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Generalbundesanwalt Range entlassen

4. August 2015

Im Konflikt um das Vorgehen in der "Netzpolitik"-Affäre hat Bundesjustizminister Heiko Maas Generalbundesanwalt Harald Range in den Ruhestand versetzt. Ein Nachfolger ist bereits benannt.

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Generalbundesanwalt Harald Range (Foto: dpa)
Generalbundesanwalt Harald RangeBild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Justizminister Heiko Maas (SPD) kündigte nach schweren Vorwürfen von Range gegen die Bundesregierung an, der Generalbundesanwalt werde wegen Vertrauensverlustes in den Ruhestand versetzt. Das sei mit dem Kanzleramt von Angela Merkel (CDU) abgesprochen und solle unverzüglich beim Bundespräsidenten beantragt werden. Als Nachfolger an der Spitze der Bundesanwaltschaft schlug Maas den Münchner Generalstaatsanwaltschaft Peter Frank vor.

Range hatte Maas am Dienstagmorgen politische Einflussnahme auf die Justiz im Zuge der Ermittlungen gegen zwei Blogger von Netzpolitik.org vorgeworfen. Er habe Anweisung bekommen, ein externes Gutachten sofort zu stoppen und den Auftrag zurückzuziehen, sagte er in Karlsruhe: "Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz." Er sei der Weisung aber nachgekommen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Justizminister Heiko Maas (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Justizminister Heiko MaasBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Widersprüchliche Äußerungen zum Gutachten

Der externe Sachverständige sei in einer vorläufigen Bewertung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den am 15. April veröffentlichten Dokumenten tatsächlich um ein Staatsgeheimnis handele. Diese Bewertung habe er dem Ministerium am Montag "unverzüglich" mitgeteilt. Daraufhin habe er die Weisung erhalten.

Maas erklärte nun: "Die Äußerungen und das von Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck." Es sei mit ihm am Freitag gemeinsam die Rücknahme des Gutachtenauftrags verabredet worden – und zwar ohne Kenntnis des möglichen Inhalts. Das Vertrauen in Ranges Amtsführung sei "nachhaltig gestört".

Externes Gutachten sollte Netzwerk-Informationen prüfen

Netzpolitik.org hatte im Februar und April über Verfassungsschutz-Pläne berichtet, Online-Netzwerke stärker zu überwachen. Dazu stellten die Journalisten vertrauliche Unterlagen ins Netz. Der Verfassungsschutz erstattete Anzeige. Range leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen die zwei Redakteure ein. Die Ermittlungen Ranges wurden vielfach als Angriff auf die Pressefreiheit gerügt und waren auch in der Öffentlichkeit heftig kritisiert worden. Offenbar war auch Maas über die Ermittlungen unterrichtet worden und hatte Bedenken geäußert. Range ließ die Ermittlungen zunächst ruhen und gab das externes Gutachten in Auftrag, um zu prüfen, ob es sich bei den Netzpolitik-Informationen tatsächlich um Staatsgeheimnisse handelt.

Auch Maas in der Kritik

Maas ging bereits am Freitag auf Distanz zu seinem Chefermittler. Merkel ließ am Montag ihre ausdrückliche Unterstützung für Maas mitteilen.

Dagegen zeigte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach Verständnis für Range: "Die ministerielle Weisung, das bereits in Auftrag gegebene Gutachten auf halbem Weg zu stoppen, ist nicht unproblematisch", sagte er der "Welt". Der Deutsche Richterbund (DRB) erklärte, Maas untergrabe das Vertrauen der Öffentlichkeit in objektive Strafverfolgung.

Die Grünen bezeichneten Range nun als "Bauernopfer" und kritisierten seine Entlassung als unzureichend. "Jetzt muss alles auf den Tisch", erklärte der Vize-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz. Nach Ranges Rauswurf müsse sich die Aufklärung jetzt auf Maas, Verfassungsschutzpräsident Maaßen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fokussieren. "Ausgeheckt wurde der inakzeptable Angriff auf die Pressefreiheit mit der haltlosen Begründung eines angeblichen Landesverrates im Bundesamt für Verfassungsschutz", sagte Notz. Hinter dem "Fiasko" zwischen Justizministerium und Bundesanwaltschaft "darf sich das Bundesinnenministerium mit seiner eigenen Verantwortung nicht verstecken".

Linksparteichef Bernd Riexinger sagte, falls die Regierung nicht ihren Teil zur Aufklärung der Affäre beitrage, werde man über einen Untersuchungsausschuss nachdenken müssen.

Der Neue

Der nun von Bundesjustizminister Maas für den Posten vorgeschlagene Peter Frank hat eine steile Karriere in der bayerischen Justiz hinter sich. Er war erst Anfang März mit gerade einmal 46 Jahren als neuer Münchner Generalstaatsanwalt in sein Amt eingeführt worden.

Generalstaatsanwalt Peter Frank (Foto: dpa)
Peter Frank war erst vor wenigen Monaten Generalstaatsanwalt in München gewordenBild: Bayerisches Staatsministerium der Justiz/dpa

Frank hatte seine Justizkarriere 1995 im bayerischen Justizministerium begonnen und danach Stationen als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München, in der Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund sowie als Richter am Landgericht München absolviert. Nach der Rückkehr zum bayerischen Justizministerium im November 2006 war er dort unter anderem in der Personalabteilung eingesetzt, deren Leiter er nach einer kurzen Übergangszeit als Richter am Oberlandesgericht München (2010/2011) schließlich wurde.

chr/stu (dpa, afp)