Ein Jahr nach dem Sturz Mubaraks kämpfen Ägyptens Medien um die Freiheit. "Die aktuellen Machthaber haben sich noch nicht durchgerungen, die Kontrolle über die Medien aufzugeben", so Jens-Uwe Rahe, DW Akademie.
Anfang März werden sich 15 ägyptische Journalisten und Medienpolitiker auf Einladung der DW Akademie mit dem System der Medienselbstregulierung in Deutschland vertraut machen. "Wir haben staatliche und private Medien dabei, Zeitungen, Radio und TV, Liberale und Moslembrüder", so Jens-Uwe Rahe, Landeskoordinator bei der DW Akademie. "Wir wollen am deutschen Beispiel zeigen, dass sich verantwortliche Medien gut selbst kontrollieren können. Im Rahmen einer weit gefassten Pressefreiheit - ohne staatliche Überwachung."
Davon ist Ägypten weit entfernt. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" rutschte das Land im vergangenen Jahr um 39 Positionen auf Platz 166 - zwischen Laos und Kuba. Die Aufbruchstimmung, die Ägyptens Medien nach der Revolution prägte, ist gewichen. Immer wieder quittierte der Militärrat Kritik an seinem Regierungsstil und Zweifel an seiner demokratischen Absicht mit Repression. Missliebige Blogger wurden verhaftet, Journalisten gezielt angegriffen.
Mehrfach reiste Landeskoordinator Rahe nach Kairo, um den Trainingsbedarf zu erkunden und mögliche Partner kennen zu lernen. "Unsere wichtigste Aufgabe ist es, reformorientierte Journalisten und Medien zu stärken. Wir glauben, dass eine unabhängige Berichterstattung die Voraussetzung ist für einen echten öffentlichen Diskurs - sie stabilisiert den Demokratisierungsprozess und treibt ihn voran."
Offen für Projekte der DW Akademie
Die DW Akademie arbeitet in Kairo vor allem mit privaten Medien zusammen, wie dem Informationssender ON-TV und dem Online-Anbieter Linkonline. Im Mittelpunkt stehen Nachrichten und politische Formate sowie Videoberichterstattung im Internet. Zusammen mit der Deutschen Universität in Kairo (GUC) plant die DW Akademie den Aufbau eines Masterstudiengangs in Medienmanagement. Und an der Kairo-Universität trainiert sie Studenten und Dozenten in praktischem Online-Journalismus.
Auch mit Ägyptens staatlichen Medien ist der Kontakt nicht abgerissen. Besonders der staatliche Rundfunk hat durch seine Rolle in der Revolution an Glaubwürdigkeit verloren. Noch immer werfen ihm Kritiker vor, den Herrschenden zu dienen. Nach eigener Aussage allerdings will sich der Sender reformieren. Ein erster Workshop der DW Akademie für Nachrichtenreporter ist in Vorbereitung.
"Unsere Angebote werden in Ägypten mit großer Offenheit aufgenommen", sagt Rahe - auch mit Blick auf Berichte, nach denen die Regierung in Kairo ausländischer Hilfe zunehmend skeptisch gegenüber steht. "Davon sind wir nicht betroffen. Wir arbeiten ungehindert, und es bieten sich mehr Möglichkeiten als vor der Revolution."
Ein Handicap für die Medienentwicklung sind die unklaren politischen Rahmenbedingungen. Noch weiß niemand, wie eine künftige Regierung das Mediensystem gestalten wird. So viel aber ist für Jens-Uwe Rahe klar: "Ägyptens Journalisten haben die Freiheit geschmeckt. Sie werden sie nicht wieder hergeben."