Betonsanierung mit Bakterien
9. Mai 2021Lange feierte die Bauindustrie den Beton als "Werkstoff für die Ewigkeit". Beton ist leicht zu verarbeiten, gilt als witterungsbeständig und als extrem belastbar. Weltweit wird Beton deshalb in Unmengen für den Bau von Brücken, Straßen, Tunneln und Gebäuden eingesetzt.
In der Realität aber ist Beton gar nicht so witterungsbeständig und unverwüstbar. Mit den Jahren bröckelt der Beton, weil sich kleine Risse bilden, die mit der Zeit immer größer werden.
Großer Sanierungsbedarf bei Betonbauten
In Deutschland etwa sind laut Bundesverkehrsministerium rund 12 Prozent aller Straßenbrücken aus Spannbeton oder Stahlbeton in einem "nicht ausreichenden" oder "ungenügenden" Zustand. Vier von fünf dieser untersuchten Großbrücken sind nicht zu reparieren, es bleibt nur der Neubau. Dies wird Milliarden Euro verschlingen.
Das ist nicht nur sehr kostspielig und zeitaufwändig, auch ökologisch ist der weltweite Bauboom mit Beton eine Katastrophe: Denn alleine die energieintensive Betonproduktion ist für etwa 6 bis 9 Prozent aller menschengemachten CO2-Emissionen verantwortlich. Außerdem hat der Betonbauboom zu einer spürbaren Verknappung des Rohstoffes Sand geführt.
Umweltfreundliche Alternative
Seit Jahren suchen Forschende deshalb nach kostengünstigen, alltagstauglichen und ökologisch verträglichen Methoden, um die Lebensdauer von Brücken und anderen Betonbauten signifikant zu verlängern. Vielversprechend sind Mikroorganismen, die Risse und Poren im Beton verschließen, indem sie Kalk (Kalziumkarbonat) absondern. Werden schon die kleinsten Risse und Hohlräume frühzeitig verschlossen, lassen sich größere Folgeschäden verhindern.
Die mineralischen Ausscheidungen der Bakterien sind umweltfreundlich und basieren überwiegend auf nachwachsenden Rohstoffen. Der Trick dabei: Bestimmte Bakterien besitzen ein besonderes Enzym, das Harnstoff spalten kann. Und bei diesem Spaltungsprozess entsteht Karbonat. Fügt man dann Kalzium hinzu, entsteht der Kalk. Solche Mikroorganismen kann man aber nicht nur für die Betonsanierung einsetzen, sie können auch Böden verfestigen sowie Staub oder Schwermetalle binden - etwa im Tagebau.
Betonsanierung dank Kalziumkarbonat
Welches Bakterium dafür am besten geeignet ist, ist schon seit Jahren bekannt: Sporosarcina pasteurii. Dieser Einzeller besitzt die gewünschten Fähigkeiten: Er sondert Kalk ab, kommt auch mit hohen pH-Werten oder Chloridkonzentrationen im Beton zurecht und ist weit verbreitet.
Aber leider nicht verbreitet genug: Entscheidend für eine Anwendung ist, dass die Bakterien möglichst effektiv gezüchtet werden können. Bislang aber fehlte es für den großflächigen Einsatz bei der Betonsanierung an einer wirtschaftlich rentablen Methode, um den Einzeller im großen Stil herstellen zu können. Denn lange war nicht klar, warum genau Sporosarcina pasteurii den Kalk absondert und unter welchen Voraussetzungen sich das völlig ungefährliche Bakterium am schnellsten vermehrt.
Fünffache Menge an Bakterien
Forschende der Hochschule München haben jetzt ein "Hochdurchsatzverfahren" entwickelt, mit dem im Vergleich zu bisherigen Methoden die fünffache Menge an Bakterien produziert werden kann. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die nötige Nährlösung nur um vier Prozent. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal "Scientific Reports".
Unterstützt wurde das Projekt "MicrobialCrete" von drei Industriepartnern und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sollten die Mikroorganismen mit dieser Methode tatsächlich künftig effektiv gezüchtet werden können, dann könnten die Bakterien zur Betonsanierung bereits in naher Zukunft auf Baustellen zum Einsatz kommen.