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Chaos-Etappe: Bernal übernimmt Gelbes Trikot

Sarah Wiertz
26. Juli 2019

Hagelkörner, Räumfahrzeuge, Schlammlawine: Die 19. Etappe wird vorzeitig abgebrochen. Mitfavorit Thibaut Pinot muss aufgeben, der Gesamtführende Julian Alaphilippe bricht ein. Und ein deutscher Fahrer profitiert.

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Tour de France 2019 | 19. Etappe Abbruch
Bild: picture-alliance/PRO SHOTS/G. Deswijzen

Direkt hinter dem Tunnel lagen zentimeterhoch die Hagelkörner und türmten sich zu einer Schneedecke auf. Mitten im Sommer sah die Landschaft unterhalb des Skigebiets von Val d‘Isère sehr winterlich aus. Die Wiesen waren weiß. Zudem war eine Schlammlawine auf die Straße gerutscht und hatte diese unter Wasser gesetzt. Räumfahrzeuge fuhren aus, um den Asphalt doch noch für die Radprofis passierbar zu machen. Die Fahrer, rund 30 Kilometer vor dem Ziel, näherten sich jedoch der gefährlichen Stelle, wo sie vom trockenen Asphalt durch den Tunnel plötzlich ins Nasse fahren würden. Die Rennleitung fällte daraufhin die Entscheidung: Die 19. Etappe wird abgebrochen.

Über Funk wurden die Fahrer nach und nach über den Rennstopp informiert. Aber die Wenigsten schienen dies auf Anhieb zu verstehen. Einige diskutierten wild miteinander, andere rasten weiter die kurvige Straße hinunter. Besonders der Führende, Egan Bernal, wollte seinen möglichen Etappensieg nicht so einfach hergeben. Auch der Gesamtführende, Julian Alaphilippe, war sauer, stoppte dann aber als einer der ersten. Mittlerweile war es empfindlich kühl geworden, um die 18. Grad, so dass sich der Franzose schnell sein gelbes Jäckchen überzog. 

Tour de France 19. Etappe Wegen Schneefalls in den Alpen gestoppt worden | Julian Alaphilippe
Enttäuscht: Julian Alaphilippe nach dem Etappenabbruch - noch im Gelben TrikotBild: picture-alliance/dpa/AP/T. Camus

Wie bitter musste es für Alaphilippe gewese sein, als er kurz darauf erfuhr, dass er das Gelbe Trikot nun abgeben muss. Weil es keine Zieleinkunft gab, werden nun stattdessen die Zeiten gewertet, die die Fahrer auf dem vorletzten Gipfel, dem Iseran, eingefahren hatten. Nach einem Einbruch hatte Alaphilippe dort aber Zeit verloren, während der Kolumbianer Egan Bernal nun auf der vorletzten und damit entscheidenden 20. Etappe das Gelbe Trikot übernimmt. Er ist erst der dritte Kolumbianer überhaupt, der bei einer Tour in Gelb fährt.

Für die Franzosen war es ein Tag zum Vergessen. 14 Etappen lang hatte Alaphilippe in Gelb geleuchtet und das ganze Land in freudige Erregung versetzt: Der letzte französische Tour-Sieg ist immerhin 34 Jahre her, damals, 1985 hatte Bernard Hinault triumphiert. Da am letzten Tag, dem 21. Teilstück, traditionell nicht mehr angegriffen wird, ist also der morgige Samstag der entscheidende Tag. 45 Sekunden Vorsprung hat Bernal nun vor Alaphilippe. 

Tour de France Etappe 19 wegen Unwetter abgebrochen | Egan Arley Bernal Gomez
Tour-Direktor Christian Prudhomme erklärt Egan Bernal die SituationBild: picture-alliance/Augenklick/Roth

Als ob das für das radsportbegeisterte Land nicht schon enttäuschend genug wäre, gab es noch eine traurige Nachricht von einem Lokalmatador: Thibaut Pinot, bis dato Gesamtfünfter mit ebenfalls noch Chancen auf einen Podestplatz, stieg nicht erst 30, sondern bereits 85 Kilometer vor dem Ziel vom Rad. Er war zuvor am linken Bein behandelt worden, konnte aber nicht mehr weiterfahren und gab unter Tränen auf. Sein Rennstall Groupama-FDJ teilte später auf Twitter mit, Pinot habe sich bereits am Donnerstag einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zugezogen. Sein Zustand am Freitag habe sich demnach nicht gebessert, er konnte schon vor dem Start nur schlecht laufen.

Frankreich Tour de France Thibaut Pinot verletzt
Konnte vor Enttäuschung die Tränen nicht mehr zurückhalten: Thibaut Pinot musste verletzt aufgebenBild: picture-alliance/AP Photo/T. Camus

Gut gelaufen ist dagegen diese Chaos-Etappe für Emanuel Buchmann. Der deutsche Radprofi war mit den Favoriten über den vorletzten Berg gefahren, der nun gewertet wird und hat damit weiterhin als Gesamtfünfter mit nur noch 1:42 Minuten Rückstand Chancen auf das Podest. Am Abend gab die Rennleitung bekannt, dass die vorletzte Etappe aufgrund von zu erwartenden Gewitterschauer und Erdrutschen um mehr als die Hälfte verkürzt wird. "Emanuel wird ans Limit gehen. Wir werden sehen, wozu es reicht. Jetzt muss er keine Kraft mehr sparen und nichts mehr absichern", meinte der sportliche Leiter von Bora-hansgrohe, Enrico Poitschke. "Jetzt kann er das fahren, was der Körper hergibt."

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online