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Politik

Amthor gerät ins Straucheln

17. Juni 2020

Philipp Amthor, der Jungstar der CDU, steht wegen seiner Geschäftsbeziehungen zu einem New Yorker Start-Up unter Druck. Der Fall heizt jetzt die Debatte um Nebenjobs von Abgeordneten neu an.

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Berlin | Bundestagsdebatte zum Thema Kampf gegen Hass und rechter Terror in Deutschland: Philipp Amthor
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Der junge Mann ist stets perfekt gekleidet, kann sich versiert ausdrücken und ist ein gern gesehener Gast in vielen Fernsehtalkshows in Deutschland: Philipp Amthor ist Jurist, stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und sitzt seit 2017 für die Konservativen von Angela Merkels CDU im Bundestag. In seinem Bundesland möchte er demnächst zum CDU-Landesvorsitzenden gewählt werden. Mit nur 27 Jahren hat er viel erreicht. Aber die jüngsten Berichte über eine eher merkwürdige Geschäftsverbindung nach New York bringen den adretten Abgeordneten in arge Bedrängnis. Aufgedeckt hatte den Fall das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" Ende vergangener Woche.

Unklare Geschäfte in New York

Das New Yorker Start-Up Unternehmen heißt "Augustus Intelligence" und ist erst im Juni 2018 gegründet worden. Nach eigener Darstellung will das Unternehmen Datenzentren betreiben und Software für Gesichts- und Objekterkennung anbieten. Aber welche Geschäfte genau schon realisiert wurden oder konkret geplant sind, ist nicht bekannt.

USA One World Trade Center in New York
Das Start-Up-Unternehmen "Augustus Intelligence" soll im One World Trade Center seinen Hauptsitz habenBild: picture-alliance/AP Photo/M. Lennihan

Klar ist aber: Mehrmals traf sich Amthor mit den Geschäftsführern der Firma, Bilder zeigen ihn in ihrem Kreis auf Korsika und in St. Moritz, auch nach New York selbst reiste er. Wer die Kosten für die aufwendigen Reisen beglich, ist offen. Und in einem Brief an seinen Parteifreund, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, setzte sich Amthor sogar direkt für "Augustus Intelligence" ein.

Auch mit an Bord: Der frühere Verfassungsschutz-Präsident

Besonders pikant: Auch der frühere, hochumstrittene Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, ist für die Firma aktiv. Das ist dann auch der Grund, warum Amthor jetzt sein Amt als Mitglied im Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestages niedergelegt hat. Anis Amri war der islamistische Attentäter, der am 19. Dezember 2016 mit einem Lastkraftwagen in einen Weihnachtsmarkt in Berlin fuhr und elf Menschen sowie den LKW-Fahrer tötete. Der Ausschuss soll auch untersuchen, was der Verfassungsschutz darüber wusste, der damalige Behördenleiter Maaßen soll demnächst dort aussagen. Aber geht das, wenn Zeuge und Ausschussmitglied Geschäftsfreunde sind? Eher nicht. Deshalb hatte die Opposition schon laut gefordert, dass Amthor das Gremium verlassen muss.

Deutschland | Hans-Georg Maaßen
Der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg MaaßenBild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Kein "regelmäßiger Arbeitsaufwand?"

Amthor selbst hatte zunächst gesagt, seine Verbindung zu der Firma in New York sei eine "nicht-exekutive Funktion, mit der sich kein regelmäßiger Arbeitsaufwand verbindet." Dennoch beendete er sein Engagement dort jetzt und bezeichnete sein früheres Verhalten als Fehler. Ob das ausreicht, um sich aus der Affäre zu ziehen, ist unsicher.

Denn Amthor hatte seine Tätigkeit für das Unternehmen zwar wie vorgeschrieben bei der Bundestagsverwaltung angezeigt, aber verschwiegen, dass ihm dafür so genannte Aktienoptionen gewährt worden waren. Mit anderen Worten: Amthor erhielt das Zugriffsrecht auf über 2000 Aktien, die er irgendwann mal zu Geld hätte machen können. Weil aber jetzt und heute noch kein Geld geflossen ist, war Amthor tatsächlich nicht verpflichtet, die Aktienoption zu erwähnen. Eine Lücke bei der Pflicht der Abgeordneten, ihre Nebentätigkeiten möglichst transparent offen zu legen.

"Ein großer Schaden für die Politik!"

Amthors Verhalten erzürnt vor allem Oppositionspolitiker. So sagte der  parlamentarische Geschäftsführer der FDP im Bundestag, Marco Buschmann, selbst ein Jurist, der DW: "Insgesamt hat der Fall der Politik großen Schaden zugefügt, weil gleich eine ganze Reihe von falschen Klischees bestätigt wird: der Abgeordnete, der im persönlichen, wirtschaftlichen Interesse seine Zugänge nutzt. Das ist nicht zu rechtfertigen, weil es das Vertrauen der Öffentlichkeit in die parlamentarische Tätigkeit untergräbt. Und wäre Herr Amthor beispielsweise Amtsträger gewesen, also hätte er das in amtlicher Eigenschaft als Minister getan, dann wäre auch ein Rücktritt von diesem Amt unausweichlich." Und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin prüft, ob sie Ermittlungen gegen Amthor wegen Bestechlichkeit aufnimmt. Hintergrund ist eine Anzeige gegen den CDU-Politiker.

Berlin FDP Marco Buschmann
Marco Buschmann, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP im BundestagBild: Imago Images/C. Spicker

Nebentätigkeiten müssen angezeigt werden - ein bisschen

Nebentätigkeiten von Abgeordneten sind in Deutschland grundsätzlich erlaubt, und viele Politiker nehmen das Recht auch wahr, betreiben Unternehmen, agieren als Anwälte. Allerdings ist gesetzlich vage festgehalten, dass immer noch das Mandat im Mittelpunkt der Arbeit stehen muss. Tätigkeiten für 1000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr müssen die Politiker gar nicht angeben. Und die Anwälte müssen etwa die Namen der Mandanten, für die sie arbeiten, nicht nennen. Problematisch wird es, wenn ein Mandat genutzt wird, um die Interessen bestimmter Firmen direkt durchzusetzen. Die Oppositionsparteien Grüne, FDP und Linke wollen jetzt erreichen, dass auch Aktienoptionen wie die von Amthor künftig gemeldet werden müssen.

Lobbyismus in Deutschland umstritten

Dabei gibt es in Deutschland eine hohe Sensibilität, was mögliche Verwicklungen von politischem Amt oder Mandat und Lobbytätigkeit für Unternehmen angeht. Wenn Politiker nach ihrer Zeit etwa im Bundestag oder in der Regierung ihre guten Kontakte zu Geld machen, wie das etwa der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder oder der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (beide SPD) tun, dann sind die Schlagzeilen der Zeitungen stets negativ. Und weil die Karriere sehr schnell vorbei sein kann, wenn man sein Mandat für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg nutzt, gibt es vor allem bei den Konservativen viele Bedenken, die Regeln für die Transparenz bei Nebentätigkeiten zu verschärfen.

Berlin Podiumsdiskussion: Das "rot-grüne Projekt" Schröder
Altkanzler Gerhard Schröder steht wegen seiner engen Geschäftsbeziehungen mit Russland in der KritikBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Eine Rüge aus Europa

Im Europarat gibt es eine Gruppe von Staaten, die sich zu mehr Transparenz verpflichten, auch Deutschland gehört dazu. Aber genau von dieser Staatengruppe namens Greco erhielt der Bundestag im vergangenen Jahr eine Rüge, weil er die vereinbarten schärferen Regeln zur Hälfte gar nicht und zur anderen Hälfte nur ungenügend umsetzt haben soll. Und damit viel schlechter abschnitt als etwa Finnland, Norwegen und Großbritannien, die alle Maßnahmen umgesetzt hatten.