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Deutsche Wirtschaft bleibt skeptisch

13. Juli 2015

Trotz der Einigung auf ein neues Hilfsprogramm: Die deutsche Wirtschaft und führende Ökonomen halten den Schuldenstreit mit Griechenland noch lange nicht für gelöst. Sie warnen vor Insolvenzverschleppung.

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Symbolbild Hilfe für Griechenland
Bild: picture-alliance/dpa/Ohlenschläger

Im Sinne von Lutz Goebel ist die Einigung auf ein neues Hilfsprogramm für Griechenland ganz und gar nicht: "Die europäischen Steuerzahler werden wieder einmal genötigt, für viel Geld ein bisschen Zeit zu erkaufen", sagte der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist Insolvenzverschleppung. Griechenland wird seine Schulden nie zurückzahlen können. Es wird nur weiteres Geld ins Feuer geworfen."

Der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht zumindest "einen ersten Hoffnungsschimmer" - so Präsident Eric Schweitzer. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bewertet die Übereinkunft ebenfalls nicht als endgültigen Durchbruch. "Es wäre verfrüht, die Einigung als einen Erfolg anzusehen", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. "Es ist lediglich ein erster Schritt, die wirtschaftliche Abwärtsspirale Griechenlands aufzuhalten." Ökonomen von Banken sehen das ähnlich. "Die Kuh ist nicht vom Eis, aber das Eis ist dicker geworden", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. "Es wird nicht leicht sein, diese Einigung umzusetzen - insbesondere für die griechische Seite."

"Euro-Raum ist tief gespalten"

Die harten Verhandlungen hätten die Risse zwischen den Euro-Ländern deutlich gemacht, urteilte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Der Euro-Raum sei tief gespalten: "Deutschland und die nordosteuropäischen Länder wollen eine Währungsunion nach dem Maastricht-Vertrag, der auf solide Staatsfinanzen, Marktwirtschaft und eine unabhängige Zentralbank setzt. Dagegen wollen die südlichen Länder unter Führung Frankreichs eine Währungsunion ohne konsequente Haushaltsregeln und eine Zentralbank, die nach der Pfeife der Politiker tanzt." Dies werde die Europäische Zentralbank (EZB) weiter dazu zwingen, die ungelösten Probleme der Währungsunion mit einer lockeren Geldpolitik zu übertünchen.

Infografik Griechischer Schuldenkalender

Von einem sehr großen Vertrauensvorschuss an die Griechen, damit sie im Euro bleiben können, spricht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Geduld der europäischen Nationen sei aufs Äußerte strapaziert. Nun erwarte Europa "ein deutliches Signal für den überfälligen Aufbruch der griechischen Politik", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.

"Zerstörtes Vertrauen wieder aufbauen"

Nach einer Marathonsitzung einigten sich die Staats- und Regierungschefs am Montagmorgen auf die Umrisse eines neuen Hilfsprogramms. Binnen drei Jahren sollen weitere 82 bis 86 Milliarden Euro nach Athen fließen. Im Gegenzug muss die griechische Regierung Sofortmaßnahmen wie eine Mehrwertsteuer- und eine Rentenreform beschließen. Der DIHK forderte Griechenland auf, die vereinbarten Reformen nun auch durchzusetzen. "Die griechische Regierung muss jetzt dringend liefern und das zerstörte Vertrauen wieder aufbauen", sagte Schweitzer. "Dazu gehört, dass es keinerlei Abweichen von dem verabredeten Pfad geben darf."

hmf/wen (rtrd, dpa)