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Jacob Zuma setzt sich als ANC-Chef durch

Ludger Schadomsky18. Dezember 2012

Südafrikas Regierungspartei hat den Präsidenten des Landes Jacob Zuma als Parteichef bestätigt. Dabei ist Zuma durchaus umstritten. Kritiker werfen ihm Korruption und Machtmissbrauch vor.

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Jacob Zuma (Foto: Getty Images)
Bild: Stephane de Sakutin/AFP/Getty Images

"Lasst uns die Distanz zwischen Führern und Mitgliedern verringern." So hatte Südafrikas Präsident Jacob Zuma die mehr als 4000 Delegierten beim 53. Parteitag des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) eingeschworen. Für diese Herkulesaufgabe hat Zuma nun ein neues Mandat: Die Delegierten gaben ihm am Dienstag (18.12.2012) 2978 Stimmen, sein Vize und einziger Herausforderer Kgalema Motlanthe kam auf 991 Stimmen.

Trotz der Flügelkämpfe und Putschversuche der vergangenen Monate überrascht Zumas Nominierung für eine neue Amtszeit nicht. Die Ortsverbände des ANC sowie die mächtigen Frauen- und Jugendverbände hatten sich zuvor mehrheitlich für ihn ausgesprochen. Dass es bei einigen der vorbereitenden regionalen Parteitage zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Delegierten kam, zeigte schon dort, wie zerrissen der ANC ist. Generalsekretär Gwede Mantashe fasste dies so zusammen: "Der ANC ist eine Größe, aber Splittergruppen reduzieren die Durchschlagskraft unserer Bewegung". Die ehemalige Freiheitsbewegung ANC feierte 2012 ihren 100. Geburtstag.

Feiernde Unterstützer von Jacob Zuma (Foto: Reuters)
Unterstützer von Jacob Zuma feierten schon während der StimmabgabeBild: Reuters

Zuma gibt den Korruptionsbekämpfer

Zuma hatte in seiner Auftaktrede am Sonntag (16.12.2012) versucht, seine Landsleute, aber auch die zunehmend nervösen Investoren zu beruhigen. Das Land stehe "nicht vor dem Zerfall", und sein ANC sei in der Lage die größte afrikanische Volkswirtschaft zu managen. Das sehen Analysten anders: Gleich zwei Rating-Agenturen haben Südafrika heruntergestuft, die Wirtschaftsprognose musste im Laufe des Jahres nach unten korrigiert werden. Nach OECD-Zahlen leben 54 Prozent der Südafrikaner von weniger als 1,50 Euro am Tag - nie war die Schere zwischen Arm und Reich am Kap größer als heute. Es rumort an der Basis, denn längst gilt das ANC-Motto "Ein besseres Leben für alle" nur noch für einige wenige Parteifunktionäre.

Jacob Zuma und sein Herausforderer Kgalema Motlanthe (Foto: REUTERS)
Jacob Zuma (links) und sein Herausforderer Kgalema MotlantheBild: Reuters

Entsprechend quittierten viele Delegierte Appelle Zumas, die Korruption einzudämmen, mit Hohngelächter. Haftet ihm doch der Makel der Bestechlichkeit praktisch seit seinem Amtsantritt 2009 an. Damals wurde er wegen Korruptionsvorwürfen angeklagt. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft erneut: das Staatsoberhaupt soll sein Familienanwesen in Nkandla mit Millionen Euro aus Steuergeldern saniert haben.

Nach der Stimmabgabe jetzt der Politikwandel?

Die einstige Anti-Apartheid-Aktivistin Rhoda Kadalie, die unlängst ihre ANC-Mitgliedschaft aus Protest kündigte, sagte der DW schon vor der Stichwahl, es gehe nicht um die Frage, wer das geringere Übel sei - Zuma oder Herausforderer Montlante. "Das Problem ist, dass beide nicht gut genug für das Land sind".

"Willkommen in Südafrika, wo ein bestechlicher plündernder Präsident angeblich demokratisch im Amt bestätigt worden ist", kommentierte ein Leser kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses auf der Website der Zeitung "Sowetan". Und der politische Kommentator und Direktor des Zentrums für Demokratiestudien an der Universität Johannesburg, Steven Friedman, sagte der DW: "Gut, nun haben wir eine gewählte Führungsriege. Aber das löst ja noch lange nicht die Probleme an der Wurzel". Zwar habe Zuma die Probleme auf dem Parteitag angesprochen, aber "leider ist der ANC viel besser darin, Probleme zu benennen, als sie dann auch anzugehen".

Ehemaliger Gewerkschafter als Minenlobbyist

Mit Zumas Stellvertreter, Cryil Ramaphosa, kehrt nun ein Schwergewicht des Anti-Apartheid-Kampfes auf die politische Bühne zurück, von dem sich Beobachter frischen Wind versprechen. Der ehemalige ANC-Generalsekretär und Gewerkschaftsfunktionär schrieb Mitte der 1990er Jahre Südafrikas allseits gelobte Verfassung mit. Als Ramaphosa mit 75 Prozent der Stimmen gewählt war, brachen die Delegierten in Jubelstürme aus. Doch es gibt Vorbehalte: Ramaphosa hat in den vergangenen Jahren als Geschäftsmann ein Vermögen angehäuft.

Minenarbeiter und Polizisten (Foto: Getty Images)
34 streikende Minenarbeiter starben gewaltsam bei einem Polizeieinsatz im August 2012Bild: AFP/GettyImages

Das wäre nicht weiter schlimm in einem Land, in dem zahlreiche ehemalige Revolutionäre nach der demokratischen Wende 1994 flugs die Uniform gegen Nadelstreifen eintauschten und sehr schnell sehr reich wurden. Ramaphosa aber wurde mit dem gewaltsamen Tod von 34 streikenden Kumpels in der Mine Marikana Mitte August in Verbindung gebracht. Der 60-Jährige sitzt im Aufsichtsrat des Minenbetreibers Lonmin. Ausgerechnet jenem Ramaphosa, der vor 25 Jahren als Gewerkschaftsführer den größten Streik im Minen­sek­tor Süd­afri­kas mit 300.000 Berg­ar­bei­tern anführte, wurde im Untersuchungsausschuss vorgeworfen, die Streikenden von Marikana als "Kriminelle" bezeichnet und die Sicherheitskräfte zu hartem Durchgreifen aufgefordert zu haben. Auch hat er offenbar versucht, Minister entsprechend zu beeinflussen. Der Schriftverkehr dazu ist dokumentiert - 24 Stun­den nach Ramaphosas letzter E-Mail an Lonmin-Manager Albert Jamieson fielen die töd­li­chen Schüsse auf die Kumpels.

Ramaphosa - Spalter oder Zukunftshoffnung ?

Zwar hat sich Ramaphosa, der nach wie vor Mit­glied des Natio­na­len Exe­ku­tiv­ko­mi­tees des ANC ist, für seine Rolle inzwischen entschuldigt. Befürworter seiner Nominierung betonen seine Verdienste im Unabhängigkeitskampf und für eine der modernsten Verfassungen der Welt. Seinen Kritikern freilich gilt er nun als lebendiger Beweis für die Inter­es­sens­kon­flikte pro­mi­nen­ter Poli­ti­ker - immerhin sitzt Ramaphosa gleich in diversen Aufsichtsräten großer Firmen.

Cyril Ramaphosa (Foto: Getty Images)
Cyril Ramaphosa wird Zumas StellvertreterBild: Moeletsi Mabe/AFP/Getty Images

Analyst Steven Friedman weist auf den schweren Stand hin, den Ramaphosa in Zukunft bei den Gewerkschaften haben wird. Dennoch: "Er ist beliebt in der Geschäftswelt, in der Mittelklasse und bei den Medien und deshalb wird er wohl zunehmend zum Gesicht des ANC werden und als Vizepräsident eine wesentlich prominentere Rolle in der Regierung spielen." Ob sich dies freilich in einer Substanzverbesserung der Politik niederschlage, müsse man abwarten, so Friedman. Der Parteitag endet am Donnerstag, bis dahin stehen weitere Wahlen auf der Tagesordnung.