Kolumbien: "Schere im Kopf" | Regionen | DW | 26.07.2013
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Regionen

Kolumbien: "Schere im Kopf"

Journalisten in Kolumbien leben gefährlich. Trotzdem setzen sich viele für Transparenz und Informationsfreiheit ein. Auf Einladung von DW Akademie und ARD debattierten Experten über die Lage der Medien in Kolumbien.

Olga Lucía Lozano arbeitet als investigative Journalistin in Kolumbien. "Die Medien sind überwiegend in der Hand politisch einflussreicher Familien. Und das wirkt sich natürlich direkt auf die Freiheit der Berichterstattung aus", sagte Lozano vor gut 40 geladenen Gästen aus Politik, Medien und öffentlichem Leben Ende Juni im ARD Hauptstadtstudio. Auf der einen Seite gebe es handfeste wirtschaftliche und politische Interessen der Eigentümer, die eine freie Berichterstattung zuweilen direkt behinderten. Auf der anderen Seite sei es oft die sogenannte "Schere im Kopf", die Journalisten dazu brächte, über Probleme wie Gewalt, Korruption und Drogenhandel vorsichtshalber nur eingeschränkt zu berichten.

Diskussionsveranstaltung Medien International- Kolumbien. Von links: Matthias Kopp (DW Akademie), Olga Lozano (La Silla Vacía), Moderator Nikolaus Steiner (ARD u.a.), Hernán Caro (Semana, FAS u.a.), Nils Naumann (DW, WDR, Deutschlandradio u.a.). (Juni 2013, Foto: Boris Trenkel).

Von links: Matthias Kopp, Olga Lozano, Nikolaus Steiner, Hernán Caro, Nils Naumann

In Kolumbien standen im Mai dieses Jahres nach einem Bericht des Guardian 90 Journalisten unter Regierungsschutz und sind zum Teil gezwungen, Recherchen und Interviews in Begleitung bewaffneter Leibwächter zu führen. Matthias Kopp, Kolumbien-Koordinator der DW Akademie, bestätigte eine allgegenwärtige Gefahr für Journalisten, die in Kolumbien, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, nicht vom Staat ausgehe. Kopp war erst im Mai für eine Reihe von Journalisten-Trainings vor Ort: "In unseren Workshops saßen mehrere kolumbianische Journalisten, die kurz vor unserem Besuch Todesdrohungen erhalten hatten." Da sei es nachvollziehbar, dass zahlreiche Kollegen aus Angst Selbstzensur übten, so Kopp.

Kollegen im Kreuzfeuer

Ähnlich äußerte sich Nils Naumann, der das Land als freier Journalist zahlreiche Male bereist hat: "Die Kollegen vor Ort stehen wirklich im Kreuzfeuer. Und nicht jeder Journalist kann und will ein Held sein." Als ausländischer Korrespondent hingegen genieße man einen gewissen Schutz. Bislang habe man ihm bei seinen Recherchen keine Steine in den Weg gelegt, so der Journalist, der immer wieder auch für die DW aus Kolumbien berichtet.

"Leider sind rechercheintensive Formate, wie etwa die Reportage, kaum verbreitet. Was die Zuschauer und Leser wollen, sind vor allem Nachrichten", sagte Hernán D. Caro, Korrespondent der Wochenzeitung Semana von Moderator Dr. Nikolaus Steiner (ARD-Monitor u.a.) auf den Zustand der Medienlandschaft in seinem Heimatland angesprochen. Ums so wichtiger seien nicht-kommerzielle Angebote wie die Internetplattform La Silla Vacia, die Lozano mitbegründet hat. Diese Initiative, Partner der DW Akademie in Kolumbien, stelle aufgrund ihrer seriösen und oft investigativen Arbeit für viele Kolumbianer im In- und Ausland eine zusätzliche seriöse Informationsquelle dar.

Die Veranstaltungsreihe "Medien International" wird gemeinsam von DW Akademie und dem ARD-Hauptstadtstudio ausgerichtet. Seit November 2011 wird dabei in regelmäßigen Abständen die Informations-und Pressefreiheit eines Landes beleuchtet – beispielsweise in Sudan, Myanmar oder Aserbaidschan.

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