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Film

Spike Lees "Da 5 Bloods" auf Netflix

Scott Roxborough hm,ka
9. Juni 2020

Spike Lee thematisiert den Rassismus gegenüber Afroamerikanern seit mehr als dreißig Jahren in seinen Filmen. Jetzt kommt "Da 5 Bloods" auf Netflix heraus. Mit der DW sprach er über seine Hoffnung auf Veränderung.

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Filmstill - Da 5 Bloods
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Lee

Spike Lee über Rassismus - und einen Funken Hoffnung

Spike Lee ist bereit. Der 63-jährige Regisseur von Filmen wie "BlacKkKlansman", "Malcolm X" und "Do the Right Thing" hat bereits eine Reihe von kurzen Interviews zu seinem neuen Film, "Da 5 Bloods" (Artikelbild, Netflix-Start am 12. Juni), gegeben. Doch der Film, über den er wirklich sprechen möchte, ist einer, den die ganze Welt bereits gesehen hat: das Video aus Minneapolis, das einen Polizisten zeigt, der für acht Minuten und 46 Sekunden auf dem Genick von George Floyd kniet. Ein Video, das Proteste von Minneapolis bis Madrid, von Brooklyn bis Berlin ausgelöst hat, und das etwas verändern könnte.

Lee sah in dem Video nichts, was er nicht schon kannte. In der Schlüsselszene von "Do the Right Thing", mit dem der US-Regisseur 1989 seinen Durchbruch schaffte, wird der friedliche Radio Raheem, gespielt von Bill Nunn, von der Polizei getötet - im Würgegriff.

"3 Brothers": Lees Kommentar zum Tod von George Floyd

"Ich hatte den Eindruck, ein Déjà vu zu haben - mit Eric Garner," sagt Lee, und bezieht sich damit auf den 43-jährigen Afroamerikaner, der am 17. Juli 2014 von der Polizei getötet wurde. "'Do the Right Thing'" basiert auf dem Fall des Graffiti Künstlers Michael Stewart, der [am 15. September 1983, Anm. d. Red.] im Würgegriff starb. Daraufhin dachte ich an all die anderen getöteten Schwarzen."

Dann tat Lee, was er eben tut: Er machte einen Film daraus. Im Clip "3 Brothers", den er am 1. Juni online stellte, sind die Aufnahmen von Eric Garner und George Floyd mit Szenen des fiktionalen Mordes an Radio Raheem zusammengeschnitten. Der Clip beginnt mit der Frage, in rot geschrieben: "Wird die Geschichte aufhören, sich zu wiederholen?"

Das Interview gibt Lee via Zoom in seinem Wohnzimmer in Brooklyn. Er trägt eine Baseballkappe mit der Zahl 1619: das Jahr, in dem das erste Sklavenschiff aus Afrika nach Amerika kam. Jahr eins der afroamerikanischen Geschichte.

Afroamerikanische Geschichte als Thema

Seit fast 40 Jahren hat Regisseur Lee diese Geschichte zum Thema seiner Arbeit gemacht. Manchmal ganz direkt - wie bei dem episch angelegten Biopic "Malcolm X", der Geschichte von der Geburt bis zur Ermordung des legendären Bürgerrechtlers, im Film gespielt von Denzel Washington.

Bei dem leicht fiktionalisierten "BlacKkKlansman", der auf der realen Geschichte des afro-amerikanischen Detektivs Ron Stallworth basiert, geht Spike Lee die Geschichte sozusagen von der Seite an. Stallworth hatte sich damals bei dem rassistischen Ku-Klux-Klan eingeschleust. In seinem neuen Film "Da 5 Bloods" gelingt Regisseur Lee beides.

"Da 5 Bloods": Popcorn-Kino mit Tiefgang

Oberflächlich gesehen ist "Da 5 Bloods" reines Popcorn-Kino: ein Kriegsfilm und ein Action-Abenteuer. Vier afro-amerikanische Kriegsveteranen kehren noch einmal zurück nach Vietnam, um die Überreste ihres im Krieg gefallenen Anführers zu bergen und nach einem vergrabenen Schatz zu suchen. Teilweise mutet das an wie "Der Schatz der Sierra Madre" und dann wie "Apocalypse Now". Aber es macht Spaß.

Dreharbeiten von "DA 5 BLOODS" (aka DA FIVE BLOODS)
Spike Lee am Set von "Da 5 Bloods"Bild: picture-alliance/Everett Collection/Netflix/D. Lee

Als sich die vier Veteranen in Vietnam wiedertreffen, gehen sie erstmal in einen Club. Das in die Jahre gekommene Quartett - Paul, Melvin, Otis und Eddie - tummelt sich da auf der Tanzfläche mitten in einer Gruppe von 20-Jährigen. Fans des legendären Motown-Labels werden ihre Namen sofort als die afroamerikanische Soulband "The Temptations" erkennen.

Zwischen Tanz- und Actionszenen - dazu gehören auch explodierende Minen und wilde Schießereien im Dschungel - fügt Lee sozialkritische Kommentare über Rassismus und die afro-amerikanische Geschichte ein. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass das erste amerikanische Opfer eines bewaffneten Konflikts - das zu Beginn des Revolutionskrieges am 5. März 1770 beim Massaker von Boston erschossen wurde - ein Schwarzer war: Crispus Attucks.

Hoffnungsvoller Blick in die Zukunft

Oder dass George Washington, der erste Präsident Amerikas, selbst 123 Sklaven besaß. "Darüber hat uns in der Schule niemand etwas erzählt", sagt Lee im DW-Interview. "Das haben sie einfach ausgelassen! Mit Absicht!"

Eine der stärksten Szenen des Films zeigt in einer Rückblende, wie die vier schwarzen Soldaten in Vietnam die Nachricht von der Ermordung von Martin Luther King hören - ausgerechnet über eine englischsprachige Propagandasendung des Vietcong. Schwer bewaffnet und verärgert über die Aufforderung, für ein Land zu sterben, das ihre schwarzen Führer tötet, debattieren die Männer, ob sie ihre Maschinengewehre stattdessen auf die weißen Offiziere richten sollen. Schließlich bringt Norman, ihr Truppenführer (gespielt von Black-Panther-Star Chadwick Boseman), sie davon ab. Besser am Leben bleiben und einen anderen Weg finden, Amerika zu verändern.

Dieser Weg könnte jetzt, zwei Wochen nach dem Tod von George Floyd, gefunden sein, glaubt Lee. "Ich sehe Hoffnung," sagt er. "Und ich werde noch mehr Hoffnung am 4. November haben - dem Tag nach den Präsidentschaftswahlen."