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VfB-Präsident Vogt: "Neue Anreize für die Jugend schaffen"

Matt Ford
17. September 2020

Der VfB Stuttgart ist zurück in der Bundesliga. Präsident Claus Vogt spricht im DW-Interview über die neuen Herausforderungen des Klubs, den Umgang mit der Tradition sowie die Möglichkeiten als Ausbildungsstandort.

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Deutschland Fußball Hansa Rostock vs. VfB Stuttgart
Bild: Martin Rose/Getty Images

DW: Herr Vogt, haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt Zweifel daran gehabt, dass der VfB den direkten Wiederaufstieg schafft? Komplett souverän war die Saison ja nicht …

Claus Vogt: Ich denke, dass es für unseren Verein zunächst entscheidend war, die Situation anzunehmen, in der 2. Liga anzukommen und sich durchzusetzen. Wir hatten von Beginn an eine Favoritenrolle und das klare Ziel, den sofortigen Wiederaufstieg zu schaffen. Das erzeugt sicherlich einen gewissen Druck. Auf der anderen Seite gab es große Wechsel im Spielerkader während des vergangenen Sommers. Ein Team – gerade, wenn es neu zusammengestellt wird – muss aber, das kennen wir alle aus unseren Berufsbranchen, erst einmal zusammenwachsen, jeder muss seine Rolle finden. Das braucht sicherlich Zeit. Der wichtigste Erfolgsfaktor war aus meiner Sicht, dass alle im Club auch in schwierigen Phasen Ruhe bewahrt haben. Gleiches gilt für die Mannschaft. Am Ende hat es für den Aufstieg gereicht, darüber sind wir alle sehr froh. Ein wichtiges Ziel für die nächste Saison muss sein so früh wie möglich den Klassenerhalt zu sichern.

Was müsste der VfB tun, um in der Bundesliga konkurrenzfähig zu sein und weiterhin Fortschritte zu machen? Von außen betrachtet schien der VfB gut da zu stehen. Aber die zwei Abstiege erzählen eine andere Geschichte …

Für die sportlichen Fragen sind die sportlich Verantwortlichen zuständig. Was den VfB insgesamt betrifft und dessen Infrastruktur, so sind wir in Teilen gut aufgestellt. In der Vergangenheit wurde stark in die Infrastruktur investiert. Was die Anzahl der Trainingsplätze, die Räumlichkeiten für unsere Profis, aber auch die Infrastruktur für unsere Breitensportabteilungen angeht, haben wir in der Tat Nachholbedarf. Wie wir uns hier perspektivisch besser aufstellen und räumlich wachsen können, diskutieren wir derzeit unter anderem in Gesprächen mit der Stadt Stuttgart.

Vereinsorganisatorisch sind wir aus meiner Sicht gut aufgestellt. Die Gremien innerhalb der AG und des e.V. arbeiten gut zusammen. Wir haben Ruhe im Verein und das ist eine wichtige Basis, nicht nur für sportlichen Erfolg, sondern allgemein zur weiteren Entwicklung.

Wie wichtig ist die Personalie Thomas Hitzlsperger für den VfB?

Thomas Hitzlsperger hat die neue Jugendarbeit des VfB Stuttgart auf den Weg gebracht.
Thomas Hitzlsperger hat die neue Jugendarbeit des VfB Stuttgart auf den Weg gebracht. Bild: Tom Weller/Getty Images

Thomas Hitzlsperger bringt als ehemaliger Profifußballer alle wichtigen Qualitäten mit, die ein Proficlub wie der VfB Stuttgart dringend braucht. Das meine ich einerseits mit Blick auf die Persönlichkeit: Leistungssportler haben in ihrer Sportkarriere alle jede Menge Ausdauer, Leistungsstärke, Mentalität und Biss bewiesen und können auch mit Druck sehr gut umgehen, was Thomas diese Saison unter Beweis gestellt hat. Aber auch seine Erfahrung als Fußballer im Zusammenspiel mit Sportdirektor Sven Mislintat und unserem Aufstiegstrainer Pellegrino Matarazzo ist wichtig.

Wie hat der VfB Stuttgart es früher geschafft, so viele junge Talente zu entwickeln: Joshua Kimmich, Timo Werner, Serge Gnabry zum Beispiel?

Ich kann nicht für die Vergangenheit sprechen. Aber offenbar gab es eine Zeit, in welcher in der Jugendarbeit beim VfB sehr viel richtig gemacht wurde. Und genau dorthin wollen wir wieder zurückkehren. Wir haben unser Nachwuchsleistungszentrum, angefangen bereits unter Thomas Hitzlsperger und mit der jetzigen Doppelspitze, Thomas Krücken und Rainer Mutschler, neu organisiert. Ich möchte fast sagen, es wurde eine neue Philosophie implementiert, die bereits bei den Kleinsten noch mehr als bisher den einzelnen Spieler und dessen individuelle Förderung in den Blick nimmt. Zudem wurde eine Brücke zwischen dem NLZ und dem Profibereich geschaffen, gerade um die Durchlässigkeit für den Nachwuchs zum Profibereich wieder zu erhöhen.

Gibt es schon erste Erfolge?

Mit den beiden VfB-Eigengewächsen Lilian Egloff und Luka Mack haben zwei Talente den Sprung bereits geschafft. Aber es sollen mehr werden. Derartige Positivbeispiele benötigen wir auch als weiteren Anreiz für unseren Nachwuchs, beim VfB zu bleiben oder für Talente aus anderen Vereinen, damit diese zum VfB kommen wollen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir als Ausbildungsverein nicht immer in der Hand haben, ob Talente bei uns bleiben oder nicht. Selbst wenn wir die besten Rahmenbedingungen schaffen, ist es immer die individuelle Entscheidung der Spieler, natürlich auch beeinflusst durch ihr familiäres Umfeld und ihre Berater, wohin sie ihr beruflicher Weg führt und wo sie ihre Erfahrungen sammeln wollen.

Was für einen Stellenwert hat Ihr Verein in der Region, wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?

VfB-Präsident Claus Vogt den Klub als festen Anker in der Region. (Robin Rudel/Pressefoto Rudel/picture alliance )
VfB-Präsident Claus Vogt sieht den Klub als festen Anker in der Region.Bild: obin Rudel/Pressefoto Rudel/picture alliance

Das ist relativ einfach: Wenn Sie einen Nicht-Baden-Württemberger fragen, was ihm zu Baden-Württemberg einfällt, dann hören Sie am häufigsten Daimler, Porsche und der VfB Stuttgart. Das allein zeigt schon, wie groß die Strahlkraft aber auch die Bedeutung des VfB Stuttgart als Marketing- und Wirtschaftsfaktor für unsere Region aber auch für das Land ist. In meinen Gesprächen mit Ministerpräsidenten Kretschmann, mit der Kultusministerin Eisenmann aber auch mit Oberbürgermeister Kuhn wurde sehr deutlich, dass nicht nur der Landesregierung und der Stadt Stuttgart diese Bedeutung sehr bewusst ist, wir erfahren von dieser Seite auch Unterstützung.

Wie stehen Sie zur 50+1-Regelung im deutschen Fußball und wie bewerten Sie die Folgen der Ausgliederung beim VfB im Jahr 2017?

Die 50 + 1 Regelung ist für den Erhalt der Fußballkultur und demokratische Mitbestimmung im Verein wie wir sie hier in Deutschland seit Jahrzehnten kennen von enormer Bedeutung und somit für viele unantastbar.

Bei zukünftigen Diskussionen werden wir als VfB Stuttgart gerne unseren Input geben, um diese Regel fairer sowie zukunftssicher zu machen. Auch über ein Financial-Fairplay Konzept sollte man in der Bundesliga einmal grundsätzlich nachgedacht werden. Entscheidend für die Mitglieder des VfB Stuttgart ist, dass sie mit 75,1% der Anteile auch in Zukunft Mehrheitseigner sind.

Claus Vogt (51) ist ein deutscher Unternehmer und Fußballfunktionär aus Stuttgart. Im Januar 2017 gründete er die Initiative "FC PlayFair!" der sich vereinsübergreifend für Fan- und Vereinsinteressen im deutschen Fußball einsetzt. Im Dezember 2019 wurde Vogt bei der Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart zum Präsidenten des Klubs gewählt.

Das Gespräch führte Matt Ford