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Corona und der geteilte Golfplatz

29. April 2020

Auf einem Golfkurs nahe Bremen darf auf einer Hälfte gespielt werden, auf der anderen nicht. Die Corona-Krise und der Föderalismus in Deutschland machen diese Kuriosität möglich.

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Golfclub Bremer Schweiz
Bild: Golfclub Bremer Schweiz

"Es amüsiert mich nicht, aber ich finde die Situation extrem skurril", sagt Ralf Bünning, Präsident des Golf-Klubs "Bremer Schweiz" der DW. "Es ist die Frage, ob ein Glas halb voll oder halb leer ist. Wir denken, unseres ist halb voll. Wir sind glücklich, dass wir wenigstens auf neun Löchern Golf spielen können." Die anderen neun Bahnen des Golfkurses nahe Bremen sind gesperrt. Der Grund: Die Landesgrenze führt genau durch den Golfplatz: Die Bahnen 1 bis 9 liegen in Niedersachsen, die Löcher 10 bis 18 in Bremen.

In diesen beiden Bundesländern sind die Vorsichtsmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronovirus aktuell unterschiedlich streng. Im Stadtstaat Bremen wurden sie bereits gelockert. Seit vergangenem Samstag sind wieder Breitensport-Anlagen geöffnet, bei denen sichergestellt ist, dass die Sportler die nötige Distanz zueinander halten. Dazu gehören neben Wassersport- und Tennisanlagen auch Golfklubs. In Niedersachsen bleiben dagegen vorerst alle Sportanlagen geschlossen.

Jeder muss seinen Ballkorb mitbringen

"Wir gehen mit der Situation sehr pragmatisch um", sagt Ralf Bünning. Der Klubchef und seine Mitstreiter haben dafür gesorgt, dass auf ihrem Golfkurs die nötige Distanz gehalten wird. Auf den Platz darf nur, wer sich vorher elektronisch angemeldet hat. Gastronomie und Umkleideräume bleiben geschlossen. Nur Zweier-Flights sind zugelassen, sprich nur zwei Golfer dürfen gemeinsam auf die Runde. "Am Ballautomaten sind alle Körbe weg, jeder muss sich sein eigenes Gefäß mitbringen."

Er habe in den letzten Tagen viele Gespräche geführt und Emails geschrieben, um den Vereinsmitgliedern die kuriose Situation zu erläutern, sagt Bünning. "Die meisten halten es für Blödsinn, weil Golf ein sehr kontaktarmer Sport ist. Es macht wirklich keinen Unterschied, ob Sie auf den niedersächsischen oder den Bremer Bahnen laufen. Aber so ist es halt mit dem Föderalismus."

In fünf Bundesländern darf schon wieder gegolft werden

Golfclub Bremer Schweiz
Das Grün ist frisch gemäht - darf aber nur auf den letzten neun Bahnen bespielt werdenBild: Golfclub Bremer Schweiz

Die Entscheidungen, was während der Corona-Pandemie erlaubt ist und was nicht, liegt letztlich bei den Gesundheitsbehörden vor Ort. Sie stimmen sich mit den Landesbehörden ab, die für die grundsätzliche Ausrichtung zuständig sind. Der Bund, also die nationale Ebene, darf in vielen Fragen nur Empfehlungen aussprechen. 

Und so kommt es, dass in den Bundesländern für den Golfsport aktuell unterschiedliche Vorschriften gelten. Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg lockerten bereits vom 20. April an die Regeln so weit, dass Golfklubs unter Auflagen wieder öffnen konnten. Berlin und Bremen zogen in der vergangenen Woche nach. Es wird erwartet, dass ab 4. Mai weitere Bundesländer folgen. Wenn auch Niedersachsen mitzieht, könnten die Mitglieder des Klubs "Bremer Schweiz" bald wieder die Flatterbänder entfernen, mit denen sie die Hälfte der Golfbahnen abgesperrt haben.

Golf-Cracks kommen auf ihre Kosten

Der hügelige 18-Loch-Platz wurde im Herbst 2003 fertiggestellt. Es sei ein "Golfplatz mit zwei Gesichtern", urteilte ein Spieler, der den Kurs für ein Golf-Internetportal bewertete. Dabei meinte er jedoch eher den Schwierigkeitsgrad als die territoriale Zugehörigkeit der Bahnen zu unterschiedlichen Bundesländern. Die zweite Hälfte mit vielen Wasserhindernissen gilt als die deutlich schwierigere, bei der "auf den Löchern 15 bis 18 so richtig die Post abgeht", wie es ein anderer Golfer formulierte. Die letzten Löcher liegen auf Bremer Grund, die Cracks kommen also schon jetzt wieder auf ihre Kosten - trotz Corona-Krise. Und auch die Anfänger profitieren, findet Vereinspräsident Bünning: "Sie üben jetzt viel schneller als sie eigentlich wollen."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter