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Wo steht das deutsche Golf nach Stephan Jägers PGA-Titel?

Mathias Brück
4. April 2024

Stephan Jäger ist der erste männliche deutsche Golfer seit neun Jahren, der einen Sieg auf der PGA-Tour erringen kann. Trotz wenig Erfolg auf höchster Ebene erfreut sich der Golfsport in Deutschland enormer Popularität.

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Stephan Jaeger küsst die Trophäe beim Houston Open Golf
Stephen Jäger feierte im Houston seinen ersten Titel auf der PGA-TourBild: Michael Wyke/ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Ungläubig und mit Tränen in den Augen beobachtete Stephan Jäger den wohl größten Moment seiner Golfkarriere. Der in Führung liegende Deutsche hatte soeben mit angesehen, wie der derzeit kaum zu schlagende Weltranglistenerste Scottie Scheffler einen Putt aus kurzer Distanz am Loch vorbeischob und so unfreiwillig Jägers ersten Sieg auf der PGA-Tour perfekt machte.

134 Turniere hatte Jäger bereits auf der PGA-Tour, der höchsten Golf-Liga der Welt, gespielt. Der 135. Anlauf brachte am Ostermontag bei den Texas Children's Houston Open endlich den so lang ersehnten Erfolg.

"Stephans Sieg ist gar nicht hoch genug einzuschätzen", sagt Kariem Baraka, Präsident der PGA of Germany, gegenüber der DW. "Man muss bedenken, dass sich auf der PGA Tour Woche für Woche die 156 besten Spieler der Welt messen. Sich in so einem Feld durchzusetzen, ist eine enorme Leistung." 

Rekordzahlen im deutschen Golfsport

Auch für den deutschen Golfsport im Allgemeinen ist der Erfolg von Stephan Jäger enorm wertvoll. "So ein Sieg löst immer einen kleinen Boom im deutschen Golf aus", sagt Baraka. "Die Medien berichten rauf und runter, Stephans Sieg ist Thema in den deutschen Golfclubs, und man hat wieder eine Identifikationsfigur."

Das deutsche Golf erfreut sich ohnehin seit Jahren enormer Beliebtheit. Ende des vergangenen Jahres zählte der Royal and Ancient Golf Club of St Andrews in seinem Global Golf Participation Report 39,6 Millionen registrierte und nicht registrierte Golfspieler weltweit. Auf Deutschland entfielen dabei 2,1 Millionen Spieler - eine neue Höchstmarke im hiesigen Golf.

Große Erfolge eher Mangelware

Trotz des Golf-Hypes in Deutschland blieben die großen Erfolge auf der PGA-Tour zuletzt aber aus. Jäger ist erst der vierte deutsche Mann, der einen Sieg auf der PGA-Tour feiern konnte. Zuvor war dies nur Bernhard Langer, Martin Kaymer und zuletzt Alex Cejka vor neun Jahren gelungen.

Bei den Frauen zeigt sich ein ähnliches Bild: Auch auf der Tour der Ladies Professional Golf Association (LPGA) gab es bisher vier deutsche Gewinnerinnen. Im Jahr 2000 schrieb Tina Fischer Geschichte als erste deutsche Spielerin, die ein LPGA-Event für sich entscheiden konnte. Es folgten Erfolge von Sandra Gal 2011 und Caroline Masson 2016. Den bisher letzten Titel auf der Tour konnte Sophia Popov 2020 einfahren.

Sophia Popov aus Deutschland reagiert auf ihr Birdie
Sophia Popov konnte als bisher letzte deutsche Frau ein LPGA-Turnier gewinnenBild: Jorge Lemus/NurPhoto/picture alliance

Dennoch sieht Kariem Baraka keinen Anlass zur Sorge: "Grundsätzlich ist die Entwicklung unserer Spitzenspieler - sowohl bei den Damen als auch bei den Herren - während der letzten Jahre sehr positiv zu bewerten", sagt er und verweist auf viele Erfolge auf der DP World Tour, die Top-Liga in Europa für den Profi-Golfsport. "Wir haben es während der letzten Jahre geschafft, deutlich mehr deutsche Aktive in die internationale Spitze zu bringen. Diesen Prozess müssen wir fortführen, damit Siege wie der von Stephan Jäger kein Einzelfall bleiben."

Deutschland mit Standortnachteil

Der in München geborene Jäger lebt übrigens bereits seit 16 Jahren in den USA. Schon als Teenager wechselte er zum Golfspielen zunächst an eine US-Highschool und spielte anschließend einige Jahre lang sehr erfolgreich für die Mannschaft der University of Tennessee in Chattanooga.

Für deutsche Spitzengolfer ist dieser Weg an eine amerikanische Universität ein gängiger. Muss sich Deutschland demnach in Sachen Spiel-und Trainingsmöglichkeiten verbessern? "Absolut!", sagt Baraka, schränkt aber ein: "Aufgrund der klimatischen Bedingungen werden wir es allerdings nie bewerkstelligen, gleichwertige Möglichkeiten zu schaffen."

Kariem Baraka - der neue Präsident der PGA of Germany im Porttät
Kariem Baraka, Präsident der PGA of Germany, sieht Deutschland im StandortnachteilBild: PGA of Germany

Auch auf anderen Ebenen sieht der 45-Jährige, der einst selbst als Playing Professional auf der Tour gespielt hat, die USA im Vorteil. "Die Trainings-und Turnierbedingungen und vor allem die Akzeptanz sind nirgendwo so hoch wie in den USA", sagt er. "Dort lassen sich Bildung und Spitzensport so gut vereinen, wie in sonst keinem anderen Land."

Um weitere junge Menschen früh an den Golfsport heranzuführen, muss er außerdem mehr für die breite Masse zugänglich gemacht werden. "Wenn wir es schaffen, dass der Golfsport auch in Deutschland für jede Gesellschaftsschicht und jedes Einkommen zugänglich ist und für alle eine Freizeitoption ist, wird es in Deutschland mehr Golferinnen und Golfer geben und somit auch mehr Spitzenspielerinnen und Spitzenspieler", so Baraka.

Hoffnung im Nachwuchs

Im deutschen Nachwuchs stehen bereits einige Talente in den Startlöchern. Bei den Frauen gilt Helen Briem als größtes deutsches Golftalent. Die 18-jährige aus Nürtingen bei Stuttgart hat letztes Jahr bereits als erste Deutsche in der 104-jährigen Geschichte das bedeutendste Juniorinnen-Turnier der Welt für sich entscheiden können. Ihr langfristiges Ziel ist die LPGA-Tour in Amerika. Doch zunächst steht in diesem Jahr abseits vom Golf das Abitur an.

"Klar würde ich gerne Profi werden, würde gerne meinen Unterhalt mit dem Golf verdienen", sagte sie gegenüber dem Südwest-Rundfunk. "Aber so ein Plan B schadet nicht." 

Bei den Männern gilt Tiger Christensen als größte deutsche Nachwuchshoffnung, der seinen Vornamen mit einem der besten Golfer aller Zeiten teilt. Ist die Anlehnung an den 15-fachen Major-Sieger Tiger Woods nur ein Zufall? "Meine Eltern wollten einen eher ungewöhnlichen Namen", sagte Christensen gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk. "Die Genehmigung war gar nicht so einfach, aber jetzt steht er in meinem Pass."

Der deutsche Tiger Christensen schlägt am ersten Tag der Open Royal Liverpool
Tiger Christensen gilt als eines der größten deutschen GolftalenteBild: David Davies/empics/picture alliance

Der 19-jährige aus Hamburg gab im Juli 2023 sein Major-Debüt bei den 151. British Open in Liverpool. Bei den Majors handelt es sich um die wichtigsten vier Turniere des Jahres, ähnlich wie die Grand-Slams im Tennis. Zwar scheiterte Christensen dort bereits am sogenannten Cut, dem Schnitt, der nach den ersten beiden von insgesamt vier Runden bei der Teilnehmerzahl gemacht wird, doch der Zukunft sieht er optimistisch entgegen.

"Ich sehe mich und mein Spiel eigentlich ziemlich sicher hier auf dem Niveau irgendwann", sagte er am Rande des Turniers gegenüber der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: "Am Ende meiner Karriere möchte ich so viele Majors gewonnen haben wie möglich."

Golf-Fans in Deutschland dürfen also durchaus zuversichtlich sein, dass sie nicht erneut neun Jahre auf einen weiteren PGA-Tour-Sieg warten müssen.