1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wieder mehr Kinder in Polen

Justyna Bronska (Euranet)27. Januar 2009

300 Euro zahlt die polnische Regierung für die Geburt eines Kindes. Diese Maßnahme zeigt Erfolge: Es werden wieder mehr Kinder geboren. Doch was fehlt sind Kindergartenplätze – viele Einrichtungen wurden geschlossen.

https://p.dw.com/p/GhKS
Kinder spielen mit großen Bauklötzen (20.11.06/AP)
Kinder, die einen Kindergartenplatz bekommen, haben GlückBild: AP

Im städtischen Kindergarten in Breslau hilft Joanna Wokulska ihrer sechsjährigen Tochter Kamila in die Jacke. In einem Arm hält sie ihr zwei Monate altes Baby. Zwischen den Schwestern liegen fast sechs Jahre. Eigentlich hatte Joanna sich früher ein zweites Kind gewünscht. Aber wenn man einen guten Job habe, sei eine solche Entscheidung nicht einfach. "Denn wie die Realität zeigt, ist es schwer, dieselbe Stelle nach der Mutterpause wieder zu bekommen“, erklärt sie. "Ich hab mich für das zweite Kind entschieden. Die Familie ist für mich wichtiger.“

Mehr Kinder in Polen

Schwangere Frau
1,3 Kinder bekommt eine Polin im SchnittBild: BilderBox

Joanna ist 31 Jahre alt. Fünf Jahre lang hat sie im Vertrieb einer Elektrofirma gearbeitet. Inzwischen entscheiden sich viele Polinnen in ihrem Alter für Kinder entscheiden – und gegen ihre Karriere. Die Geburtenrate in Polen steigt seit vier Jahren: 1,3 Kinder bekommt jede Polin im Schnitt.

Im europäischen Vergleich ist der Wert noch recht niedrig – in Frankreich bekommt eine Frau im Schnitt fast zwei Kinder -, aber für Polen ist die Zahl dennoch gut: Denn nach der Wende Anfang der 90er-Jahren sackte die polnische Geburtenrate in den Keller.

Wartelisten für den Kindergarten

Kinder sitzen im Kreis und hören einer Frau zu, die etwas vorliest (13.12.05/dpa)
Die Kindergärten haben lange WartelistenBild: dpa - Report

Dass Polinnen jetzt wieder mehr Kinder bekämen, liege am Geld, erklärt Joanna. Finanziell gehe es vielen jetzt besser. Durch die steigende Geburtenrate entstehe aber ein neues Problem: "Es ist heute sehr schwer, einen Platz im Kindergarten zu bekommen“, sagt Joanna. Vor sechs Jahren sei das noch anders gewesen. "Es gibt einfach zu wenige Kindergärten.“

Alleine in Breslau wartet jedes dritte Kind auf einen Kindergartenplatz. Viele Kindergärten würden geschlossen, weil sie alt seien, erklärt die Kindergartenleiterin Marta Baszak. "Man hat nicht vorausgesehen, dass die Geburtenrate steigen wird - und so gibt es jetzt ein Riesenproblem: Es werden immer mehr Kinder geboren und die Regierung weiß nicht, wie es weiter gehen soll.“ Und die privaten Kindergärten, die entstünden, seien sehr teuer.

Schwierige Entscheidung: Kind oder Karriere?

Eine Tagesmutter mit fünf Kindern (August 2008/Monika Dittrich)
Tagesmutter, privater oder staatlicher Kindergarten - oder bleibt die Mutter zuhause?Bild: Monika Dittrich

Für Joanna kommt ein privater Kindergarten nicht in Frage und auch eine Tagesmutter könnte sie sich nicht leisten. "Das ist völlig verkehrt: Die Regierung sagt, wir Frauen sollen Kinder gebären und dann finden wir keine Betreuung für sie“, beschwert sie sich.

Vier Monate dauert der Mutterschaftsurlaub in Polen. Joanna hat noch zwei Monate vor sich. Danach würde sie gerne zurück in den Job – denn nur so könnte sie ihre gute Stelle als Leiterin eines Breslauer Elektrounternehmens behalten. Doch wer würde denn auf ihre kleine Tochter aufpassen? Ihr Mann verdiene viel mehr als sie, sagt sie. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einen Vaterschaftsurlaub macht.“

Joanna hat also keine andere Wahl: Sie kann nicht wieder arbeiten, weil sie keine bezahlbare Betreuung für ihre Tochter findet. "Ich hoffe, dass es in drei Jahren nicht mehr so schwer sein wird, einen Platz im Kindergarten zu bekommen. Ich weiß auch: Für ein drittes Kind werde ich mich nicht entscheiden.“