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"Die Amerikaner brauchen die Europäer"

Michael Knigge12. Dezember 2003

Wird die Nato durch die Sicherheitspolitik der EU ausgehöhlt? Vize-NATO-Oberbefehlshaber für Europa Admiral Rainer Feist gibt im DW-WORLD-Interview Antworten.

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Irak-Krieg und EU-Militärpläne: Turbulente Zeiten für die NATO

"Der Irak-Krieg hat gezeigt, dass die Amerikaner die Europäer brauchen", meint der deutsche Admiral Feist. "Ich glaube keine Nation der Welt, selbst eine Weltmacht ist nicht in der Lage alle Probleme dieser Welt alleine zu schultern." Daher sei es wichtig, dass es Organisationen wie die NATO, die EU, aber auch Kooperationen wie Partnerschaft für den Frieden gebe.

EU plant eigene Verteidigungspolitik

Am Freitag (12.12.) verabschiedeten die Staats- und Regierungschef der EU ein Strategiepapier zur künftigen Sicherheitspoltik der EU. Danach richtet die EU eine eigene Planungszelle beim militärischen Hauptquartier SHAPE der NATO ein. Diese europäischen Stabsoffiziere sollen Militäreinsätze der EU planen und leiten. Auf Druck der führenden NATO-Macht USA und Großbritanniens waren weitergehende Pläne beerdigt worden.

Der Aufbau militärischer Kapazitäten durch die EU stellt Feist zufolge keine Schwächung der NATO dar. "Die NATO bleibt schlicht und einfach das Fundament unserer Sicherheit", erklärt Feist. "Ohne die Brücke über den Atlantik wird Europa nicht in der Lage sein, seine Sicherheit auf Dauer zu gewährleisten. Die NATO ist ein Bündnis, das alle Arten von gutem und schlechtem Wetter erlebt hat und diese Brücke ist dadurch nicht beschädigt worden". Deshalb stehe die Zukunftsfähigkeit der NATO auch nicht in Frage.

Künftige Zusammenarbeit

Zur künftigen Zusammenarbeit zwischen NATO und EU meint Feist: "Es ist ein derartig enger Austausch zwischen beiden Organisationen, dass man wirklich optimistisch sein kann. Und wenn die USA wollen - was sie immer wieder gesagt haben und was auch richtig ist - wenn sie wollen, dass die Europäer wirklich ihre Kräfte bündeln und das Geld, das sie ausgeben, gemeinsam und zielgerichteter ausgeben als zur Zeit, dann kann das nur gut sein."

Feist selber verkörpert den Spagat zwischen Nato und EU: Er ist nicht nur stellvertretender NATO-Oberbefehlshaber für Europa, sondern hatte den ersten EU-Militäreinsatz geleitet. Beides sei gut zu vereinbaren, betont er. "Natürlich habe ich zwei Hüte auf, aber ich habe mit beiden Hüten überhaupt keine Schwierigkeiten." NATO und EU verfügten über ähnliche Organisationsformen und seien in der Lage politische Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung zu übernehmen. Die Nutzung der Militärstruktur der NATO durch die EU sei problemlos möglich und sinnvoll, da diese Struktur völlig unpolitisch und effizient sei.

Zur Diskussion über die Debatte um die Wehrpflicht in Deutschland äußerte sich Feist zurückhaltend. "Die Wehrform muss jedes Land für sich alleine entscheiden." Feist bezeichnete sich persönlich als Anhänger der Wehrpflicht. "Man kann fast fragen, ist ein Wort was mit Pflicht endet, in dieser Gesellschaft noch zeitgemäß? Für mich ist es eine zeitgemäße Wehrform, ja."