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Bayern unentschieden - Kölns gute Hinrunde

Alina Schwermer
12. Dezember 2021

Die verstärkten Kölnerinnen, diesmal mit einem Remis gegen Freiburg, machen Spaß und sind auf dem Weg, sich in der Liga zu etablieren. An der Tabellenspitze patzen alle. Und in England macht ein Siebtligist Träume wahr.

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Fussball der Frauen | 1. FFC Turbine Potsdam - FC Bayern München
Nur unentschieden gegen Turbine Potsdam: das Team des FC Bayern Bild: Sven Leifer/foto2press/imago images

Köln, das erwartete Überraschungsteam

"Köln ist wie erwartet das Überraschungsteam der Hinrunde" ist gewiss ein Paradoxon. Und doch nicht falsch. Viele Expertinnen und Experten - oder solche, die es gern wären - hatten dem 1. FC Köln eine starke Saison prophezeit. Angesichts des Investments war das naheliegend. Vor der ersten Ligapartie im Dreisamstadion schlug nun Freiburgs Trainer Daniel Kraus in die gleiche Kerbe: "Wir sprechen bei Köln nicht über einen klassischen Aufsteiger, sie haben schon letztes Jahr sehr viel investiert."

Das Team rund um die so wichtige ehemalige Torschützenkönigin Mandy Islacker, die groß aufspielende, 2020 von Freiburg verpflichtete Sharon Beck, und Top-Talente, wie die vom FC Bayern geliehene Weronika Zawistowska, ist personell wahrlich eher im Mittelfeld der Liga als auf den Abstiegsrängen einzuordnen. Für die zweite Liga war Köln schlicht überqualifiziert. Aber man muss nicht erst auf die Männer von Hertha BSC schauen, um zu wissen: Man kann viel ausgeben und sich trotzdem auf die Klappe legen. In Köln wurde vor allem sinnvoll investiert. Und dem Team ist es offenbar gelungen, sich schnell auf das ungleich höhere Niveau der Bundesliga einzustellen. Mit seinen überzeugenden Auftritten ist der "Effzeh" eben doch wieder ein Überraschungsteam.

Nach dem starken 2:2 in Freiburg - bis zur letzten Minute der Nachspielzeit hatten die Gäste sogar mit 2:1 geführt - haben die Kölnerinnen nun erstmals in der Vereinsgeschichte nach elf Spielen zwölf Punkte auf dem Konto. "Wir wollen fester Bestandteil der Liga werden", wiederholte Trainer Sascha Glass das Mantra dieser Saison. Wie so oft agierte der FC offensiv und spielfreudig; zudem mit spielerischen Lösungen in der Verteidigung. Vor allem in der ersten Hälfte gelang es, oft und schnell das Mittelfeld zu überbrücken. In der zweiten Hälfte einer zunehmend ruppigen Partie erinnerten überlegene Freiburgerinnen freundlich daran, dass zum Establishment der Liga noch ein gewisser Abstand besteht. Der aber dürfte aufzuholen sein. Auch mit dem eigenen Nachwuchs, wie etwa der erst 19-jährigen Torhüterin Pauline Nelles. Die gilt längst als großes Talent. 

Fußball | Frauen | Bundesliga | Leverkusen - Köln
Oft Grund zur Freude in der Hinrunde: die Frauen des 1. FC Köln Bild: Mirko Kappes/foto2press/imago images

Wolfsburg zeigt erneut Schwächen

Mit einem schwachen 1:1 in Leverkusen, das gut und gerne auch eine Niederlage hätte sein können, hat der VfL Wolfsburg der Konkurrenz eine Steilvorlage geliefert. Die Wolfsburgerinnen zeigten dabei ähnliche Probleme wie schon zu Anfang der Saison: Zu langsam, zu uninspiriert, zu durchschaubar war das Offensivspiel. Das Team erzeugte überhaupt keine Torgefahr. Hinzu kam eine herausragende Leistung von Bayer Leverkusen. Die zuletzt zweimal mit 1:7 abgefertigten Leverkusenerinnen waren sichtlich mental aufgeräumt; defensiv stand Achim Feifels Elf viel konzentrierter und kaufte mit offensiven Vorstößen Wolfsburg den Schneid ab.

"Wir waren ein bisschen hilflos, das ist nicht das, was wir sonst spielen", konstatierte die ebenfalls nicht fehlerfreie Torhüterin Lisa Weiß. Die Anfälligkeit betrifft allerdings nicht nur Wolfsburg; Bayern und Hoffenheim trennten sich ebenfalls jeweils nur 1:1 gegen Potsdam und Sand. Frankfurt unterlag sensationell gegen Bremen. So bleibt an der Tabellenspitze alles beim Alten. Fehlende Konstanz bei den Spitzenteams und eine starke zweite Garde: Die Aussichten sind gut für eine hochspannende Rückrunde, die Konkurrenz ist eng beieinander wie kaum jemals zuvor. Für den Abstiegskampf gilt das weniger – Sand und Jena sind wohl zu schwach.   

Fußballromantik in England

Eine Geschichte, die das unsterbliche David-gegen-Goliath-Motiv um ein Kapitel erweitert, kommt gerade aus England. Der Verein Clapton Community ist als erster Siebtligist überhaupt in der dritten Runde des Women's FA Cup angetreten. Mit einem historischen Sieg triumphierten sie zuvor gegen den Hounslow FC, der vier Ligen höher spielt - auch das ein Rekord. Und Clapton ist nicht einfach irgendein Klub. Es ist ein fangeführter Verein, der seinen Mitgliedern gehört und von Freiwilligenarbeit lebt; im Kernland des Modells der Klubbesitzer-Milliardäre mithin eine hochpolitische Erscheinung. Und eine, die Gefühle aufkommen lässt.

Die BBC berichtet vom portugiesischen Klub-Manager, der einst DJ war, und der Flügelspielerin Maria Mendonca, einer Lehrerin, die aus armen Verhältnissen auf Madeira stammt und Fußball einst mit zusammengeknüllten Zeitungen auf der Straße erlernte. Um die Anreise zur Partie am Sonntag gegen Plymouth Argyle finanzieren zu können, bat Clapton Community um Crowdfunding – und bekam das Geld innerhalb von 24 Stunden zusammen. Die bisherigen Einnahmen aus dem Wettbewerb reichten nicht.

In Plymouth allerdings fand das Märchen nun ein Ende, der Fanverein unterlag mit 0:5. So, wie Märchen im realen Leben eben üblicherweise ausgehen. Die Kleinen dürfen punktuelle Erfolge feiern, aber diese Erfolge rütteln nicht an Machtsystemen. Sie festigen eher die Lage: Für einen rauschhaften Tag darf das Prekariat Königin sein, auch so lässt es sich langfristig ertragen, in einer Hierarchie ganz unten zu stehen. Zugleich geben punktuelle Erfolge zumindest die Chance, einen Moment lang die eigene Geschichte erzählen. Und neue Fans zu finden. Denn an die Spitze zu kommen, darauf haben basisdemokratische Vereine auch im Frauenfußball keine Chance mehr.