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Europa Hautnah

Susanne Henn, Deutsche Welle9. Februar 2007

In der Europäischen Union gibt es über 30 dezentrale Agenturen, wovon die ersten bereits in den 70er-Jahren gegründet wurden. Eine davon ist die Europäische Umweltagentur in Kopenhagen.

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Bild: AP

Die Europäische Umweltagentur ist eine der so genannten "Gemeinschaftsagenturen". Sie hat die Aufgabe, zuverlässige und unabhängige Informationen über die Umwelt bereitzustellen.

Mangelnder Bekanntheitsgrad

"Wenn man Menschen auf der Straße fragt: Kennen Sie die Europäische Umweltagentur? Dann ist eine typische Antwort: Nein, aber es sollte eine geben", sagt Jacqueline Mc Glade, die Direktorin der Europäischen Umweltagentur, nur halb im Scherz, wenn sie über den mangelnden Bekanntheitsgrad ihrer Arbeitsstätte spricht. Die Britin und ihre Belegschaft arbeiten weit entfernt von den Brüsseler Politikern und Journalisten - in Kopenhagen.

Aber nicht einfach irgendwo in Kopenhagen: Ein altehrwürdiges Gebäude am Königlichen Neuen Markt beherbergt die 1990 gegründete Agentur. Von hier aus genießt man eine schöne Aussicht auf den größten und wichtigsten Platz der Stadt, von dem sternförmig ein gutes Dutzend Straßen wegführen. Unmittelbar in der Nachbarschaft liegen unter anderem das Königlich Dänische Theater, das historische Hotel D'Angleterre und das Schloss Charlottenborg.

Im Auftrag der Umwelt

Wie viele der Mitarbeiter, kommt Axel Volkery heute morgen mit dem Rad zur Arbeit. Vor der Tür trifft der Deutsche seine italienische Kollegin Ursula. Die beiden teilen sich ein Büro. "Dadurch ist man natürlich wieder in ganz interessanten Lernprozessen drin. Weil sie natürlich als Italienerin ganz viele Dinge anders sieht als ich als Deutscher und man voneinander ganz viele Dinge neu lernt und entdeckt", erzählt der 32-Jährige.

Ursula Montone ist ebenfalls 32 und vom italienischen Umweltministerium für einige Jahre nach Kopenhagen entsandt worden. Trotz der kalten Winter in Nordeuropa ist sie gerne hier. "In der Agentur zu arbeiten, ist eine tolle Herausforderung. Im italienischem Umweltministerium hatte ich zwar auch mit internationalen Angelegenheiten zu tun, aber immer aus der italienischen Perspektive. Die Arbeit in einer internationalen Organisation ist etwas ganz anderes, sehr anregend und auch eine Bereicherung."

Internationale Atmosphäre

Im Inneren des Gebäudes gibt es hohe Decken, lange Flure, und - zum Fitbleiben - viele Stufen. Mit Schildern an den Aufzugtüren werden die Angestellten zum Treppensteigen animiert. Die Atmosphäre ist international, und das Engagement der Umweltagentur geht über die EU-Grenzen hinaus: "Wir haben 32 Mitgliedsstaaten und wir arbeiten auch mit allen Balkanstaaten zusammen, so dass wir es täglich mit 39 Ländern zu tun haben", sagt Direktorin Jacqueline McGlade.

Neben allen 27 EU-Staaten sind auch noch Island, Norwegen, Liechtenstein, die Schweiz und die Türkei Mitglieder der Europäischen Umweltagentur. Dass die Agentur auch Nicht-EU-Mitglieder offen steht, ist sinnvoll, sagt Jacqueline McGlade: "Wir haben zwei Hauptaufgaben. die eine ist, über den Umweltzustand in ganz Europa zu berichten, wo wir die einzelnen Länder betrachten und dann übergreifend schauen, wie es mit der Qualität von Wasser, Luft und Land aussieht. Und dann haben wir auch mehr und mehr die Aufgabe, ein Netzwerk von Forschern, Forschungszentren und Ministerien zu unterstützen."

Öffentlichkeit erreichen

Die Berichte gehen zum Beispiel an das Europaparlament oder sind Grundlage für Diskussionen mit der EU-Kommission. Weitere Kunden der Agentur neben Parlament und Kommission sind der Europäische Rat unter wechselnder Präsidentschaft und die Mitgliedsstaaten. Den Bürgern wird die Arbeit der Umweltagentur vor allem über das Internet zugänglich gemacht - in 25 Sprachen.

Trotzdem ist es nicht leicht, die Öffentlichkeit zu erreichen, sagt Axel Volkery: "Weil wir doch sehr spezifische Assessments der europäischen Umweltsituation machen, die dann auf der europäischen Ebene von Fachleuten zur Kenntnis genommen werden, aber zum Beispiel in den nationalen Medien gar nicht so viel Anklang finden. Da ist es dann eher von Wichtigkeit, was Umweltministerien oder Umweltbehörden zum Beispiel in Deutschland sagen."

Kein Kontroletti

In Spitzenmonaten erreicht die EEA-Website 100.000 Nutzer. Den meisten EU-Bürgern ist die genaue Arbeitsweise der Umweltagentur trotzdem nicht bekannt: "Der einzige falsche Eindruck, der bei Leuten entsteht, die von uns schon mal gehört haben, ist der, dass wir herumgehen und Bußgelder oder Lizenzen verteilen. Das machen wir nicht! Die EU-Kommission prüft die Einhaltung von Gesetzen. Wir kontrollieren die Informationen, aber nicht die Staaten."

Die Mitarbeiter der Umweltagentur stehen vor der Herausforderung, immer ein paar Schritte voraus zu sein, immer dann, wenn ein bestimmtes Umweltthema auf die politische Agenda kommt, die entsprechenden Daten und Statistiken schon vorliegen zu haben. Daran arbeiten auch Axel Volkery und Ursula Montone.

Bitte denken Sie an die Umwelt...

Innerhalb der Agentur läuft die Kommunikation meist auf Englisch. Dänisch können die Mitarbeiter der Agentur nach der Arbeit lernen, im Abendkurs - das macht die Integration leichter, sagt Axel Volkery: "Ich wohne zum Beispiel mit zwei Dänen zusammen. Daraus ist eine richtige Freundschaft entstanden, durch díe man einen ganz anderen Zugang zum Land bekommt, weil ich durch meine Mitbewohner auch andere Dänen kennen lerne."

Bevor er sich auf den Nachhauseweg macht, schickt Volkery noch schnell eine umweltpolitisch korrekte E-Mail: Dafür sorgt schon die automatisch generierte Fußzeile: "Bitte denken Sie an die Umwelt, bevor Sie diese E-Mail ausdrucken!"