Furcht vor Assads Rache
19. Juli 2012Präsident Baschar al-Assad verliere die Kontrolle, das Fenster für das Regime schließe sich, sagte ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama in Washington zu dem spektaklulären Attentat vom Mittwoch (18.07.2012) in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Bei dem Anschlag wurden Assads Schwager Asef Schawkat, Verteidigungsminister Daud Radscheha sowie dessen Amtsvorgänger Hassan Turkomani getötet. Schawkat war zuletzt stellvertretender Kommandeur der Streitkräfte. Als ehemaliger Militärgeheimdienstchef und früherer stellvertretender Generalstabschef für Sicherheitsangelegenheiten galt er als eine der meistgehassten Persönlichkeiten des Staatsapparats.
Der syrische Innenminister Mohammed Ibrahim al-Schaar und Geheimdienstchef Hischam Bachtijar wurden nach Angaben amtlicher Medien schwer verletzt. Die Regimegrößen waren zu einer Krisenkonferenz über die Eskalation der Kämpfe mit den Aufständischen zusammengekommen.
Assad hatte nach Agenturberichten an dem Treffen nicht teilgenommen. In oppositionellen Kreisen in Damaskus hieß es, der Staatschef habe seine Familie unmittelbar nach dem Anschlag in seine Heimatstadt Kardaha im Nordwesten des Landes bringen lassen. Er selbst sei in Latakia am Mittelmeer.
Zu dem Anschlag bekannten sich sowohl die "Freie Syrische Armee" als auch die islamistische Gruppe "Liwa al-Islam". Ein Sprecher der Freien Syrischen Armee, in der sich desertierte Soldaten und andere bewaffnete Oppositionelle lose zusammengeschlossen haben, hatte am Dienstag eine "Schlacht zur Befreiung" von Damaskus angekündigt. Nach dem Anschlag kam es in der syrischen Hauptstadt zu neuen schweren Kämpfen. Aktivisten meldeten Gefechte in mehreren Stadtteilen, vor allem im Süden von Damaskus. Angaben über mehr als 200 Todesopfer ließen sich nicht überprüfen.
International macht sich Sorge breit, die Lage könne noch weiter eskalieren, Armee und Assad-Schergen möglicherweise massiv Vergeltung üben. Erklärungen einzelner Militärs deuteten bereits darauf hin. Pentagon-Chef Leon Panetta warnte vor einem großen Chaos. Auch aus Paris und London waren entsprechende Befürchtungen zu hören. In Deutschland sagte zum Beispiel der CDU-Außenexperte Ruprecht Polenz, statt einer Deeskalation sehe "jetzt alles danach aus, dass der Konflikt einem weiteren Höhepunkt entgegentreibt".
Am Donnerstag wurden aus mehreren Stadtteilen in und um Damaskus wieder Kämpfe gemeldet. Auch Wohngebiete sollen wieder unter Feuer gelegen haben...
wl/re/sc (dpa, rtr, afp, dapd)