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Wie viele Flughäfen braucht Deutschland?

Brigitte Scholtes
21. Oktober 2021

Die Insolvenz des Regionalflughafens Hahn macht deutlich, wie schwierig die Lage für kleinere Airports ist. Corona hat die Probleme noch verschärft, jetzt könnte die Auslese Fahrt aufnehmen.

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Regionalflughäfen in Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa

Mit Hahn im Hunsrück hat in dieser Woche einer der eigentlich größeren Regionalflughäfen in Deutschland Insolvenz angemeldet. Aber auch die anderen kleineren Airports kämpfen nicht erst seit der Coronakrise mit Schwierigkeiten. Denn profitabel sind die wenigsten, das zeigte schon eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, deren Ergebnisse die Umweltorganisation BUND im vergangenen Jahr vorgestellt hatte.

Danach waren damals nur zwei der insgesamt 14 untersuchten Flughäfen profitabel, nämlich Memmingen in Oberschwaben und Weeze am Niederrhein. "Wenn man sich die Ergebnisse der Flughäfen in Deutschland anschaut, sieht es so aus, als ob man ungefähr drei Millionen Passagiere benötigt, um profitabel zu sein", erklärt Yvonne Ziegler, Professorin für internationales Luftverkehrsmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences. Viele Regionalflughäfen aber hätten eben auch in normalen Zeiten weniger Passagiere und entsprechend sei es für sie schwieriger: "Sprich: Sie machen keinen Gewinn."

Eine Ryanair-Maschine auf dem Flughafen Hahn - im Jahr 2012
Eine Ryanair-Maschine auf dem Flughafen Hahn - im Jahr 2012Bild: picture-alliance/dpa/F. von Erichsen

Kein Wunder: Im ohnehin schwierigen Corona-Jahr verzeichnete zum Beispiel der Flughafen Erfurt-Weimar gerade mal rund 27.000 Passagiere, Münster/Osnabrück kam auf 220.000. Besser lief es für Dortmund mit 1,2 Millionen. So oder so: Mit 24 Hauptverkehrsflughäfen (dazu gehören bekannten großen wie Frankfurt, München, Düsseldorf, Berlin und Hamburg sowie größere Regionalflughäfen wie Köln/Bonn, Stuttgart, Hannover und einige andere mehr) ist das flächenmäßig eher kleine Deutschland deutlich überversorgt.

Wenn der Stammkunde geht

Basis für eine Airline zu sein, das garantiert eine bestimmte Zahl an Flügen und Passagieren. Deshalb kam der Insolvenzantrag des Flughafens Hahn (der sich anmaßend Frankfurt-Hahn nannte, obwohl über 110 Kilometer entfernt von der Bankenmetropole) nicht überraschend, nachdem der irische Billigflieger Ryanair in den vergangenen Jahren immer mehr Flugzeuge dort abgezogen und an den großen Rhein-Main-Airport verlagert hatte. "Der strukturelle Trend, eher größere Flughäfen als die kleinen Airports anzusteuern, dürfte sich nach der Coronakrise fortsetzen", sagt Eric Heymann, Luftfahrtexperte von Deutsche Bank Research. Mit dem fehlenden Angebot würden die Regionalflughäfen damit für Passagiere immer unattraktiver.

Noch werden viele der Regionalflughäfen staatlich unterstützt. Doch Betriebsbeihilfen erlaubt die Europäische Union nur noch bis 2024. Ein Problem für die Flughäfen, denn die kommen eigentlich nicht ohne Beihilfen und andere öffentliche Mittel aus. Schließlich sind bis auf Memmingen und Weeze die anderen Regionalflughäfen in öffentlicher Hand, Hahn gehörte noch zu 17,5 Prozent dem Land Hessen. Die Betreiber der Flughäfen haben da eine andere Haltung.

Der Betrieb der reinen Infrastruktur koste immer mehr Geld als man durch Gebühren einnehme, meint etwa Klaus-Jürgen Schwahn, Präsident der Interessengemeinschaft der regionalen Flugplätze (IDRF). Das gelte aber auch für alle anderen Verkehrsträger. Doch beim Luftverkehr sei man besonders kritisch. Im Öffentlichen Personennahverkehr oder der Deutschen Bahn frage man kaum nach der Höhe der Zuschüsse. Die Infrastruktur ist immer eine staatliche Aufgabe: "Nur bei Flugplätzen hat man zumindest hierzulande immer die etwas merkwürdige Einstellung, dass sie ihr Geld selber verdienen müssen."

Deutschland Airbus A 319 der Fluggesellschaft Germania
Damals wars: Die mittlerweile insolvente Fluglinie Germania war die einzige, die vom 2013 eröffneten Flughafen Kassel-Calden flog. Heute werden von dort gerade mal vier Ziele angeflogen. Bild: picture-alliance/dpa/U. Zuchi

Spezialisierung als Überlebenschance

Wie es 2024 weitergehe mit den Flughäfen, das sei vor allem auch eine politische Frage, meint Deutsche-Bank-Experte Heymann. Diese zu schließen sei eine Möglichkeit. Man könnte aber auch durch ein "Gesundschrumpfen" die Fixkosten reduzieren, indem man z.B. aus dem Linien- und Charterverkehr mit großen Maschinen aussteigt. Dann müssten die dafür notwendigen Infrastrukturen nicht mehr vorgehalten werden.

Die Zukunft einiger Regionalflughäfen könnte etwa darin liegen, dass sie sich z.B. auf Schulungs- oder Rettungsflüge oder die Privatfliegerei konzentrieren. Die Regionalflughäfen Baden-Baden oder Friedrichshafen etwa seien für die regionale Wirtschaft unverzichtbar, sagte Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem SWR. Die Flughafeninfrastruktur in Deutschland umfasst insgesamt fast 1000 Flughäfen und Landeplätze. Deren Bedeutung zeigte sich in der Coronakrise, als viele Transporte häufig mit kleineren Fliegern außerhalb der großen Zentren abgewickelt wurden. Doch der BUND hatte in seiner Studie aus dem vergangenen Jahr auch auf die Klimafolgen des Fliegens verwiesen: Die Unterstützung kleiner Flughäfen mit Steuermitteln sei "klimaschädliche Geldverschwendung".

Mit abnehmenden Nutzungszahlen könnte auch der Druck der lokalen Bevölkerung steigen, die Haushaltsmittel der Kommunen oder Länder nicht mehr für Zuschüsse an die Flughäfen zu verwenden, sondern diese eher anderen Verwendungszwecken zuzuführen. Bisher war der Aus- oder Umbau meist Sache der Länder. "Es wäre sinnvoll, nun mehr Kompetenzen auf den Bund zu verlagern", glaubt Eric Heymann von der Deutsche Bank Research. Der sollte grundsätzlich festlegen, wo noch Lücken im Netzwerk existierten, und wie diese geschlossen werden sollten.