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Arminia Bielefeld - die Fahrstuhlmannschaft ist zurück

Max Merrill
18. September 2020

Kein Verein ist öfter in die Bundesliga aufgestiegen als Arminia Bielefeld. Nach elf Jahren in Abwesenheit stehen die Ostwestfalen nun vor ihrem Comeback. Über mangelnde Unterstützung können sie sich nicht beklagen.

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2. Fußball-Bundesliga | Arminia Bielefeld vs. SG Dynamo Dresden
Bild: Getty Images/M. Rose

Bielefeld? Gibt's doch gar nicht. So lautete eine spaßig gemeinte Verschwörungstheorie hierzulande. Bielefeld gibt es doch, stellen wir spätestens dann immer wieder fest, wenn die Arminia den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat. Dem "Fahrstuhlverein" ist das jetzt zum achten Mal gelungen.

Trotz der wechselhaften Vergangenheit - zu den acht Aufstiegen gehören auch sieben Abstiege, plus die in die 3. Liga - ist die Fußballbegeisterung groß dort in Ostwestfalen. Gemessen an den Mitgliedern, ist die Arminia die Nummer 16 unter den deutschen Vereinen. 

Viele in Bielefeld behaupten, man werde keinen einzigen Menschen finden, der den Club nicht unterstützt. "Es ist ein kleiner Verein mit vielen Fans", sagt Flügelspieler Cebio Soukou gegenüber der DW. "In der Stadt und ihrer Umgebung lieben die meisten Menschen die Arminia. Wir haben ein wirklich schönes Stadion mitten in der Stadt. Es ist ein netter Traditionsverein mit familiärer Atmosphäre und sehr leidenschaftlichen Fans. Ich glaube, sie sind verrückt. Sie lieben Fußball, und Fußball ist alles für sie."

Der Druck ist weg

Fußball DFB-Pokal  Rot-Weiss Essen - Arminia Bielefeld
Bielefeld-Stürmer Cibio Soukou, hier im Pokalspiel gegen Rot-Weiss EssenBild: Revierfoto/dpa/picture-alliance

Die Arminia teilt sich den Rekord für die meisten Aufstiege in die Bundesliga mit Nürnberg und hofft, dass im kommenden Frühjahr nicht gleich wieder der Abstieg folgt. Doch Cebio Soukou ist zuversichtlich, dass dies vermieden werden kann. "Die Harmonie hier ist wirklich gut", sagt er. "In dieser Saison können wir jedes Spiel genießen. Niemand sagt: 'Heute müssen wir gewinnen.' Aber wir wollen gewinnen. Wir sind nicht hier, um nach einer Saison abzusteigen. In der vergangenen Saison gab es bei jedem Spiel den Druck, gewinnen zu müssen. Diese Saison ist es ganz anders."

Arminia ist der Aufstieg mit nur zwei Niederlagen gelungen. Stürmer Fabian Klos war mit 21 Toren Torschützenkönig der Liga. Nun wird es darum gehen, sich möglichst schnell an die neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. Plötzlich ist man wieder der Außenseiter. Der ehemalige Torhüter Denis Eilhoff glaubt, dass die Chemie innerhalb der Mannschaft deren größtes Kapital sein wird.

"Man muss in der Lage sein, die Niederlagen zu verkraften", sagt er gegenüber der DW. "In der kommenden Saison werden sie mehr als nur zweimal verlieren. Es könnte schwere Niederlagen geben, man muss dann damit umgehen können und sich nicht unterkriegen lassen. So wie jüngst im DFB-Pokal, wo das Team gegen Regionalligist Rot-Weiss Essen (0:1) bereits in Runde eins ausgeschieden ist. 

Aus der Fast-Pleite in die Bundesliga

Flash-Galerie FC St. Pauli - DSC Arminia Bielefeld
Stand beim bisher letzten Bundesligaspiel der Arminia zwischen den Pfosten: Dennis Eilhoff (M.)Bild: picture-alliance / dpa

Eilhoff war selbst dabei, als die Arminia zum vorerst letzten Mal in der Saison 2008/09 in der Bundesliga spielte. Auch er konnte den Abstieg nach fünf Jahren nicht verhindern. "Damals hatten wir diese Einheit als Mannschaft nicht. Wir sind 2009 aus der Bundesliga abgestiegen, damals waren wir dann der Favorit für den Wiederaufstieg. Es hat aber nicht geklappt, wie wir es geplant hatten, und wir haben auch Punkte verschenkt. In der folgenden Saison war es noch schlimmer. Die Mannschaft ist auseinander gefallen, dann sind wir nochmal abgestiegen".

Bielefeld hatte sich verschuldet, hatte große Summen für das Stadion ausgegeben und auf ein langfristiges Überleben in der Bundesliga gesetzt. Das brachte die Arminia nach den beiden Abstiegen in Existenznöte. Schließlich verkauften sie 2018 ihr Stadion und hatten innerhalb eines Jahres ihre Schulden um 26,5 Millionen Euro abgebaut.

Trainer Neuhaus als Schlüssel der Wiederbelebung

Im Vorfeld dieser Saison mussten sich die Verantwortlichen bereits vorwerfen lassen, nicht genug in die Mannschaft investiert zu haben. Doch Eilhoff ist der Ansicht, dass die Strategie diesmal besser ist. "Das Schlimmste, was sie jetzt tun könnten, ist, den Kader komplett auszutauschen", sagt er. "Es heißt dort nicht: 'Diese Jungs haben noch nie Bundesliga gespielt, sie können damit nicht umgehen'. Man darf die Mannschaft nicht zerreißen. Sie ist gut zusammengesetzt und hat in der vergangenen Saison funktioniert", sagt er. "Natürlich ist es in der ersten Liga ein ganz anderes Spiel, aber alle Rädchen im Team arbeiten gut zusammen, und es sollte nur darum gehen, hier und da ein paar Schrauben anzuziehen."

Trainer Uwe Neuhaus gilt als Schlüssel für die Wiederbelebung der Arminia. Er übernahm das Amt im Dezember 2018 und führte Arminia vom 14. auf den siebten Platz. In der darauffolgenden Saison galt sie schon als Außenseiter-Kandidat für den Aufstieg, aber niemand im Verein rechnete mit der Dominanz, die Bielefeld zurück auf die große Bühne brachte.

Sogar Eilhoff, selbst sein Leben lang Fan des Vereins, war überrascht. "Um ehrlich zu sein, ich habe es nicht kommen sehen, nicht auf diese Weise", gibt er zu. "So zu dominieren und mit Abstand zu gewinnen, das habe ich nicht erwartet. Arminia gehört in die Bundesliga. Wenn man sich dieses Stadion ansieht, steht die ganze Stadt und die Region dahinter. Sie hat es verdient, wieder dabei zu sein." Bei ihrem Bundesliga-Comeback am Samstag (15.30 Uhr/MESZ) müssen die Ostwestfalen bei Eintracht Frankfurt antreten.