Interview mit Brigitte Mira - Mai 1975 | Schauspieler im Gespräch | DW | 31.01.2011
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Schauspieler im Gespräch

Interview mit Brigitte Mira - Mai 1975

"Seiltanzen lerne ich nicht mehr" – Brigitte Mira im Gespräch über ihre Rollen

Kämpferisch gibt sich Brigitte Mira am 11.11.76 während ihres Auftritts in der Revue ...dann ne Weile links in Wuppertal

Kämpferisch gibt sich Brigitte Mira am 11.11.76 während ihres Auftritts in der Revue "...dann ne Weile links in Wuppertal"

Weit über 70 Jahre lang war sie Schauspielerin, mit 17 stand sie bereits auf der Bühne, die 70er-Jahre zählten für sie mit zu den erfolgreichsten – die Sieben scheint "ihre" Zahl gewesen zu sein - nur Ehemänner hatte sie fünf. In ihrer langen Karriere wurde Brigitte Mira zu einer der beliebtesten Volksschauspielerinnen und Charakterdarstellerinnen in Deutschland.

Mit 17 auf die Bühne

Für den aus Russland stammenden Konzertpianisten Siegfried Mira stand der Beruf seiner am 20.10.1910 in Hamburg geborenen Tochter Brigitte fest: sie sollte Musikpädagogin werden. Doch der Wunsch des Vaters sollte nur teilweise in Erfüllung gehen, denn nach ihrer Gesangs- und Ballettausbildung stand sie Ende der 20er-Jahre zum ersten Mal in Köln auf der Bühne und schon bald, 1930, engagierte sie das Stadttheater in Bremerhaven, im gleichen Jahr wirkte sie auch an der deutschen Uraufführung der Operette "Giuditta" von Franz Lehar mit. Es sollten elf Jahre vergehen, in denen sie verschiedene Stationen durchlief – Reichenberg, Graz, Kiel, Hannover – bis sie nun 1941 endgültig in Berlin ansässig wurde. Hier wurde sie zunächst an verschiedenen Theatern engagiert: am Rose-Theater, am Theater am Schiffbauerdamm und auch im Kabarett der Komiker. 1943 hat sie auch ihre erste Filmrolle übernommen und wirkte in der propagandistischen Kurzfilmserie "Liese und Miese" mit, die bei der "Deutschen Wochenschau" gezeigt wurde. Über die Nazi-Jahre sagte sie dem "Tagesspiegel" vom 20.4.95: "…wie sie uns alle beeinflusst haben. Durch den Hunger, auf deutsch gesagt. Man hat weitergemacht, weil man nicht mit seiner Familie verhungern wollte. Alles andere ist Quatsch."

"Soubrette vom Dienst"

Brigitte Mira kuschelt am 5.7.82 mit ihrem Kater Muckele in ihrer Berliner Wohnung

Brigitte Mira kuschelt am 5.7.82 mit ihrem Kater "Muckele" in ihrer Berliner Wohnung

Nach dem Zweiten Weltkrieg fing für Brigitte Mira nun die Zeit eines umtriebigen Wirkens an. Operetten und Kabarett bei RIAS Berlin standen zuerst auf dem Programm, und bald ergab sich auch die erste Nachkriegsfilmrolle: 1948 spielte sie in dem Film "Berliner Ballade" mit. Unermüdlich war sie ständig auf der Bühne: zahlreiche Volksstücke und Musicals, Tourneen und dann immer öfters der Film, wo sie gerne in Nebenrollen besetzt wurde, waren ihr Metier. In den Filmen der 50er- und 60er-Jahre wirkte sie vornehmlich in Komödien mit, ihre Partner waren unter anderem Peter Alexander oder auch Heinz Erhardt. Das Fernsehen engagierte Brigitta Mira ebenfalls für seine Unterhaltungssendungen – sie wurde dort faktisch zur "Soubrette vom Dienst" - und sie spielte in zahlreichen Fernseh-Filmen. Und schon hier fing sie damit an, sich als Charakterdarstellerin zu versuchen. Doch der große Durchbruch in dieses schwierige Fach sollte erst 1973 kommen.

Filmszene aus Angst essen Seele auf von 1974 unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder

Filmszene aus "Angst essen Seele auf" von 1974 unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder

Die Putzfrau Emmi

Man schrieb das Jahr 1972, als Peter Zadek, damals Intendant am Bochumer Schauspielhaus, Brigitte Mira für eine Revue engagierte. Dort begegnete sie Rainer Werner Fassbinder, und diese Begegnung blieb nicht ohne Folgen für Miras weiteres Berufsleben. Zunächst übernahm sie in Fassbinders Fernseh-Serie "Acht Stunden sind kein Tag" eine Rolle, doch 1973 drehte Fassbinder den Film "Angst essen Seele auf", mit dem Brigitte Mira den Durchbruch auch als eine große Charakterdarstellerin schaffte. Der Film erzählt die Geschichte der verwitweten 60-jährigen Emmi Kurowski, die ein Verhältnis zu dem 20 Jahre jüngeren Marokkaner Ali aufbaut und ihn schließlich auch heiratet. Dies stößt in ihrem Umfeld auf völlige Ablehnung. Diese Rolle wurde für Brigitte Mira zum großen Erfolg: 1974 wurde sie mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet. Nach dem plötzlichen Tod von Fassbinder, mit dem sie einige weitere Filmer drehte, war sie nun gezwungen, neue Wirkungskreise zu suchen. Und diese fand sie vornehmlich beim Fernsehen. Dort wirkte sie in zahlreichen Produktionen mit, wobei die Rolle der Oma Färber in der Serie „Drei Damen von Grill“ sie unvergesslich machte. Noch im Alter von 93 Jahren sah man sie auf einer der Berliner Bühnen. So zahlreich wie die Rollen, in die Brigitte Mira schlüpfte, sind auch die Preise, mit denen sie geehrt wurde. Dazu gehören unter anderem das Große Verdienstkreuz oder auch die Goldene Kamera. Brigitte Mira starb am 8.3.05 in Berlin. In der deutschen Presse wurde sie in den Nachrufen als eine der großen Schauspielerinnen gewürdigt. So schrieb etwa "Der Tagesspiegel" am 9.03.05: "Menschlichkeit, Volksnähe, Ehrlichkeit: altertümlich anmutende Eigenschaften, die zu Miras Primärtugenden gehörten."

Im Mai 1975 sprach DW-Redakteurin Renate Deutsch mit Brigitte Mira über ihre bisherige künstlerische Laufbahn.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich

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