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Politik

Bombenfunde durch Niedrigwasser

2. August 2018

Die Elbe und andere Flüsse in Deutschland führen so wenig Wasser wie seit Jahren nicht mehr. Die Folge: Munition aus dem Zweiten Weltkrieg wird freigelegt. Die Polizei warnt davor, die Gefahr zu unterschätzen.

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Deutschland Niedrigwasser legt Weltkriegsmunition frei - zahlreiche Funde
Bild: picture-alliance/dpa/K.D. Gabbert

Die Gefahr schlummert in den ausgetrockneten Flussbetten und im seichten Wasser: alte Granaten, Minen, Sprengkörper aller Art. "Es sind in der Tat - Stand Donnerstag - 22 Fundstellen. Wobei die Masse erst in den letzten Wochen auftrat", bestätigt Grit Merker vom Technischen Polizeiamt Sachsen-Anhalt der Deutschen Welle. Und das sind nur die Zahlen für das Bundesland Sachsen-Anhalt, durch das der Fluss Elbe fließt. Es sind Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges, die durch die Dürre , die extrem niedrigen Pegelstände der Flüsse, nun sichtbar werden.

Weltkriegsmunition in der seichten Elbe

An der Elbe ist die Lage besonders dramatisch, in den vergangenen Tagen sank hier der Pegelstand auf nur 47 Zentimeter. Die Schiffe liegen an den Ufern, auf dem Trockenen. Schifffahrt ist auf dem Fluss, der in Tschechien entspringt und durch Deutschland in die Nordsee fließt, schon längst nicht mehr möglich. Durch die Rekord-Niedrigpegel tritt immer häufiger alte Munition ans Tageslicht.

In Sachsen-Anhalt, erklärt Grit Merker, sei eine hoch gefährliche Phosphorgranate gefunden worden. In Fischbeck, im Landkreis Stendal, wurden am vergangenen Wochenende zwei Panzerminen kontrolliert vor Ort gesprengt, die nicht mehr abtransportiert werden konnten. "Für uns ist das aber die ganz normale Arbeit", sagt Grit Merker sachlich. Ähnliche Dürren habe es auch schon zuvor gegeben.

Flash-Galerie Koblenz Luftmine Entschärfung
Der Kampfmittelräumdienst bei der Arbeit - hier 2011 in KoblenzBild: picture-alliance/dpa

Gewöhnlich würden die Funde von "ganz normalen Bürgern gemeldet, die etwas Ungewöhnliches beobachtet haben", sagt Merker. Dann würde im Regelfall die Polizei benachrichtigt. Die nehme die Munition dann in Augenschein und entscheide, ob der Kampfmittelräumdienst anrücken solle oder nicht. Daraufhin werde entschieden, ob die Munition noch "transportfähig" sei oder nicht. Im Notfall - wie bei der Phosaphorgranate in Fischbeck - müsse gleich an Ort und Stelle gesprengt werden.

Alarmstufe "rot" - aber noch keine Unglücksfälle

Zum Glück habe es bislang noch keine Verletzungen oder Unfälle mit der Weltkriegsmunition gegeben in dieser Dürrezeit, sagt sie.

Doch Wibke Sperling vom Polizeiverwaltungsamt in Sachsen sträuben sich die Nackenhaare, sagt sie der Deutschen Welle, wenn sie Bilder in der Zeitung sehe, wie vor kurzem: "Da hat steht einer - Metallstücke in der Hand haltend - am Ufer, triumphierend. So sollte man solche Gegenstände auf keinen Fall aufnehmen!" Wie alle Experten rät auch sie, sofort die Polizei anzurufen.

BG Dürrefolgen | Mutter u. Kind an der Elbe in Dresden - Kriegsende
Die Elbe in Dresden im Mai 1945 - nach dem Kriegsende mussten immer wieder Bomben entschärft werdenBild: picture-alliance/akg-images

Überbleibsel der Dresden-Bombardements

"Patrouille laufen wir deshalb nicht", sagt Sperling. In Sachsen habe es bislang eine "leichte Erhöhung" der Funde gegeben. Gedanken dürften sich auch die Bewohner der sächsischen Landeshauptstadt machen: Dresden wurde im Februar 1945 von Briten und Amerikanern massiv bombardiert. Große Teile der barocken Stadt fielen in Schutt und Asche. Da könnte sich im Flussbett in den kommenden Tagen weitere gefährliche Munition finden. "Die Sachen liegen ja schon seit mehr als 70 Jahren unter Wasser", sagt Sperling, "da weiß man nicht, was da ausgespült wurde".

Keine Entwarnung also. Aber immerhin das: Der Pegelstand der Elbe in Dresden ist wieder leicht angestiegen. Vom Rekordniedrigstand 46 Zentimeter auf aktuell 54 Zentimeter, teilte das Landeshochwasserzentrum Sachsen der DW mit. Da ist es nicht unwahrscheinlich, dass die noch unentdeckte Weltkriegsmunition bald wieder - gut gewässert und unsichtbar - unter der Oberfläche des Elbewassers verschwindet - bis zur nächsten Dürre.

Volker Witting
Volker Witting Politischer Korrespondent für DW-TV und Online