1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die australische Option? Ist keine.

11. Dezember 2020

Mit Blick auf die Beziehungen zur EU nach dem Brexit ist von Seiten der britischen Regierung nun vermehrt von einer "australischen Lösung" die Rede. Das klingt besser als "no deal" - meint aber das Gleiche.

https://p.dw.com/p/3mZgk
Australien Waldbrände Koalabären
Bild: Loren Elliott/Reuters

Der britische Premierminister Boris Johnson konnte diese Woche gar nicht deutlich genug werden: "Ich denke, wir müssen uns sehr, sehr klar darüber sein, dass es nun eine hohe Wahrscheinlichkeit - eine hohe Wahrscheinlichkeit - gibt, dass wir eine Lösung haben werden, die eher der australischen Beziehung mit der EU entspricht als der kanadischen." Da waren gerade die letzten Versuche im Scheitern begriffen, eine Einigung mit der EU auf höchster Ebene herbeizuführen.

Eine schlichte Information macht deutlich, worum es Johnson vor dem heimischen Publikum mit dieser "australischen Lösung" gehen dürfte: Australien hat mit der EU kein Handelsabkommen.

Waren aus australischer Produktion sind in Geschäften in England zu finden, Australien gehört zum britischen Commonwealth - die Botschaft Johnson zielt also offenbar auf Beruhigung. Und doch bietet die Australien-Bemerkung nicht einmal eine halbe Wahrheit.

Eine Billionen zu 27 Milliarden

Der Handel Großbritanniens mit der EU, der ab dem 1. Januar ohne einen Ausstiegsvertrag nur noch nach den Zoll-Regeln der Welthandelsorganisation WTO ablaufen wird, hat ein Volumen von rund eine Billion Euro. Auf der anderen Seite sieht es nach den sprichwörtlichen Peanuts aus: Australien exportierte im vergangenen Jahr Waren im Wert von etwas mehr als 27 Milliarden Euro in die EU.  

Und: Australien verhandelt seit dem Juni 2018 mit der EU über einen umfassenden Freihandelsvertrag. Zu einzelnen Aspekten der gegenseitigen Beziehungen gibt es bereits seit Längerem Vereinbarungen, allerdings betreffen die Bereiche wie Krisenmanagement, Austausch von Passagierdaten oder den Weinhandel. Wann aber ein breitgefasster Handelsvertrag steht, wie ihn die EU anstrebt, ist offen. Derzeit, so heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Union, "haben EU-Unternehmen weniger günstiger Zugangsbedingungen zum australischen Markt als viele andere". Das soll der erwünschte Vertrag ändern.

EU Brexit-Verhandlungen in Brüssel
Wo lang? Letzte Versuche zwischen London und der EU: Boris Johnson und Ursula von der LeyenBild: Aaron Chown/AFP

"Stärker als je zuvor"

Alles in allem hat die EU bisher Handelsvereinbarungen mit 69 Ländern geschlossen, der jüngste Vertrag wurde in diesem Jahr mit Japan unterzeichnet. Einen solchen Vertrag hat Brüssel 2017 auch mit Kanada geschlossen (genannt CETA). Die damalige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström lobte den Vertrag nach einem Jahr als erfolgreiche Vereinbarung: "Zusammen stehen wir für eine offene und regelbasierte internationale Handelsordnung." Die Partnerschaft mit Kanada sei "stärker als je zuvor".

Das wird sich ab dem 1. Januar mit Sicherheit nicht mehr für die Handelsbeziehungen der EU zu Großbritannien sagen lassen, das bislang eine wichtige Position im Gemeinsamen Markt Europas einnahm. Der frühere australische Regierungschef Malcolm Turnball bezeichnete die Lage seines Landes im Blick auf die EU in dieser Woche übrigens als wenig befriedigend. Australien sehe sich in Europa einer großen Anzahl von Handelsbarrieren gegenüber. "Australiens Beziehungen mit der EU in Handelsfragen", so Turnball am Donnerstag in der BBC, "sind nicht so, dass Großbritannien sich die wirklich wünschen würde. "

ar/hb (rtr, ap – Archiv)