Sie ist eine der bekanntesten Frauenrechtsaktivistinnen im ultra-konservativen Saudi-Arabien. Seit Mai 2018 ist Ludschain al-Hathlul inhaftiert. Jetzt kommt ihr Fall vor ein auf Terrorismus spezialisiertes Gericht.
Die saudische Frauenrechtsaktivistin Ludschain al-Hathlul muss sich nach Angaben ihrer Familie künftig vor einem Anti-Terror-Gericht in Riad verantworten. Ihr Fall sei dem auf Terrorismus spezialisierten Strafgericht (Specialized Criminal Court SCC) übergeben worden, teilte al-Hathluls Schwester Lina im Online-Dienst Twitter mit.
Ludschain war im Mai 2018 gemeinsam mit anderen Aktivistinnen festgenommen worden. Nach Angaben ihrer Schwester werfen ihr die Behörden der ultra-konservativen Monarchie vor, an internationalen Konferenzen teilgenommen sowie Kontakt zu Diplomaten und Menschenrechtlern gehabt zu haben.
Am 26. Oktober trat sie in einen Hungerstreik, um auf ihre schlechten Haftbedingungen aufmerksam zu machen und gegen den mangelnden Kontakt zu ihrer Familie zu protestieren. Laut Amnesty International beendete sie den Streik zwei Wochen später. Laut der Menschenrechtsorganisation wurde al-Hathlul bis dahin im Gefängnis alle zwei Stunden von Wärtern geweckt - "eine brutale Taktik, um sie zu brechen", erklärte Amnesty via Twitter und verwies auf den Gerichtstermin:
Auch ihre Familie beklagte den schlechten Gesundheitszustand der 31-Jährigen. "Ihr Körper zitterte unkontrolliert und ihre Stimme war schwach und brüchig", sagte Al-Hathluls Schwester Lina. Sie zeigte sich empört darüber, dass bis heute keine Beweise in dem Fall vorgelegt worden seien. Es sei "unbegreiflich", dass erst jetzt - zweieinhalb Jahre nach ihrer Festnahme - die Zuständigkeit des Gerichts neu geklärt werden müsse.
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Menschenrechtlern zufolge wurden Al-Hathlul und andere Aktivistinnen während ihrer Gefangenschaft gefoltert. Die Regierung in Riad bestreitet dies.
Die Inhaftierten kämpfen für eine Stärkung der Frauenrechte in Saudi-Arabien. Sie fordern unter anderem ein Ende des Systems männlicher Vormundschaft. Frauen benötigen für viele Entscheidungen des Lebens immer noch die Erlaubnis eines Mannes, etwa ihres Ehemanns, Vaters, Bruders oder Onkels. Ohne deren Genehmigung dürfen sie nicht heiraten, reisen, Bildungsprogramme wahrnehmen oder aus dem Gefängnis entlassen werden.
Das Vorgehen der Saudis beschäftigt auch die deutsche Regierung. "Wir verfolgen diesen Fall sehr aufmerksam", versicherte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die Bundesregierung habe gegenüber der saudischen Regierung mehrfach unmissverständlich deutlich gemacht, dass rechtsstaatliche Prinzipien einzuhalten seien und die angeklagte Frauenrechtsaktivistin freigelassen werden müsse.
se/bru (afp, dpa, ap)