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Wenig Geduld mit Griechenland

Bernd Riegert11. Februar 2015

Showdown in Brüssel: Die Euro-Gruppe verlangt vom griechischen Finanzminister klare Vorschläge und Reformkonzepte. Sonst wird der Geldhahn wohl zugedreht. Bernd Riegert berichtet aus Brüssel.

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Belgien, Wolfgang Schäuble
Erst einmal zuhören: Wolfgang Schäuble beim Krisentreffen mit Griechenland in BrüsselBild: DW/B. Riegert

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis sagte zu Beginn des Sondertreffens der Euro-Gruppe nur, er hoffe auf konstruktive Gespräche. Dann huschte er durch die Tür. Die meisten anderen Minister, die den Reportern am Eingang des EU-Gebäudes Rede und Anwort standen, stellten vor allem eine Frage: "Was wollen die Griechen?" Der irische Finanzminister Michael Noonan bemängelte, dass es vor der Sondersitzung so gut wie keine Informationen oder Unterlagen gegeben habe. "Sie sind zwar durch europäische Hauptstädte gereist, aber sie haben überall etwas anderes erzählt", kritisierte Noonan. Eine vorbereitende Arbeitsgruppe der Euro-Staaten, die am Sonntag getagt hatte, brachte keine Annäherung.

Von dem 10-Punkte-Programm zur Sanierung Griechenlands, das Yanis Varoufakis angeblich präsentieren wollte, wusste der litauische Finanzminister Rimantas Sadzius nichts. Gerüchten zufolge will die griechische Regierung 70 Prozent der Sparauflagen der Kreditgeber erfüllen und 30 Prozent durch eigene Vorschläge ersetzen. "Was soll das sein?", fragte der litauische Finanzminister Sadzius. Die Griechen müssten jetzt erst einmal die Karten auf den Tisch legen. Auch anderen Ministern war eine gewisse Verärgerung über den Tonfall der griechischen Regierung in den letzten Tagen anzumerken. Der österreichische Finanzminister Johann Georg Schelling forderte die Links-Rechts-Koaltion in Griechenland auf, sich an die vereinbarten Regeln in der Euro-Zone zu halten. "Spielregeln können auch durch ein Wahlergebnis nicht einfach aufgehoben werden. Die Provokationen sollten ein Ende haben, wir sollten auf der sachlichen Ebene weiter diskutieren", regte Schelling an. Er sei ja zu Lösungen bereit, aber der griechische Kollege müsse nun endlich konkrete Vorschläge und Anträge auf den Tisch legen.

Mario Draghi
Viele Fragen an Griechenlands Finanzminister VaroufakisBild: Reuters/Remo Casilli

Griechen wollen mehr Zeit, aber wofür?

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hatte unter anderem in einem Interview mit der Deutschen Welle gesagt, Griechenland brauche mehr Zeit und eine Art Brückenfinanzierung, bis im Sommer ein neuer Sanierungsplan ausgearbeitet sei. Er forderte Verhandlungen mit der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte in Brüssel dazu: "Wenn Griechenland das wünscht, kann man natürlich mit den drei Institutionen, die man nicht mehr Troika nennen soll, aber es sind die drei Institutionen, Verhandlungen führen. Das ist klar. Das war immer so. Aber wenn wir aus dem Programm rausgehen, sind wir ganz gespannt, was Griechenland für Vorstellungen hat." Bis Ende Februar läuft noch das zweiten Griechenland-Rettungsprogramm.

Zahlungsunfähig! Na und?

Insgesamt sind fast 240 Milliarden Euro seit 2010 an günstigen Hilfskrediten ausgezahlt worden. Die Euro-Gruppe hatte eine Verlängerung dieses Progamms angeboten, was die griechische Regierung aber bislang abgelehnt hat. Sie will die Bedingungen, die mit diesen Krediten verbunden waren, nicht mehr erfüllen. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jereon Dijsselbloem, rief die Griechen dazu auf, den bisherigen Reformkurs beizubehalten. Griechenland habe im letzten Jahr ein bescheidenes Wirtschaftswachstum und einen Überschuss im Haushalt erzielt. "Es ist entscheidend für Griechenland, auf diesem Pfad zu bleiben. Wie das geht, werden wir heute besprechen." Der für Währungsfragen zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici erinnerte die griechische Regierung daran, dass nicht nur sie Forderungen und eine Meinung habe. "Sie müssen anerkennen, dass auch die Euro-Gruppe einen kollektiven Willen hat, der respektiert werden muss." Er hoffe auf eine ruhige Diskussion, so Moscovici.

Keine Ergebnisse erwartet

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der schon in Berlin mit dem griechischen Finanzminister Varoufakis lange gesprochen hatte, dämpfte die Erwartungen an das Treffen in Brüssel. "Ich erwarte nicht, dass wir heute irgendwelche Ergebnisse haben, aber vielleicht setzen wir ein Verfahren auf. Das werden wir sehen. Das hängt davon ab, was er uns sagt." Am Donnerstag wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union neben der Ukraine-Krise auch mit den Finanzen Griechenlands beschäftigten. Am kommenden Montag tritt die Euro-Gruppe, zu der 19 Staaten mit der Gemeinschaftswährung gehören, bereits erneut zusammen. Dann müsse irgendwas entschieden werden, deutete Euro-Gruppen-Chef Dijsselbloem an. Sonst sei es schwer, die Hilfsprogramme für Griechenland noch vor deren Auslaufen am Monatsende vorläufig zu verlängern.

Finanzminister Hans Jörg Schelling in Wien
Der starke Mann im Hintergrund: EZB-Chef DraghiBild: DW/B. Riegert

Griechenland hängt am Tropf der EZB

Die Europäische Zentralbank akzeptiert seit heute keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für Kredite an griechische Banken. Die Banken sind jetzt von Notfall-Krediten der griechischen Zentralbank abhängig, die die EZB aber jederzeit stoppen kann. Die griechischen Finanzen sind damit fast vollständig vom Wohlwollen von EZB-Präsident Mario Draghi abhängig, der auch nach Brüssel geeilt war. Draghi nahm, wie auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, an der Sitzung der Eurogruppe teil. Damit saß dem griechischen Finanzminister die gesamte politische Spitze der in Griechenland vielgeschmähten Troika gegenüber. In Brüssel stellte man sich auf eine lange Nachtsitzung ein.