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Die kleinste UNO-Behörde der Welt

Haiye Cao 28. Januar 2003

Sie sind klein und zählen in Europa zu den bedrohten Tierarten: Die Fledermäuse. Die Vereinten Nationen unterhalten ein eigenes Sekretariat in Bonn für die Fledermäuse. Es ist die weltweit kleinste UN-Behörde.

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Fliegt nachts - unter dem Schutz der UNO: die FledermausBild: AP

Beim Stichwort UNO-Behörde denken die meisten unmittelbar an Bürokratie oder Hierarchie. Beides sucht man im UN-Sekretariat zum Schutz der europäischen Fledermaus vergebens. Schließlich arbeiten hier im Moment lediglich Andreas Streit, der Exekutiv-Sekretär, und seine Assistentin. Das Fledermaus-Sekretariat hat sein Büro im UNO-Gebäude in Bonn direkt am Rhein. Mit anderen UNO-Behörden, darunter das Sekretariat zum Schutz der Kleinwale von Nord- und Ostsee, das eben so winzig ist, teilt es das Haus und die Infrastruktur.

Fledermausprobleme auf UNO-Ebene

International Bat-Conservation in Europe Logo Fledermaus
Internationaler Schutz für Fledermäuse

Das Sekretariat kümmert sich um die 37 Fledermausarten, die in Europa vorkommen. Weltweit gibt es zwar mehr als 1.100 Fledermausarten. Wegen der Vielfalt und der großen regionalen Unterschiede der Tiere aber ist ein globales Abkommen zu ihrem Schutz nicht geeignet. "Weil die Arten auf den verschiedenen Kontinenten viel zu unterschiedlich sind und auch deren Probleme", so Andreas Streit. "Deshalb ist unser europäisches Fledermaus-Abkommen eine Art Prototyp. Wir haben jetzt damit begonnen, im Rahmen der globalen Konvention auf ähnliche Abkommen in anderen Regionen der Welt, anderen Kontinenten - eher aber Regionen wie zum Beispiel Asien, Südamerika oder das südliche Afrika - hinzuarbeiten."

Wie bei den meisten wildlebenden Tieren ist der Lebensraum der Fledermäuse vom Menschen bedroht. Die Verwendung von Pestiziden vergiftet die Nahrung von Fledermäusen und Holzschutzmittel machen den fliegenden Jägern bei der Suche nach einer geeigneten Behausung zu schaffen: "Fledermausschutz ist immer auch Natur- und Artenschutz in einem viel breiteren Sinne. Das ist sicherlich auch einer der Gründe, warum unser Abkommen so erfolgreich ist, so viel Regierungen schon inzwischen dem Abkommen beigetreten sind und viele andere gerade ihren Beitritt vorbereiten."

Europaweite Abkommen geplant

Das Abkommen zum Schutz der europäischen Fledermaus ist im Jahre 1994 in Kraft getreten. Nachdem sich die Zahl der Unterzeichnerstaaten in den vergangenen vier Jahren verdoppelt hat, gilt das Abkommen zur Zeit für 26 Länder Europas. Und UNO-Exekutiv-Sekretär Andreas Streit ist optimistisch, dass die Zahl der Mitgliedsstaaten noch in diesem Jahr 30 überschreiten wird.

Die Aufgabe des Sekretariats liegt in erster Linie darin, die Kontakte der Mitgliedsstaaten zu koordinieren, Konferenzen zu organisieren und den Beitritt neuer Mitglieder vorzubereiten. Für die Umsetzung des Abkommens sind jedoch die Regierungen der Vertragsstaaten verantwortlich. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, regelmäßig Bericht über den Fledermausschutz zu erstatten und den Bestand der Fledermäuse zu erhalten bzw. zu erhöhen.

PR für die Fledermaus

Öffentlichkeitsarbeit für die Fledermaus stellt einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit dar. Ein erfolgreiches Instrument ist die "europäische Fledermaus-Nacht", die jährlich unter der Schirmherrschaft des Sekretariats stattfindet. Naturschutzgruppen organisieren in dieser Nacht für eine breite Öffentlichkeit Veranstaltungen: Ausstellungen, Aktivitäten für Kinder, aber vor allem Exkursionen. Dabei haben die Teilnehmer Gelegenheit, unter sachkundiger Führung Fledermäuse zu beobachten und sie mit Hilfe von speziellen Geräten im Dunkeln zu "hören".

Seit sechs Jahren gibt es diese Veranstaltung, und Jahr für Jahr wächst das Interesse. Andreas Streit ist selbst über den Erfolg erstaunt. Wegen des wachsenden Umfangs der Arbeit versucht der Experte, noch einen dritten Mitarbeiter für seine Minibehörde zu gewinnen. Die Entscheidung wird natürlich anderswo getroffen, und man wird sehen, wie lange das Fledermaus-Sekretariat noch die kleinste UNO-Behörde bleibt.