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Politik

Heftige Gefechte im Südkaukasus

16. November 2021

An der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan ist es zu den schwersten Gefechten seit dem 44-Tage-Krieg im Vorjahr gekommen. Zur Zahl der Opfer gibt es widersprüchliche Angaben. Armenien bat Russland um Hilfe.

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Aserbaidschan Militärparade in Baku
Soldaten aus Aserbaidschan bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Krieges von 2020 Bild: Aziz Karimov/Reuters

In welchem Umfang es bei den jüngsten Gefechten Opfer gab, ist derzeit unklar. Das Verteidigungsministerium in Eriwan bestätigte zunächst nur ein Todesopfer in den Reihen der eigenen Armee. Dagegen sagte der armenische Abgeordnete Eduard Aghajanyan vor Journalisten, es seien 15 armenische Soldaten getötet worden.

Das Ministerium erklärte weiter, es seien sieben Soldaten und fünf Wehrdienstleistende von Aserbaidschan gefangen genommen worden. Zudem habe man zwei militärische Stellungen an der Grenze verloren. Auf gegnerischer Seite habe es "zahlreiche Verluste" gegeben. Die aserbaidschanische Armee hingegen bestätigte zunächst keine Todesfälle in den eigenen Reihen und sprach nur von zwei Verletzten.

Das Verteidigungsministerium in Eriwan teilte weiter mit, die eigenen Truppen seien von aserbaidschanischer Artillerie und Panzern angegriffen worden. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium wiederum erklärte, armenische Soldaten hätten aserbaidschanische Stellungen in den Provinzen Kalbadschar und Latschin angegriffen. Beide Provinzen hatte Armenien nach den schweren Kämpfen im vergangenen Jahr an Aserbaidschan abtreten müssen. 

Die Gefechte waren am Montag an mindestens zwei Punkten im östlichen armenischen Grenzgebiet zu Aserbaidschan ausgebrochen. Nach Angaben aus Baku wurden Arbeiter beim Ausbau von Grenzbefestigungen von armenischer Seite beschossen. Am Dienstag warfen sich beide Seiten den Einsatz von Handfeuerwaffen und Artillerie vor.

Aserbaidschan russische Soldaten in Karabakh
Eine russische Militärpatrouille in Berg-Karabach (Archivbild) Bild: Str/AA/picture alliance

Bitte um Hilfe aus Moskau

Die Regierung in Eriwan rief Moskau zu militärischem Beistand auf. Russland solle dabei helfen, "die territoriale Integrität Armeniens zu schützen", sagte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Armen Grigorjan. Russland gilt als militärische Schutzmacht Armeniens und betreibt dort eine Militärbasis, unterhält aber gute Beziehungen auch zu Aserbaidschan.

Der Kreml informierte am Abend über ein Telefonat des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan. Nach Angaben aus Moskau telefonierte Verteidigungsminister Sergej Schoigu sowohl mit seinem armenischen als auch mit seinem aserbaidschanischen Kollegen. Er habe beide Seiten aufgerufen, eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden. Später hieß es aus Moskau, nach einer Vermittlung durch Schoigu seien  die Kampfhandlungen beendet. "Die Situation hat sich normalisiert und ist
unter Kontrolle", teilte sein Ministerium mit. 

Infografik Karte Konflikt Armenien Aserbaidschan nach Friedensverhandlungen

EU-Ratspräsident Charles Michel forderte die beiden verfeindeten Länder zu einer "vollständigen Feuerpause" auf. Er telefonierte am Dienstag sowohl mit dem aserbaidschanischen Staatschef Ilham Alijew als auch dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan. Danach teilte Michel auf Twitter mit, die EU arbeite mit beiden Partnerländern zusammen, um "die Spannungen auszuräumen" und auf einen "wohlhabenden und stabilen Südkaukasus hinzuwirken".

Dauerstreit um Berg-Karabach

Bereits am vergangenen Wochenende hatten sich Armenien und Aserbaidschan gegenseitig beschuldigt, im Grenzgebiet das Feuer eröffnet zu haben. Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken sind seit langem verfeindet, die Kontrolle über die Kaukasusregion Berg-Karabach ist ihr Hauptkonfliktpunkt. Völkerrechtlich gehört das Gebiet zu Aserbaidschan, von dem es sich aber 1991 losgesagt hatte. Der genaue Grenzverlauf zwischen den beiden Ländern ist umstritten.

Abschied vom Kloster Dadiwank

Der Konflikt hatte im Herbst 2020 zu einem Krieg geführt, bei dem mehr als 6500 Menschen getötet wurden. Er endete erst nach sechs Wochen mit einer von Russland vermittelten Waffenruhe. Die Regierung in Moskau entsandte 2000 Friedenssoldaten nach Berg-Karabach. Gemäß der Waffenstillstandsvereinbarung musste Armenien große Gebiete an Aserbaidschan abtreten, die es jahrzehntelang kontrolliert hatte. Viele Armenier sehe darin eine nationale Demütigung. In Aserbaidschan wird der Ausgang des Konflikts als Triumph gesehen. Das Land wird von der Türkei unterstützt.

kle/gri (rtr, afp, dpa)