1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Was wissen wir über Corona bei Kindern?

12. März 2021

Kinder erkranken bisher seltener und weniger schwer an COVID-19, soviel ist sicher. Nicht sicher ist allerdings, wie die Mutanten die Situation verändern. Und ob es in Zukunft eine Impfung für Kinder geben wird.

https://p.dw.com/p/3qX1t
Deutschland Wiedereröffnung der Grundschulen
Bild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

"Die Inzidenz bei den unter 15-Jährigen steigt stark an", sagte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) in der jüngsten Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Laut Wieler gibt es Hinweise darauf, dass die in Großbritannien entdeckte Variante B 1.1.7. eine treibende Kraft bei den vermehrten Ausbrüchen in Kitas spielt.

Na toll! Kaum sind Schulen und Kinderbetreuungsstätten zumindest teilweise wieder geöffnet, kommt diese Botschaft. Ganz überraschend ist sie allerdings nicht. Zumindest nicht für Johannes Liese, Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg.

"Wenn wir Schulen und Kitas öffnen, kommt es natürlich zu mehr Übertragungen." Liese forscht selbst zum Infektionsgeschehen in Kindertagesstätten. Die Ergebnisse der sogenannten "Wü-KiTa-CoV"- Studie werden gerade ausgewertet – Details kann Liese deshalb noch nicht nennen.

Deutschland Coronavirus - Kita in Niedersachsen
Kurz nach der Wiedereröffnung mehren sich die Ausbrüche in Kitas. Ist B 1.1.7. schuld?Bild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Nur so viel: "Bisher hat das Virus die Kitapopulation ausgespart." Nun würden allerdings vermehrt kleine, an COVID-19 erkrankte Patienten im Würzburger Uniklinikum landen. Liese hat hier – genau wie Lothar Wieler – die britische Variante im Verdacht.

COVID-19 betrifft vorwiegend Erwachsene

Nach einem Jahr Corona-Pandemie lautet das bisherige Fazit: "Kinder erkranken insgesamt seltener und weniger schwer an COVID-19", sagt Markus Knuf, Direktor der Klinik für Kinder und Jugendliche der Helios Dr. Horst Schmidt Klinik in Wiesbaden und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Die DGPI hat ein Meldesystem initiiert, das nun von der Universitätskinderklinik Dresden weiter betreut wird und das Kinderkliniken nutzen können, um die landesweiten stationären COVID-Fälle bei Kindern und Jugendlichen zu sammeln.

"Bis zum 7. März 2021 waren 1051 stationäre behandelte Kinder gemeldet", sagt Knuf. "Nur fünf Prozent der jungen Patienten mussten auf die Intensivstation." Betroffen sie laut Knuf vor allem die Kleinsten: "Gut zwei Drittel der Patienten, die stationär behandelt werden müssen, sind Säuglinge und Kleinkinder", so der Mediziner Knuf. Etwa 30 % hätten eine Vorerkrankung, beispielsweise an der Lunge.

Auch wenn wahrscheinlich nicht alle Kliniken mitmachen und deshalb manch junger Erkrankte nicht erfasst wird, wird deutlich: COVID-19 ist eine Infektionserkrankung, die überwiegend Erwachsene betrifft. Während der zweiten Welle wurden im Dezember allein in einer einzigen Woche 11.564 Menschen hospitalisiert.

Kawasaki-ähnliches Sydrom bei Kindern

Die meisten Kinder verlassen das Krankenhaus nach durchgemachter Infektion wieder ziemlich fidel. "Anders als bei Erwachsenen gibt es nur vereinzelt Kinder, die mit längeren Folgen zu kämpfen haben", so Knuf.

Auf der Website der DGPI ist noch ein zweites Meldesystem installiert. Denn auch unter Kindern gibt es schwere COVID-Fälle, die hier erfasst werden. Das sogenannte "Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome" (PIMS) umfasst verschiedene Symptome, deren Ursachen entzündungsbedingt sind. Die klinischen Erscheinungen ähneln dem Kawasaki-Syndrom, einer akuten Fiebererkrankung mit Entzündungen der Arterien.

223 betroffene Kinder wurden bisher gemeldet. Ihre Prognose ist etwas düsterer. Nicht mal die Hälfte verlässt laut Markus Knuf das Krankenhaus gesund. "Bei etwa 10 % zeigen sich Folgeschäden."

In welche Richtung die Mutante B 1.1.7. gegebenenfalls an den einzelnen Zahlen schrauben wird, ist kaum vorherzusagen. Es könnte aber gut sein, dass COVID-19 keine Infektion für Erwachsene bleibt.

Vernachlässigte Risikogruppen

Die Mediziner Markus Knuf und Johannes Liese bedauern deshalb, dass eine Corona-Impfung für Kinder noch nicht in Sicht ist.

"Wir haben große Gruppen an tatsächlichen Risikopatienten unter den Kindern, Frühgeburten beispielsweise oder Kinder mit Trisomie 21", sagt Knuf. Für diese Kinder gäbe es null Präventionsangebote. "Das finde ich fast schon skandalös!"

Teenager mit Downsydrom
Kinder und Jugendliche mit Trisomie-21 gehören zur RisikogruppeBild: Eloisa Ramos/Westend61/IMAGO

Auch Johannes Liese ist für eine Impfung von Kindern – nicht nur, damit das einzelne Kind vor einem potentiell schweren Verlauf geschützt ist, sondern auch, um die Übertragbarkeit des Virus zu bremsen.

Liese ist weiterhin dafür, die Schulen und Kitas offen zu halten, auch wenn Lothar Wielers Kunde bei der Pressekonferenz die Sorge wachsen lässt, dass bald wieder alles dichtgemacht wird.

"Wir brauchen regelmäßige, kostenlose Tests an Schulen und die Einhaltung der Hygieneregeln", sagt Liese. Und vielleicht doch lieber früher als später einen für Kinder zugelassenen Impfstoff.

"Kinder sind keine Treiber der Pandemie", sagt Markus Knuf. Johannes Liese stimmt ihm zu. Die Mutationenwie B 1.1.7. könnten das allerdings ändern.