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Politik

China legalisiert seine Umerziehungslager

11. Oktober 2018

Ihre Existenz kann China nicht länger leugnen, nun werden die Umerziehungslager für Uiguren einfach legalisiert. In der muslimischen Region startet zudem eine Kampagne gegen "halal"-Etiketten auf Lebensmitteln.

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China Ethnie der Uiguren
In Urumqi, der Provinzhauptstadt von Xinjiang, sind die Bewohner an den Anblick von viel Polizei gewöhntBild: picture-alliance/dpa/D. Azubel

Die Lager in der chinesischen Provinz Xinjiang, in denen bis zu eine Million Muslime festgehalten und indoktriniert werden, sind durch eine Gesetzesänderung nachträglich gebilligt worden. Das Parlament der Region gibt Behörden das Recht, "extremistische Personen" in Trainingszentren "zu erziehen und zu transformieren". Das Gesetz ist Teil der Kampagne, mit der die Kommunistische Partei schärfer als je zuvor gegen das muslimische Turkvolk der Uiguren vorgeht.

Gesetz billigt "ideologische Erziehung" in Lagern

Die erste Fassung des Gesetzes aus dem Jahr 2017 verbot bereits "extreme Sprache und Verhalten" sowie das Tragen von Kopftüchern und die Weigerung, den staatlichen Rundfunk zu hören. Das überarbeitete Gesetz erlaubt es den Behörden, Uiguren auch ohne Gerichtsverhandlung in Lagern zu inhaftieren. "Durch ideologische Erziehung gegen Extremismus, psychologische Behandlung und Verhaltenskorrekturen soll die Transformation der Insassen gefördert werden, damit sie zur Gesellschaft und ihrer Familie zurückkehren können", heißt es in Artikel 33. Außerdem sollen Kenntnisse in der Amtssprache Mandarin, in chinesischem Recht und berufliche Qualifikationen in den Zentren vermittelt werden.

Menschenrechtler und UN-Experten kritisieren die Masseninhaftierungen scharf. Im Ausland lebende Uiguren berichten, sie könnten ihre Verwandten in China nicht mehr erreichen. Außerdem werfen sie den Behörden vor, Kinder von ihren Eltern zu trennen und in anderen Lagern unterzubringen.

China Xinjiang Uiguren
Überwachung gehört zum Alltag: Hier installieren Arbeiter in der Altstadt von Kashgar in der Provinz Xinjiang eine KameraBild: Reuters/T. Peter

Die Staatsanwaltschaft bekämpft "Pan-Halalisierung"

Eine weitere Kampagne trifft die "halal"-Kennzeichnung von Produkten, die im Einklang mit religiösen Vorschriften der Muslime produziert werden. Der Koran verbietet zum Beispiel den Verzehr von Schweinefleisch und daraus verarbeiteten Produkten wie Gelatine. Nun rief die Staatsanwaltschaft der Provinzhauptstadt Urumqi "entschlossen zum Kampf gegen die 'Pan-Halalisierung'" auf. Die Kantinen sollen "reformiert" werden, damit alle "die Küche der verschiedenen ethnischen Gruppen probieren können".

Da Parteimitglieder und Beamte ohnehin nicht religiös seien, sei die Ernährung unproblematisch, befand die Staatsanwaltschaft. Ihre Mitarbeiter wurden auch aufgefordert, in sozialen Medien einen Schwur zu verbreiten: "Ich bin ein treues Mitglied der Kommunistischen Partei. (...) Ich glaube an den Marxismus-Leninismus, nicht an eine Religion. Ich muss fest und entschlossen bis zum Tode gegen die 'Pan-Halalisierung' kämpfen."

Vorläufiger Höhepunkt jahrzehntelanger Unterdrückung

Die nun per Gesetz gebilligte "Verhaltenskorrektur" ist der vorläufige Höhepunkt der Unterdrückung in der muslimisch geprägten Region, die nach der Machtübernahme der Kommunisten 1949 der Volksrepublik zugeschlagen wurde. Peking fürchtet uigurische Unabhängigkeitsbestrebungen und siedelt deshalb seit Jahrzehnten gezielt Han-Chinesen, also Mitglieder der größten chinesischen Ethnie, in der Provinz an. Die dadurch entstandenen gesellschaftlichen Spannungen in Xinjiang entluden sich in den blutigen Unruhen von 2009 und einer Reihe von Terroranschlägen. Die chinesischen Behörden geben an, uigurische Extremisten hätten Verbindungen zu ausländischen Terrorgruppen. Unabhängige Beweise gibt es dafür nicht.

ehl/rb (dpa, ap)