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Europa vor 40.000 und vor 400.000 Jahren– was Fossilienfunde verraten

21. Oktober 2013

Welche wichtigen Erkenntnisse die Erforschung der letzten Eiszeit für Gegenwart und Zukunft liefern kann - dazu ein Gespräch mit Dr. Gottfried Böhme, Paläontologe am Museum für Naturkunde in Berlin.

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DW:
Herr Böhme, was bedeuten Fossilienfunde für die Wissenschaft, was können wir von solchen Fossilien heute lernen?


Dr. Gottfried Böhme:
Wir können erkennen, wie die Fauna zu der Zeit, als die Ablagerungen entstanden sind, zusammengesetzt war. Mammute, Wollnashörner und viele andere eiszeitliche Tiere haben damals dort gelebt und in diesem Zeitraum war es wesentlich kälter. Aber wie kamen die Tiere in dieses Gebiet, das heute von der Nordsee überflutet ist? In den Kaltphasen war sehr viel Wasser in Eis gebunden, so dass der Meeresspiegel wesentlich tiefer lag und dieses Gebiet Festland war und die Tiere dort einfach existieren konnten, auf dem Gebiet der heutigen Nordsee.



Kann man auch Rückschlüsse daraus ziehen, wie die Lebensräume von Mammut und Co. damals aussahen?



Nur aus den Knochen heraus kann man das natürlich nicht. Aber man kennt die vielen Funde aus Sibirien und weiß, dass Mammute in einem Gebiet gelebt haben, das sehr stark von den polaren Klimagebieten abhängig war. Heute würde man das als Tundra und Taiga bezeichnen. Das sind zum Beispiel die Gebiete im Norden Sibiriens, die aber während dieser eiszeitlichen Kaltphasen auch hier in Mitteleuropa so existierten.


Also viele kalte Steppen? Sie selber haben an Land nach Fossilien gesucht und ganz alte Elefantenknochen gefunden. Was konnten Sie an diesen Elefantenknochen herausfinden?


Es war eine Fundstelle in Merseburg, Neumark-Nord. Dort sind im Rahmen der Arbeiten an den Braunkohletagebauen viele Funde gemacht worden, insbesondere durch Archäologen. Und insbesondere an dieser Fundstelle sind dutzende von vollständigen Elefantenskeletten zum Vorschein gekommen.


Und was konnten Sie von diesen alten Skeletten lernen?



Das war eine ganz andere Elefantenart als die Mammute. Es waren Waldelefanten, die zeigten, dass Mitteleuropa in dieser Zeit, so vor etwa 300- bis 400.000 Jahren von Laubwäldern bedeckt war, in denen diese Elefanten existierten. Und auch im Zusammenhang mit den anderen Funden, die an dieser Fundstelle gemacht wurden, kann man dann den gesamten Lebensraum zu dieser Zeit untersuchen. Es ist vor allem deshalb interessant, weil da auch Werkzeuge von Menschen gefunden wurden. Diese Menschen haben damals schon die Elefanten zerlegt und zum Beispiel die Stoßzähne gesammelt.


Die ersten Jäger waren sozusagen auch schon da. Was hilft uns denn dieses Wissen von damals für heute?


Über heute sagt das natürlich erst mal wenig aus. Es zeigt uns vor allen Dingen, wie sich das hier in Europa historisch entwickelt hat. Daraus Schlussfolgerungen zu ziehen mit Blick auf die zukünftige Entwicklung, das ist sehr problematisch.