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Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft

2. August 2023

Die Ratingagentur Fitch hat die Bonität der Vereinigten Staaten herabgestuft - wegen der Verschlechterung der Haushaltslage und hoher Verschuldung. Erste Börsen reagierten alarmiert, der Euro legt zu.

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Schild der Ratingagentur Fitch Ratings in Frankfurt
Schild der Ratingagentur Fitch Ratings in FrankfurtBild: Michael Gottschalk/photothek.net/picture alliance

Die Ratingagentur Fitch hat den USA überraschend die Spitzen-Bonität entzogen und damit heftige Reaktionen in Washington ausgelöst. Die Note für die Kreditwürdigkeit werde angesichts der steigenden öffentlichen Defizite und dem wiederkehrenden Streit um eine Anhebung der Schuldenobergrenze um eine Stufe von "AAA" auf AA+" gesenkt, kündigten die Bonitätswächter in der Nacht zu Mittwoch an.

Trotzdem werden Investitionen in US-Staatsanleihen damit immer noch als sichere Anlage bewertet, mit einem so gut wie vernachlässigbaren Ausfallrisiko. Dennoch könnte es künftig für die Regierung in Washington teurer werden, am Finanzmarkt neue Schulden aufzunehmen. Derzeit liegt die Staatsverschuldung der USA bei 32,3 Billionen US-Dollar, das entspricht einer Schuldenquote in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 121 Prozent. 

Als Grund nannte die Ratingagentur die wiederholten Verhandlungen über die Schuldenobergrenze. Der Ausblick sei stabil. Zudem wird auf eine steigende Neuverschuldung verwiesen, die in diesem Jahr bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen soll - nach 3,7 Prozent 2022. Zudem erwarten die Bonitätswächter, dass die US-Wirtschaft um den Jahreswechsel 2023/24 in eine Rezession abrutschen wird.

US-Finanzministerin Janet Yellen erklärte, sie sei mit der Herabstufung durch Fitch nicht einverstanden und bezeichnete sie als "willkürlich und auf veralteten Daten basierend". Ähnlich äußerte sich das US-Präsidialamt. "Es widerspricht der Realität, die Vereinigten Staaten zu einem Zeitpunkt herabzustufen, an dem Präsident Joe Biden die stärkste Erholung aller großen Volkswirtschaften der Welt eingeleitet hat", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.

Angekündigte Maßnahme

Fitch hatte erstmals im Mai die Möglichkeit einer Herabstufung angedeutet und diese Position auch nach der Einigung über die Schuldenobergrenze beibehalten. "Wiederholte politische Patt-Situationen bei der Schuldenobergrenze und Entscheidungen in letzter Minute haben das Vertrauen in die Haushaltsführung untergraben", so die Agentur.

Mit der Herabstufung ist Fitch nach S&P die zweite große Ratingagentur, die den USA ihr Triple-A-Rating entzieht. Nach der Bekanntgabe gab der Dollar gegenüber einer Reihe von Währungen nach, Aktien-Futures fielen und Treasury-Futures legten zu. Mehrere Investoren und Analysten äußerten jedoch die Erwartung, dass sich die Auswirkungen der Herabstufung in Grenzen halten würden.

Der Schriftzug Standard & Poor's ist an der Zentrale des Unternehmens in New York zu sehen
Auch die Ratingagentur Standard & Poor's hat die USA bereits herabgestuftBild: Justin Lane/epa/dpa/picture alliance

Finanzmärkte reagieren prompt

Die Anleger in Asien sind nach der überraschenden Herabstufung am Mittwoch in Deckung gegangenen. An der Börse in Tokio schloss der 225 Werte umfassende Nikkei-Index 2,3 Prozent tiefer bei 32.708 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank um 1,5 Prozent auf 2302 Punkte. In China lag die Börse Shanghai 1,1 Prozent im Minus. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen verlor 0,9 Prozent.

"Die meisten Turbulenzen in Asien heute Morgen wurden durch die Fitch-Entscheidung ausgelöst", sagte Analyst Manishi Raychaudhuri von der französischen Bank BNP Paribas. "Die Herabstufung zeigt uns, dass die Regierung der größten Volkswirtschaft der Welt ein Problem mit ihren Ausgaben hat", kommentierte Steven Ricchiuto, Chefökonom der Investmentbank Mizuho Securities.

Auch der DAX hat am Mittwoch weitere deutliche Verluste erlitten. In der ersten Handelsstunde sank der deutsche Leitindex um 1,45 Prozent auf 16 004,26 Punkte. Für den MDax der mittelgroßen börsennotierten Unternehmen ging es um 1,58 Prozent auf 28 118,49 Punkte bergab. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,48 Prozent auf 4342,40 Punkte. Nachdem Rating-Konkurrentin S&P den USA bereits im Jahr 2011 die Top-Bonität aberkannt habe, hätten sie nur noch bei Moody's ein erstklassiges Rating, betonte Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank.

Der Euro profitiert                                  

Der Euro hat am Mittwochmorgen leicht von der Bonitätsabstufung profitiert. Im frühen Handel kostete die Gemeinschaftswährung 1,0995 US-Dollar und damit etwas mehr als am späten Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag auf 1,0970 Dollar festgelegt.

Der US-Dollar geriet zu anderen Währungen leicht unter Druck, amerikanische Staatsanleihen reagierten kaum auf die Abstufung. Die USA verfügen über einen riesigen Finanzmarkt, für den es nur wenige Alternativen gibt.

Kurzfristig dürfte die Herabstufung kaum Auswirkungen auf die US-Staatsfinanzen haben, schrieben die Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz in einer Analyse. US-Staatsanleihen blieben wegen ihrer hohen Liquidität "unschlagbar". Zudem würden sie in der Weltleitwährung Dollar ausgestellt. "Dies ändert allerdings nichts daran, dass sich die US-Staatsverschuldung auf einem nicht tragfähigen Kurs befindet", so die beiden Volkswirte.

Die Analysten von Capital Economics bezeichneten den Schritt als nicht besonders überraschend, da Fitch schon seit längerem mit einer Bonitätsabstufung gedroht habe. Der Zeitpunkt sei angesichts der relativ stabilen Konjunkturlage in den USA allerdings "etwas merkwürdig".

dk/hb (rtr, dpa, afp)