müller zu den wichtigen Autoren im internationalen Literaturbetrieb.

Das Lebenswerk der heute 56-Jährigen deutsch-rumänischen Autorin zeugt von schmerzhaften Erinnerungen an eine düstere Vergangenheit unter dem Ceausescu-Regime. Die Autorin konnte der Diktatur erst 1987 entkommen, als sie zusammen mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner die Ausreise beantragte und nach Deutschland ging.

Flucht vor der Zensur

Herta Müller wurde am 17. August 1953 in Nitzkydorf im Kreis Temeschwar im lange Zeit deutschsprachigen Banat in Rumänien geboren. Nach den Eingriffen der Zensur in ihr erstes Buch und wiederholten Verhören und Hausdurchsuchungen verließ Müller 1987 schließlich ihre Heimat und siedelte in das damalige West-Berlin über. Schon 1984 war im Westen ihr Erzählband "Niederungen" erschienen.

Herta Müller bei einer Lesung (Foto: dpa)
Herta Müller bei einer Lesung - die hat sie oft, seit bekannt wurde, dass die Nobelpreisträgerin istBild: picture-alliance/dpa

Der später folgende Prosaband "Reisende auf einem Bein" entstand 1989 bereits in West-Berlin und spiegelt das Fremdsein in der neuen Heimat wider. Der Alltag in einem totalitären System ist Thema ihres Romans "Der Fuchs war damals schon der Jäger" (1992). "Herztier" (1994) beschreibt das Leben der Oppositionellen in Rumänien. 2003 veröffentlichte sie einen Essay-Band mit dem Titel "Der König verneigt sich und tötet" und 2005 die Text-Bild-Collagen "Die blassen Herren mit den Mokkatassen". Mit ihren Texten, so betonte die Autorin, wolle sie ausdrücken, wie Diktaturen Menschen ihrer Würde beraubten.

Jetzt erstmal Schreibpause

Müller erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kleist-Preis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Würth-Preis für Europäische Literatur und 2006 den Walter-Hasenclever-Literaturpreis. Seit 1995 ist Herta Müller Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Trotz Nobelpreis ist jetzt aber eine Schreibpause angesagt. Das mache sie nach jedem Buch so, sagte Herta Müller, "mindestens zwei Jahre“. Jetzt werde erstmal gelebt und dann komme das Bedürfnis zu schreiben wieder von selbst. Die Tatsache, dass sie jetzt Nobelpreisträgerin sei, ändere nichts an ihrer literarischen Arbeit. "Das hat mit dem Schreiben überhaupt nichts zu tun.“

Autoren: Marlis Schaum/Manfred Götzke (dpa, epd)

Redaktion: Petra Lambeck